Navigationspfad: Startseite > Kultur & Geschichte > Kunst im Bundestag > Artothek - die Kunstsammlung
Die Kunstsammlung des Deutschen Bundestages: Zwischenstand der bisherigen Provenienzuntersuchungen (Stand: 15. April 2016)
Die Artothek der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages umfasst zurzeit circa 4.000 Kunstwerke. Von diesen sind bisher 610 als vor 1945 entstanden identifiziert. Durch vorliegende Archivalien und den Austausch mit Fachleuten konnten die Herkünfte (Provenienzen) von 359 Kunstwerken geklärt werden. Hierunter fällt ein Konvolut von 300 grafischen Blättern des Künstlers Emil Stumpp.
Mit Stand vom 15. April 2016 ergibt sich folgender Befund:
Bei 359 Werken ist die Provenienzforschung abgeschlossen, sie weisen keinen verfolgungsbedingten Hintergrund auf.
Zu 230 Werken werden die Recherchen fortgesetzt, die Informationen zu den Provenienzen sind hier noch lückenhaft.
Bei zwei Werken gibt es Hinweise auf verfolgte Vorbesitzer, so dass zum einen versucht wird, Kontakt mit den Erben herzustellen, um gemeinsam die noch ungeklärten Fragen zu lösen, und zum anderen wurden sie in die Datenbank LostArt eingestellt. LostArt ist eine von Bund und Ländern betriebene Internet-Datenbank zur Erfassung von Kulturgütern, die infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs verbracht, verlagert oder – insbesondere jüdischen Eigentümern – verfolgungsbedingt entzogen wurden.
Die Prüfung von 21 Werken steht noch aus.
74 Kunstwerke müssen noch datiert werden, um festzustellen, ob sie überhaupt einer Provenienzprüfung bedürfen.
Alle Werke, bei denen auch nach intensiver Recherche die Provenienzkette lückenhaft bleibt, sollen in die Datenbank von LostArt eingestellt werden. Sukzessive wird auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages über den Fortschritt der Provenienzforschung berichtet werden.
Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland kamen Kunstwerke auf verschiedenen Wegen in die Sammlung des Deutschen Bundestages. Sie wurden sowohl geschenkt als auch angekauft. Der Schwerpunkt lag auf politischen und historischen Themen. Größere Konvolute von Abgeordneten-Darstellungen der Weimarer Republik wurden etwa von den Künstlern Hildegard Arminius und Emil Stumpp in den 50er Jahren erworben.
Erst mit der Gründung der Artothek 1968 begann der systematische Aufbau der Sammlung. Obwohl der Schwerpunkt auf zeitgenössischer Kunst lag, wurden auch expressionistische Werke angeschafft. Der Ankauf dieser Kunstrichtung galt allgemein als Rehabilitation der unter den Nationalsozialisten verfemten und teilweise verfolgten Künstler. Daher erweiterte sich die Sammlung um Werke von Erich Heckel, Gerhard Marcks oder Käthe Kollwitz und anderen Vertretern der Klassischen Moderne. Weil die finanziellen Mittel beschränkt waren, wurden von diesen Künstlern insbesondere Druckgrafiken für die Kunstsammlung des Deutschen Bundestages erworben.
Ab 1976 konnte die Kunstsammlung aufgrund eines eigenen Haushaltstitels gezielt Werke ankaufen. Das Augenmerk liegt nach wie vor auf zeitgenössischer Kunst und der Förderung lebender Künstler. Die Kunstwerke, die vor 1945 entstanden sind, machen infolgedessen einen eher geringen Teil der Sammlung aus.
Die Provenienzrecherche gründet sich auf eine Reihe internationaler Vereinbarungen:
Im Jahre 1998 verabschiedete die „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ die Erklärung der „Grundsätze der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden“ (die sog. 11 „Washington Principles“). Dieser Erklärung zufolge sollen Kunstwerke, die aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgungen rechtswidrig entzogen wurden, den ehemaligen Eigentümern oder ihren Erben zurückerstattet werden. Die Bundesrepublik Deutschland trat dieser Erklärung bei und schuf mit der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ („Gemeinsame Erklärung“) von 1999, der ersten „Handreichung“ von 2001 und der überarbeiteten „Handreichung“ von 2007 sowie der Unterzeichnung der „Theresienstädter Erklärung“ von 2009 die Instrumente und Voraussetzungen für eine umfassende Provenienzrecherche in öffentlichen Sammlungen der Bundesrepublik Deutschland.
In diesem Sinne hatte die Bundestagsverwaltung bereits im Jahre 2009 eine erste interne Recherche zur Provenienz ihrer Sammlung vorgenommen. Bei dieser ersten Sichtung konnten keine sicheren Anhaltspunkte für verfolgungsbedingt entzogene Kunstwerke gewonnen werden, allerdings war kurz zuvor beschlossen worden, ein Bismarck-Porträt von Franz von Lenbach, das der Deutsche Bundestag 1964 erworben hatte, zu restituieren. Infolgedessen beschloss der Kunstbeirat des Deutschen Bundestages am 19. Januar 2010 die Durchführung eines umfassenderen Rechercheprojektes. Die Bundestagsverwaltung entwickelte daher in Absprache mit der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche und -forschung beim Institut für Museumsforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz das derzeit laufende Projekt zur erneuten, detaillierteren und externen Überprüfung ihrer Bestände.