Navigationspfad: Startseite > Der Bundestag > Ausschüsse > Auswärtiges > Unterausschuss für Zivile Krisenprävention
Optimismus ist ein Wort, das man selten im Zusammenhang mit Aussichten auf eine friedliche Lösung von Konflikten im Nahen Osten hört. Deshalb ist auch das Fazit des Expertengesprächs des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln“ vom Montag, 29. Juni 2015, eher ein sehr vorsichtig formulierter Optimismus. Jedoch hatten die Mitglieder des Unterausschusses, der unter dem Vorsitz von Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) das Thema "Mediation und nationaler Dialog - zur aktuellen Situation im Jemen“ erörterte, nach dem Expertengespräch immerhin Grund zu einer solchen Annahme.
Die Mitglieder dieses Unterausschusses des Auswärtigen Ausschusses wollten von den geladenen Sachverständigen primär wissen, welche Ursachen es für den aktuellen Konflikt zwischen den schiitischen Huthi-Rebellen und den Anhängern des ins Exil geflüchteten Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi gibt und warum die jüngst vom Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN) Ban Ki-moon unterstützten Genfer Gespräche zwischen den Konfliktparteien gescheitert sind.
Bettina Muscheidt, Leiterin der EU-Delegation im Jemen, gab zu bedenken, dass an die Genfer Gespräche sehr hohe Erwartungen geknüpft wurden. Diese hätten sich teilweise auch erfüllt, da beide Parteien ihren Willen zur Teilnahme an den Gesprächen demonstriert hätten und VN-Generalsekretär Ban Ki-moon die internationale Bedeutung dieser Gespräche habe deutlich machen können.
Bereits im Januar 2014 ist ein nationaler Dialog im Jemen zu Ende gegangen, der Eckpunkte für die Zukunft des Landes nach den durch den Arabischen Frühling angestoßenen Transformationsprozessen vorgeben sollte. In dem sich anschließend verstärkenden Konflikt zwischen schiitischen Huthi-Rebellen und sunnitischen Regierungsanhängern gelang es den Rebellen im September 2014, die Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Rahmen der VN-initiierten Genfer Gespräche sollten die jemenitischen Konfliktparteien erstmals wieder an einen Tisch gebracht werden.
Nach Ansicht von Bettina Muscheidt ist der Konflikt nicht zwingend religiöser Natur. Die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen seien jahrelang immer miteinander ausgekommen. Nach ihrer Auffassung sei eher die Machtpolitik der politischen Führung eine Ursache für die aktuellen Auseinandersetzungen.
Auf die Frage des Abgeordneten Thorsten Frei (CDU/CSU) nach der Einordnung des Konflikts als Stellvertreterkrieg zwischen dem Iran und Saudi-Arabien antwortete Muscheidt, eine direkte kausale Verbindung sei hier nicht zwingend herzustellen. Gewisse Interessen der regionalen Mächte seien jedoch nicht zu leugnen. Es herrsche vor allem der Wunsch nach einer sicheren Lage in der Region, insbesondere bei den Anrainerstaaten.
Auf die Wirksamkeit von lokalen Lösungen – beispielsweise von regional begrenzten Waffenstillständen – angesprochen, sagte Sonja Neuweiler von der Berghof Foundation, dass diese eine nationale Lösung nicht ersetzen könne. Da das Land jedoch in seiner Bevölkerungsstruktur sehr differenziert zu betrachten sei, hätten lokale Ansätze bei der Konfliktbewältigung größere Chancen. Auch Neuweiler stimmte Bettina Muscheidt zu, dass der Konflikt im Kern eher politischer Natur sei.
Nach den Möglichkeiten Deutschlands im Rahmen einer vermittelnden Konfliktlösung erkundigte sich Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD). Deutschland werde in der betreffenden Region als neutral wahrgenommen und genieße damit eine große Glaubwürdigkeit, die es für die Konfliktlösung zu nutzen gelte, so Sonja Neuweiler. Ob dies geschehe, müsse jedoch in Berlin beziehungsweise Brüssel entschieden werden.
Beide Expertinnen waren sich schlussendlich einig, dass zwischen den Parteien ein grundsätzliches Interesse bestehe, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und eine friedliche Lösung des Konflikts zu finden. Es gelte, wieder an die Ergebnisse des nationalen Dialogs anzuknüpfen und dessen Umsetzung voranzutreiben, so Bettina Muscheidt. Allerdings dürfe man sich dafür nicht zu viel Zeit lassen, da sonst die derzeit noch zu verneinende Frage nach dem Failed-State-Status des Jemen nicht mehr so einfach beantwortet werden könne.
Auch Sonja Neuweiler schürte die Hoffnung auf eine friedliche Konfliktbewältigung, da es bereits jetzt Anzeichen dafür gebe, dass auf informeller Ebene weiter verhandelt wird. Es bestehe Grund für einen leichten Optimismus, dass nach einer Verhandlungslösung gesucht werde. Allerdings verwies Neuweiler auf die Brüchigkeit solcher Einschätzungen. Die Eskalation des aktuellen Konfliktes sei sowohl von internationaler wie auch von jemenitischer Seite nicht erwartet worden. (eb/29.06.2015)