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Die in einem Antrag der Linksfraktion (18/982) erhobene Forderung nach einer sofortigen Angleichung der Ostrenten an das Westniveau stößt auf Widerstand bei den anderen Fraktionen des Bundestages. Während der ersten Lesung der Vorlage am Donnerstag, 5. Juni 2014, verwiesen Union und SPD auf die im Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung, 2016 prüfen zu wollen, inwieweit sich der Angleichungsprozess der Löhne in Ost und West bereits vollzogen habe und wenn nötig bis 2020 eine Angleichung vorzunehmen. Die Grünen plädierten zwar für eine sofortige Gleichstellung. Allerdings unter Verzicht auf die derzeit praktizierte und aus Sicht der Linksfraktion beizubehaltende Höherwertung der Ostrenten.
Schon 2009 habe Bundeskanzlerin Angela Merkel eine baldige Angleichung der Renten angekündigt, sagte Matthias W. Birkwald (Die Linke). „Versprochen, gebrochen“, lautete sein Resümee. Hart ins Gericht ging er auch mit der SPD, die vor der Wahl ein Gesetz gefordert habe, das eine stufenweise Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West vorsieht und 2014 in Kraft treten sollte.
„So spricht man vor der Wahl. Nach der Wahl ist davon nichts mehr zu sehen“, kritisierte Birkwald. Auch 25 Jahre nach der Deutschen Einheit erhalte ein Rentner in Rostock für die gleiche Lebensleistung 100 Euro weniger als ein Rentner in Stuttgart. „Daran ändert auch ihr Rentenpaket nichts“, sagte der Linken-Abgeordnete an die Koalition gewandt. Die Aussagen im Koalitionsvertrag von Union und SPD nannte er unglaubwürdig. „Das alles erzählen Sie seit Jahren. Davon stimmt kein Wort“, sagte Birkwald.
Jana Schimke (CDU/CSU) kritisierte die Linksfraktion für deren „Strategie des Schlechtredens“, die jedoch nicht aufgehe. „Seit Jahren reden Sie den Menschen in Ostdeutschland ein, dass ihre Lebensleistung nicht gewürdigt wird“, sagte sie. Durch das Zementieren von Vorbehalten und das Verklären von Wahrheiten seien es jedoch die Linken, „die Lebensleistung nicht anerkennen“.
Schimke erinnerte daran, dass die Rentenüberleitung ein gesamtgesellschaftlicher Kraftakt gewesen sei. Noch heute würden die ostdeutschen Renten um etwa 18 Prozent hochgewertet. Das bedeute: „Für das gleiche Brutto gibt es im Osten eine höhere Rente als im Westen.“ Zudem steige der Rentenwert auch in diesem Jahr bei Ostrentnern stärker an als bei Westrentnern.
Für ein Ende der Unterscheidung bei den Rentenwerten „nach Himmelsrichtungen“ plädierte Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen). „Wir wollen eine Gleichstellung auf allen Ebenen“, sagte er. Das beinhalte auch den Verzicht auf die Höherwertung. Da dies zu Armutsproblematiken führen könne, wolle seine Fraktion die Garantierente nach 35 Versicherungsjahren. „So kann man zielgenauer Armutsvermeidungspolitik betreiben“, sagte er.
Auf die angesprochenen Unterschiede im Lohnniveau zwischen Ost und West eingehend sagte Kurth, es habe 2013 einen Tarifniveau-Unterschied von nur noch drei Prozent gegeben. Im Übrigen habe man auch im Westen Regionen mit sehr unterschiedlichem Lohnniveau.
Daniela Kolbe (SPD) räumte ein, dass es im Osten ein „massives Ungerechtigkeitsempfinden“ gebe. Gleichwohl lohne sich ein Blick in die Vergangenheit. Von den nach der Wende getroffenen Regelungen zur Rentenüberleitung hätten vor allem die Rentner in der ehemaligen DDR profitiert. „Solche Renten hätten sie nach DDR-Rentenrecht niemals bekommen“, sagte Kolbe.
Den Vorwurf der Linksfraktion, die Rentenangleichung auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben zu wollen, trat die SPD-Abgeordnete entgegen. Die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen seien vernünftig. Insbesondere der Passus, erst 2016 zu prüfen, inwieweit der Angleichungsprozess vorangekommen ist, sei „richtig und wichtig. Ich bin mir angesichts des Mindestlohns hundertprozentig sicher, dass wir bis 2016 eine deutliche Anhebung der Löhne im Osten sehen werden“, sagte Kolbe. (hau/05.06.2014)