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Die Jugendarbeit muss frühzeitig dort helfen, wo sie gebraucht wird. Das war ein Fazit eines Expertengesprächs der Kinderkommission (Kiko) am Mittwoch, 11. Mai 2016, zum Thema Maßnahmen gegen Kinderarmut unter Vorsitz von Norbert Müller (Die Linke). Als Experten sprachen Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e.V., sowie Danilo Fischbach, Mitglied der Kita-AG des Landeselternrates Brandenburg.
Rund 1,5 Millionen Kinder in Deutschland lebten in Familien, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, mehr als die Hälfte dieser Familien befänden sich im sogenannten Langzeitbezug von Transferleistungen. Diese Situation bedeute auch, dass die Bildungsfähigkeit und -motivation der Kinder eingeschränkt werde, sagte Schneider.
Angebote der Jugendhilfe müssten sich von der ,,Komm- zu einer Gehstruktur" verändern, um diese Kinder zu erreichen. Jugendarbeit müsse frühzeitig dort hingehen, wo Probleme auftreten, beispielsweise in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe. Bislang sei die Regel, dass Kinder und Familien die Angebote aufsuchen müssten. Die Jugendhilfeplanung sollte Strategien und Maßnahmen einer solchen ,,Gehstruktur" definieren. Für die Durchführung seien freie Träger geeignet.
Reformbedarf sieht der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband außerdem beim Bildungs- und Teilhabepaket. Nicht nur die Höhe der Leistungen sei zu gering, auch das Antragsverfahren sei zu aufwendig. Das erkläre, warum ein hoher Anteil der Leistungen nicht abgerufen werde. Im Falle des Nachhilfeunterrichts würden zudem nur vier Prozent der Anträge bewilligt. Hier hätten arme Kinder einen besonderen Nachholbedarf gegenüber nicht-armen Gleichaltrigen.
Statt eines Antragssystems sollten subjektiv einklagbare Rechtsansprüche für Teilhabe im Kinder- und Jugendhilfegesetz verankert werden. Einkommensschwache Kinder sollen einen Familienpass erhalten, der sie dazu berechtigt, Freizeitangebote zu nutzen. Weiter empfiehlt der Verband, die Zuständigkeit für das Bildungs- und Teilhabepaket zu ändern. Sie solle nicht länger bei fachfremden Jobcentern, sondern bei den Jugendämtern angesiedelt sein.
Danilo Fischbach forderte vor allem eine Reduzierung der Gebühren für die frühkindliche Bildung bundesweit. Die hohen Kosten in Brandenburg seien einer der Hauptgründe dafür, dass Eltern ihre Kinder nicht in Kindertagesstätten bringen. Deswegen solle der Gesetzgeber eine Obergrenze für die Gebühren einführen sowie Gebühren ab dem zweiten Kind abschaffen.
Weitere Empfehlungen der Eltern seien Transparenz bei der Gebührenberechnung, mehr Mitbestimmungsrechte der Eltern sowie Qualitätsstandards für die frühkindliche Bildung. (eb/12.05.2016)