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Berlin: (hib/AW) Die von Bund und Ländern angestrebte Verteilung, Unterbringung, Versorgung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen wird von Sachverständigen und Vertretern der Kommunen zwar prinzipiell begrüßt. Allerdings besteht aus ihrer Sicht auch deutlicher Nachbesserungsbedarf am Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/5921). Dies wurde in einer öffentlichen Anhörung des Familienausschusses über den Gesetzentwurf und zwei Anträge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (18/4185), 18/5932) am Montag deutlich.
Scharfe Kritik übte Niels Espenhorst vom Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge. Viele der aktuellen Probleme würden durch den Gesetzentwurf nicht gelöst. So werde beispielsweise keine klare Regelung zur Alterseinschätzung von Jugendlichen gemacht, wenn sich deren Alter nicht aus gültigen Personaldokumenten ergibt. Eine doppelte Alterseinschätzung sowohl bei der vorläufigen und bei der regulären Inobhutnahme liege nicht im Interesse der Flüchtlingskinder. Zudem müssten die Interessen der Kinder bei der vorläufigen Inobhutnahme stärker berücksichtigt werden. Dies sei aber ohne eine unabhängige gesetzliche Vertretung kaum möglich. Auch Björn Hagen vom Evangelischen Erziehungsverband plädierte dafür, die Interessen der Flüchtlingskinder stärker zu berücksichtigen. Allerdings räumte er ein, dass in der derzeitigen Situation sich nicht alles umsetzen lassen werde, was wünschenswert erscheine. In jedem Fall müssten aber einheitliche Standards für die Jugendämter festgelegt werden und ihre entsprechende Qualifizierung für den adäquaten Umgang mit unbegleiteten Flüchtlingskindern forciert werden.
Die fehlenden Regelungen zur Alterseinschätzung und zur Beteiligung der Jugendlichen bei der Auswahl eines geeigneten Jugendamtes sowie die fehlende Bestellung einer unabhängigen rechtlichen Vertretung der Jugendlichen bei der vorläufigen Inobhutnahme im Gesetzentwurf wurden auch von Bernward Ostrop vom Deutschen Caritasverband, Birgit Lambertz von SOS-Kinderdorf und Thomas Meysen kritisch bewertet. Das Gesetz erschwere zudem die Familienzusammenführung und nehme keine Rücksicht auf spezielle medizinische Notwendigkeiten, sagte Meysen.
Klaus-Dieter Müller, Geschäftsführer des Landesbetriebs Erziehung und Beratung Hamburgs, und Franz Prügl, Leiter des Kreisjugendamtes Passau, begrüßten die im Gesetzentwurf vorgesehene bundesweite Verteilung der Flüchtlingskinder ausdrücklich. Sie verwiesen darauf, welch gewaltige Belastungen jene Jugendämter zu stemmen hätten, die besonders stark von der Flüchtlingskrise betroffen seien. Allein in Hamburg seien bis Mitte September dieses Jahres 1.598 unbegleitete Jugendliche in Obhut genommen worden, sagte Müller. Bis Ende des Jahres würden es voraussichtlich 3.000 sein. Dies sei gegenüber den Vorjahren ein dramatischer Zuwachs. Prügl betonte, auch das Jugendamt des Landkreises Passau sei an seiner Belastungsgrenze angekommen. Bis September seien bereits 3.300 unbegleitete Minderjährige registriert worden.
Verena Göppert von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände schloss sich der Sichtweise von Müller und Prügl an. Es sei gut, dass das Gesetz bereits zum 1. November dieses Jahres in Kraft treten soll. Dies liege im Interesse der besonders stark betroffenen Jugendämter, aber auch im Interesse der Flüchtlinge. Kritisch beurteilte Göppert die Regelung, nach der eine Verteilung der Flüchtlingskinder nur an "geeignete Jugendämter" erfolgen soll. Prinzipiell habe jedes Jugendamt die fachliche Eignung zur Aufnahme von unbegleiteten Flüchtlingskinder oder müsse diese eben erwerben. Göppert mahnte zudem, dass die vom Bund zugesagten 350 Millionen Euro für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlingskinder auch ungeschmälert von den Ländern an die Kommunen weitergegeben werden müssten.
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