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Die Koalitionsfraktionen wollen die Staaten um Syrien bei der Bewältigung der hohen Flüchtlingszahlen stärker unterstützen und Fluchtursachen effektiver eindämmen. „Der Schlüssel für die Lösung ist es, die Fluchtursachen in den Nachbar- und Herkunftsländern so zu bekämpfen, dass die Menschen eine Zukunfts- und Bleibeperspektive haben“, betonte die Vorsitzende des Entwicklungsausschusses, Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU), in einer Debatte am Donnerstag, 12. Mai 2016. Wichtig seien in den Hauptaufnahmeländern sowie in Syrien selbst mehr Investitionen in Schulen, Unterkünfte, Ausbildungs- und Arbeitsplätze.
Einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und SPD (18/8393) verwies das Plenum anschließend zur weiteren Beratung an die Ausschüsse. Keine Mehrheit fand ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/6772), indem diese sich für eine stärkere Ressortabstimmung zwischen dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Auswärtigen Amt (AA) ausgesprochen hatten. Unter anderem wollte die Fraktion erreichen, dass AA und BMZ eine Task Force zur Unterstützung von Drittstaaten bei der humanitären Bewältigung der Fluchtkrise einrichten.
An die Ausschüsse überwiesen wurde ein weiterer Antrag (18/8247) der Grünen, in dem diese 25 Jahre nach Abschluss des Waffenstillstandsabkommens in der Westsahara mehr Engagement von der Bundesregierung bei der Lösung des Konfliktes fordern. Unter anderem drängen sie darauf, dass die Bundesregierung „die völkerrechtswidrige Verwaltung der Westsahara durch Marokko“ nicht anerkennt und sich stärker als bisher für die zeitnahe Abhaltung eines von den Vereinten Nationen organisierten und überwachten Referendums einsetzt. Nach Ansicht von Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) droht in der Westsahara die nächste Eskalation „vor unserer Haustür“. Wer weitere Fluchtursachen, verhindern wolle, wie es die Bundesregierung propagiere, müsse „sich endlich ernsthaft um die Lösung dieses Konfliktes bemühen“, appellierte sie.
Keul verwies darauf, dass Oxfam und das Welternährungsprogramm ihre Unterstützung für die Flüchtlingslager der Saharauis reduzieren mussten. Außerdem weigere sich Marokko nunmehr seit 25 Jahren, das im Waffenstillstandsabkommen von 1991 vereinbarte Referendum über die Zukunft der Westsahara abzuhalten, da es die Option einer Unabhängigkeit nicht mit aufnehmen wolle. „Wenn die Menschen die Hoffnung verlieren, werden sie sich nicht einfach zum Sterben in die Wüste legen“, warnte Keul. Sie betonte in Anspielung auf den Antrag der Koalitionsfraktionen, dass zwar niemand etwas dagegen habe, die Flüchtlingslager im Libanon, Jordanien und dem Irak besser zu unterstützen. Jedoch seien und blieben bewaffnete Auseinandersetzungen die größte Fluchtursache.
Ähnlich argumentierte die Linksfraktion. Der Nahe Osten sei jahrelang durch die „Kriegspolitik des Westens“ destabilisiert worden, warf Heike Hänsel (Die Linke) der Bundesregierung vor. „Deswegen: Wer von der Bekämpfung von Fluchtursachen spricht, kann zu dieser Kriegs- und Umsturzpolitik und den Waffenexporten nicht schweigen.“
Die deutsche Außenpolitik müsse sich grundsätzlich ändern, wenn sie zur Überwindung der Fluchtursachen ernsthaft beitragen wolle, urteilte Hänsel. Sie forderte eine aktive Friedenspolitik, den Stopp von Waffenexporten und den Aufbau gerechter Handelsbeziehungen.
Für eine faire Handelspartnerschaft mit den Entwicklungs- und Schwellenländern warb auch Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU). Angesichts der rund 60 Millionen Menschen, die derzeit weltweit auf der Flucht sind, sprach er von einer „ganz neuen Dimension von globaler Zusammenarbeit und Verantwortung“ und „einer Partnerschaft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern“. Unter anderem brauche die Europäische Union ein neues Nachbarschaftskonzept, einen Flüchtlingskommissar und einen Flüchtlingsfonds.
Außerdem forderte Müller eine Verdoppelung der weltweiten Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, eine Vervielfältigung der privaten Investitionen in Entwicklungsländer und mehr Investitionen in nachhaltige Entwicklung, auch in Deutschland.
Axel Schäfer (SPD) sprach sich für mehr Mittel zur Fluchtursachenbekämpfung auf EU-Ebene aus. Zugleich widersprach er Heike Hänsel in ihrem Urteil, Deutschland sei Mitschuld an vielen Kriegen und Konflikten in der Welt. Die Bundesregierung sei vielmehr „ein Garant dafür, dass wir in der Welt für Frieden und Gerechtigkeit eintreten“, entgegnete Schäfer.
Er erinnerte an das Nein Deutschlands zum Irak-Krieg. Deutschland habe sich an dieser „Urkatastrophe des 21. Jahrhunderts“ nicht beteiligt. „Das ist die entscheidende Grundlage für alle Gespräche, die wir heute führen können.“ (joh/12.05.206)