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Rund eine Milliarde Euro plant die Bundesregierung für den Bereich der Arbeitsforschung bis in das Jahr 2020 auszugeben. Die Koalitionsfraktionen unterstützen das Rahmenprogramm „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ wie aus einem von CDU/CSU und SPD vorgelegten Antrag (18/7363) hervorgeht. Am Donnerstag, 17. März 2016, diskutierte der Bundestag über diese Vorlage sowie einen Antrag der Linksfraktion (18/6362), der die prekäre Beschäftigung junger Menschen kritisiert. Während der Linke-Antrag bei der sich anschließenden Abstimmung keine Mehrheit fand (18/6951), wurde der Antrag von Union und SPD bei Enthaltung der Oppositionsfraktion verabschiedet (18/7871).
Um für den Wandel in den Arbeitsfeldern, der mit der zunehmenden Digitalisierung verbunden ist, gewappnet zu sein, brauche es eine starke Arbeitsforschung, sagte Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU). Die Dimension des bis 2020 laufenden Forschungsprogramms mit dem Umfang von einer Milliarde Euro zeige: „Hier wird nicht gekleckert, sondern geklotzt.“
Beim Thema Arbeitsforschung, so Kaufmann weiter, gehe es nicht nur um Arbeitnehmerrechte. Es gehe auch um Innovationsfähigkeit. „Deshalb ist dieses Arbeitsforschungsprogramm auch Teil der Hightech-Strategie der Bundesregierung und damit ein Beitrag, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands international zu stärken“, sagte Kaufmann. Mit dem Programm sei man international sehr gut aufgestellt, urteilte der Unionsabgeordnete.
Jutta Krellmann (Die Linke) nannte es „klasse“, dass die Bundesregierung eine Milliarde Euro auf den Tisch legen wolle, um die Humanisierung der Arbeitswelt zu erforschen. Zuletzt habe es derartige Forschungsprojekte in den 1980er-Jahren gegeben. Den damaligen Programmen sei unter anderem die verstärkte Diskussion über Lärmschutz sowie die Gruppenorganisation als Arbeitsform in den Betrieben zu verdanken.
Als Gewerkschafterin könne sie sich allerdings auch daran erinnern, was damals auf Druck der Arbeitgeber politisch nicht umgesetzt worden sei. Etwa die Mitbestimmung der Beschäftigten über ihren Arbeitsplatz und die Arbeitsorganisation. „So weit ging die Sozialpartnerschaft schon damals nicht“, sagte die Linke-Abgeordnete. Das aktuell geplante Forschungsvorhaben der Bundesregierung werde sich also daran messen lassen müssen, „ob zentrale Ergebnisse diesmal umgesetzt werden“. Krellmann machte deutlich: „Daran habe ich meine Zweifel.“
Willi Brase (SPD) hat in Sachen Mitbestimmung eine andere Erinnerung. „Ich will nur mal darauf hinweisen, dass sich mit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 die Gestaltungsmöglichkeiten der Betriebsräte verbessert haben“, sagte er auf seine Vorrednerin eingehend. Was die Digitalisierung angeht, so brächten die daraus herrührenden Veränderungen Chancen, aber auch Risiken mit sich, sagte er.
Eines der Risiken sei die allzeitliche Verfügbarkeit der Arbeitnehmer durch Smartphone und andere technische Neuerungen. „Das ist eine Entwicklung, die wir nicht wollen“, machte er deutlich. Auch so etwas müsse in dem Forschungsprojekt untersucht werden. Ziel der Arbeits- und Dienstleistungsforschung sei es auch, dass sich nicht der Menschen der Technik anpassen muss. „Die Arbeitnehmer dürfen nicht die Verlierer der Digitalisierung sein“, warnte Brase.
Die Koalitionsfraktionen hätten in ihrem Antrag die mit der Digitalisierung verbundenen Chancen und Risiken nur lückenhaft beschreiben, kritisierte Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen). So würden die Benachteiligung von Frauen und Geringqualifizierten in der Arbeitswelt, die zunehmende Vielfalt der Belegschaften und die Folgen der Migration weitgehend ausgeblendet. „Ihr Antrag ist nicht auf der Höhe der Zeit“, sagte der Grünen-Abgeordnete an die Koalition gewandt.
Gute Empfehlungen der Wissenschaft für eine humanere und gerechtere Arbeitswelt bekomme man aber nur, „wenn die Forschungsdesigns Zugangsfragen, Diskriminierungen und Karrierehemmnisse stärker in den Blick nehmen“. Ein nachhaltiges Wohlstandsmodell, so Gehring, funktioniere nur mit fairen Arbeitsbedingungen. Gerade in Zeiten der Digitalisierung und des verstärkten Arbeitsdruckes dürfe Arbeit nicht krankmachen.
Daher begrüße seine Fraktion den Ausbau des Forschungsschwerpunktes Gesundheit im Erwerbsverlauf. „Es wäre aber erfreulich, wenn die betroffenen Ministerien weniger als bisher aneinander vorbei werkeln würden“, fügte der Grünen-Abgeordnete hinzu. (hau/17.03.2016)