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Eine insolvente Firma kann auch deren Gläubiger in Schwierigkeiten bringen. © picture-alliance/blickwinkel
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz (18/7054) ist bei einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch, 24. Februar 2016, im Rechtsausschuss unter Vorsitz von Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) in vielen Punkten kritisiert worden. Anliegen des Gesetzentwurfs ist es im Wesentlichen, klarer als bisher zu regeln, inwieweit Insolvenzverwalter zurückliegende Zahlungen des insolventen Unternehmens an Lieferanten, Dienstleister oder Arbeitnehmer zurückfordern können.
Die ganz unterschiedliche Interessen vertretenden Sachverständigen waren sich in der Kritik an einer Regelung des Gesetzentwurfs einig, dem sogenannten Fiskusprivileg. Es soll gezahlte Sozialversicherungsbeiträge und Steuern weitgehend vor Anfechtung schützen. Der Präsident des Landgerichts Passau, Prof. Dr. Michael Huber, sagte voraus, dass durch diese Regelung, aber auch einige andere, die Zahl der Insolvenzanträge massiv zurückgehen würde, weil mangels Masse in vielen Fällen keine Sanierung mehr möglich wäre.
Noch deutlicher wurde der Vorsitzende des Verbands der Insolvenzverwalter Deutschlands, Dr. Christoph Niering. Der Grundsatz „sanieren statt liquidieren“ der bestehenden Insolvenzordnung werde durch den Gesetzentwurf ins Gegenteil verkehrt. Der Vertreter des Deutschen Anwaltvereins, Dr. Martin Prager, bezweifelte, dass überhaupt eine Reform des Insolvenzanfechtungsrechts nötig sei. Es sei zwar richtig, dass es manche Übertreibung bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegeben habe, die Rechtsprechung habe dem aber mittlerweile einen Riegel vorgeschoben.
Dem mochte sich die Rechtsanwältin Birgit Kurz, die den Bundesverband der Deutschen Industrie vertrat, keinesfalls anschließen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen „ächzen unter der zunehmenden Vorsatzanfechtung“, erklärte sie den Ausschussmitgliedern und Zuhörern. Bis zu zehn Jahre zurückliegende Zahlungen würden zurückgefordert mit der Behauptung, der Lieferant oder Dienstleister habe aufgrund bestimmter Indizien gewusst, dass der Auftraggeber zahlungsunfähig ist. Kurz begrüßte daher im Wesentlichen den Gesetzentwurf - mit der großen Ausnahme des „Fiskusprivilegs“.
Breite Zustimmung fand, dass mit der Reform Arbeitnehmer weitgehend vor der Rückforderung bezahlter Löhne geschützt werden. Während allerdings der Verbandsvorsitzende der Insolvenzverwalter, Niering, die Insolvenzanfechtung gegen Arbeitnehmer als seltene Ausnahme bezeichnete, sprach Andrej Wroblewski, Vorstandsjurist der IG Metall, von einem bedeutsamen Problem. Für ein Unternehmen in Insolvenz sei es wichtig, dass die Arbeitnehmer weiterarbeiten. Nach jetziger Rechtslage müsse man ihnen aber raten, ihr Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen, und ihnen sagen: „Nehmt lieber Arbeitslosengeld, das könnt ihr behalten.“
Die Regelung, dass nur Löhne, die innerhalb von drei Monaten nach erbrachter Leistung erbracht wurden, vor Pfändung geschützt sind, ist nach Einschätzung des Leiters der DGB-Rechtsabteilung, Ralf-Peter Hayen, vertretbar. Dabei gehe es um den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Besser fände Hayen aber einen generellen Ausschluss der Arbeitnehmerentgelte von Anfechtung.
Der Hamburger Fachanwalt für Insolvenzrecht Dr. Nils G. Weiland wies darauf hin, dass eine „Fülle der sonstigen Regelungen“ im Gesetzentwurf „hochgradig nachteilig“ für Arbeitnehmer sei. All die nämlich, welche die vorhandene „Masse zugunsten des Fiskus verringern“ und damit Arbeitsplätze gefährdeten. Generell enthalte der Gesetzentwurf zu viele Detailregelungen. Von dieser Kritik nahm Weiland nur die Schutzbestimmung für Arbeitnehmer aus. (pst/25.02.2016)