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Auslandseinsätze bei internationalen Friedensmissionen sind für deutsche Polizisten nicht karrierefördernd. Zu dieser Einschätzung gelangten die Experten bei einer gemeinsamen Anhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Helmut Brandt (CDU/CSU) und des Unterausschusses Zivile Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und vernetztes Handeln unter Vorsitz von Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) am Montag, 3. November 2014.
Die Anhörung wird am Dienstag, 4. November, ab 16 Uhr zeitversetzt im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Derzeit, so sagte Mechthild Baumann, Leiterin des Instituts für Migrations- und Sicherheitsstudien Berlin, seien 194 deutsche Polizisten im Ausland im Dienst. Zugesagt hatte die Bundesregierung im Jahr 2000, bis zu 910 Polizeikräfte für internationale Polizeikontingente zur Verfügung zu stellen. Als Gründe für diese Diskrepanz führte Baumann unter anderen fehlenden politischen Willen an. Es gebe Bundesländer, die sich geweigert hätten, Polizisten ins Ausland zu schicken.
Ein weiterer Grund seien fehlende Sprachkenntnisse bei den an einer Auslandsverwendung interessierten Polizisten. Zudem gebe es Probleme bei der Rückkehr in die Dienststelle in Deutschland. So würden die Einsätze oftmals – auch von Vorgesetzten - geringschätzig als „Urlaub“ bezeichnet. Dass Auslandseinsätze nicht gerne gesehen würden, habe aber auch damit zu tun, dass die zurückgebliebenen Kollegen den Verlust ausgleichen müssten, da es keinen Ersatz gebe.
Der Bundespolizei fehle es beim Thema Auslandsverwendung an einem richtigen Konzept, räumte auch Markus Ritter von der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt am Main ein. Für die Karriere in Deutschland sei eine einmalige Auslandsverwendung gerade noch so tragbar. „Wer mehr machen will, kickt sich da raus“, sagte er.
Im Interesse effektiver Arbeit bei den Einsätzen brauche man aber Leute, „die kontinuierlich aufgebaut werden“. Ebenfalls hinderlich sei, dass die Verwendung jeweils nur ein Jahr gehen dürfe. Dies habe die Folge, dass deutsche Polizisten bei den internationalen Einsätzen gegenüber Polizisten, die bis zu drei Jahre dabei bleiben können, ins Hintertreffen gerieten.
Mit der Beschränkung auf eine Einsatzdauer von zwölf Monaten schütze man die Polizisten, die sich eben nicht im Urlaub, sondern auf anstrengenden und teils gefährlichen Einsätzen befänden, sagte Dieter Wehe, Vorsitzender der Bund/Länder-Arbeitsgruppe „Internationale Polizeieinsätze“.
Seiner Ansicht nach ist es für die Polizei durchaus verkraftbar, weitere Kräfte für internationale Einsätze abzuordnen. Probleme gebe es hingegen bei hochspezialisierten Kräften, wie etwa jenen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, „weil wir die auch hier brauchen“, sagte Wehe. Ebenfalls schwierig sei es, Führungskräfte abzuordnen.
Bundespolizei-Vertreter Ritter hatte zuvor davon berichtet, dass andere europäische Länder die Führungspositionen bei den Auslandeinsätzen auch mit gerade pensionierten Polizisten besetzen würden. Deutschland tue das nicht. „Dadurch wird Potenzial verschenkt“, sagte Ritter.
Es gebe 13.500 UN-Polizisten, sagte Stefan Feller, Leitender Polizeiberater beim Generalsekretär der Vereinten Nationen und damit Chef der UN-Polizisten. Lediglich 24 Polizisten seien aus Deutschland abgeordnet.
Aus der Sicht Fellers ist es Aufgabe der Politik, durch den Etat deutlich zu machen, ob man Auslandseinsätze der Polizei wolle oder nicht. Mit Blick auf Deutschland sagte er: „Das muss mehr sein.“ Bei der Frage der Dauer der Einsätze plädierte Feller für eine Standzeit von zwei Jahren statt nur zwölf Monaten. Dies wäre für die Projekte förderlich.
Eine Nachbereitung der Einsätze von Polizisten gemeinsam mit zivilen Experten regte Tobias Pietz vom Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) an. Reine Polizeieinsätze, so Pietz, gebe es ohnehin nicht mehr. Es handle sich vielmehr um multidimensionale Einsätze, bei denen es zivile, polizeiliche, militärische und Anteile der Entwicklungszusammenarbeit gebe. (hau/04.11.2014)
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