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Berlin: (hib/wid) Bis zum vergangenen Jahr hat der Bundesnachrichtendienst (BND) gemeinsam mit amerikanischen Partnern Asylbewerber in Deutschland nach verwertbaren Informationen aus ihren Herkunftsländern ausgeforscht. Vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA) berichtete am Donnerstag die letzte zuständige Referatsleiterin über dieses Programm. Die Zeugin K. war Chefin der "Hauptstelle für das Befragungswesen" von 2008 bis zur Auflösung der Behörde am 30. Juni 2014. Die studierte Juristin ist seit 1986 beim BND beschäftigt und leitete vor ihrer Tätigkeit im Befragungswesen Referate unter anderem für Vergaberecht und Partnerbeziehungen.
Die "Hauptstelle für das Befragungswesen" habe zu ihrer Zeit über vier Außenstellen und etwa 100 Mitarbeiter verfügt, unter ihnen rund 50 Befrager, berichtete die Zeugin. Überdies seien der Behörde bis zu zehn Mitarbeiter der amerikanischen National Security Agency (NSA) ständig zugeteilt gewesen. Sie hätten jährlich rund 300 Flüchtlinge vernommen. In Zeiten des Kalten Krieges zählten auch Spätaussiedler zur Zielgruppe. Die Asylbewerber seien um Auskünfte gebeten worden, die für die "Sicherheit der Bundesrepublik" von Interesse seien. Sie seien ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Teilnahme am Programm freiwillig sei und keinerlei Einfluss auf den Ausgang ihrer Asylverfahren habe.
Die Regel sei gewesen, dass die amerikanischen Partner nur gemeinsam mit ihren BND-Kollegen Flüchtlinge hätten befragen dürfen. In Einzelfällen sei es aber auch vorgekommen, dass ein NSA-Mitarbeiter allein am Verhörtisch gesessen habe, wenn auf deutscher Seite Personalknappheit herrschte. Die Erkenntnisse hätten beide Dienste aber immer gemeinsam ausgewertet. In einer Außenstelle hätten 2012 Praktikanten und Bürosachbearbeiter einspringen müssen, weil sonst aus Mangel an hauptamtlichen BND-Befragern kein gemischtes Team zustande gekommen wäre, und die Amerikaner sich beschwerten, dass sie deswegen untätig herumsaßen. In Fällen von besonderem nationalen Interesse habe der BND gelegentlich aber auch entschieden, die amerikanischen Partner außen vor zu lassen.
"Es war grundsätzlich die Ausnahme, dass die Amerikaner allein reingegangen sind", sagte die Zeugin. Im November 2013 freilich erließ das Kanzleramt eine strikte Weisung, dass auch solche Ausnahmefälle nicht mehr vorkommen durften. Einige Monate zuvor hatte der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden die Schnüffelpraktiken von US-Diensten in Deutschland und Europa offengelegt. Auf die Frage, wie und aus welchem Grund die Anweisung des Kanzleramts zustande gekommen sei, erkläre die Zeugin, das wisse sie nicht.
Im November 2013 hatten Süddeutsche Zeitung und NDR berichtet, dass Erkenntnisse aus den Befragungen von Asylbewerbern in Deutschland, insbesondere Telekommunikationsdaten verdächtiger Personen, im US-Drohnenkrieg gegen radikalislamische Freischärler Verwendung fanden. Die Zeugin K. konnte dem Ausschuss dafür freilich keine Anhaltspunkte liefern. Auf die Frage, ob es in den Vernehmungen etwa auch um Handynummern gegangen sei, erwiderte sie: "Das war kein zentraler Punkt." Der BND habe sich nie für Telekommunikationsnetze und Kontaktdaten interessiert, auch für die Amerikaner sei das kein Thema gewesen. In den Vernehmungen sei vor allem die Versorgungslage in den Herkunftsländern zur Sprache gekommen, etwa der Brotpreis. Sie habe allerdings nie an einer Befragung teilgenommen, erklärte die Zeugin. Über Details könne sie daher nichts sagen.
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