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Berlin: (hib/PK) Das Ausmaß an traumatisierten Flüchtlingen in Deutschland ist nach Ansicht von Experten derzeit nur schwer abzuschätzen. Ein Vertreter des GKV-Spitzenverbandes sagte am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages: "Wir wissen nicht genau, mit welchem Umfang wir es zu tun haben". Der bisher geschätzte Anteil von 40 bis 50 Prozent Betroffenen sei womöglich zu hoch gegriffen.
In der Expertenrunde zur Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge erklärten auch Vertreter der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAFF), die Zahl der tatsächlich akut behandlungsbedürftigen Flüchtlinge sei erheblich niedriger anzusetzen, als die Gesamtzahl der von traumatischen Erlebnissen betroffenen Menschen.
Nach Angaben der Psychotherapeutenkammer haben viele Kinder aus Syrien und Afrika Kriegs- und Gewalterfahrungen gemacht. Aber nicht alle Betroffenen benötigten auch eine Akutbehandlung. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) würden oft erst mit Verzögerung deutlich, wenn Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus seien und in eigenen Wohnungen lebten. Hochgerechnet könnten rund 60.000 Flüchtlinge behandlungsbedürftig sein. Das würde inklusive Dolmetscher zu Kosten von rund 250 Millionen Euro führen.
Die Experten waren sich einig, dass auch aus gesundheitspolitischer Sicht die aktuelle Flüchtlingskrise eine enorme Herausforderung darstellt und nannten neben der rein medizinischen und psychologischen Betreuung kulturelle und sprachliche Besonderheiten. Die Experten begrüßten einhellig die geplanten Gesetzesänderung, mit denen die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge verbessert werden soll.
Nach Angaben der Experten werden Fälle von erlebter sexueller Gewalt in Flüchtlingsfamilien oft verheimlicht. Hier gelte es, Vertrauen neu aufzubauen und Sicherheit zu vermitteln. Dazu müsse auch Vertraulichkeit gesichert sein. Dolmetscher müssten kulturell geschult sein, dann seien sie eine wichtige Hilfe. Bei den Kindern sollte die psychosoziale Betreuung bis in die Schulen hineinreichen. Hier sei eine gute Vernetzung der Experten wichtig, denn manche Kinder hätten Extremes erlebt.
Die psychosozialen Zentren wiesen darauf hin, dass die zur Bewältigung der Flüchtlingskrise nötigen Strukturen noch nicht alle geschaffen seien. Vor allem die ehrenamtlichen Helfer müssten besser und effizienter eingebunden werden. Schon allein ein langes Lagerleben könne zu fundamentalen Störungen und Persönlichkeitsveränderungen führen. Viele Flüchtlinge wüssten auch gar nicht, dass ihre psychischen Erkrankungen behandelt werden könnten. Um alle Betroffenen angemessen behandeln zu können, müssten die Strukturen systematisch ausgebaut werden.
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