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Die Monetarisierung des Ehrenamtes kann zur Einführung eines Niedriglohnsektors unter dem Label Ehrenamt führen. Diese Ansicht vertrat Prof. Dr. Gisela Jakob von der Hochschule Darmstadt am Mittwoch, 16. März 2016, während der Sitzung des von Willi Brase (SPD) geleiteten Unterausschusses „Bürgerschaftliches Engagement“. Zugleich warnte Jakob, die Monetarisierung könne den Eigensinn des Engagements zerstören.
Die Gesellschaftswissenschaftlerin stellte ihren Ausführungen voran, dass noch immer etwa 75 Prozent des Engagements unentgeltlich erbracht würden. Zugleich machte sie deutlich, dass die Erstattung von Auslagen zu einer modernen Engagementförderung gehörten. Problematisch seien jedoch Entgeltzahlungen und stundenweise Bezahlungen, „die deutlich über dem entstandenen Aufwand liegen“, sagte Jakob.
Monetarisierung, so die Expertin, mache sich an Formulierungen wie „Pauschale Aufwandsentschädigung“, „Vergütetes Ehrenamt“ und „Bezahltes Engagement“ deutlich. Als ganz heikle Konstruktion bezeichnete sie die Verknüpfung von Minijob und Übungsleiterpauschale. Hier sollte man die Dinge klar beim Namen nennen, forderte sie. „Das sind geringfügig bezahlte Tätigkeiten und kein ehrenamtliches Engagement.“
Einen Beitrag zur zunehmenden Monetarisierung habe nicht zuletzt der Gesetzgeber geleistet, indem er „kurz vor den Wahlen“ immer wieder die Übungsleiterpauschale erhöht habe, urteilte Jakob. Ein weiterer Grund für die Monetarisierung sei der Problemdruck infolge der demografischen Veränderungen und der Finanzknappheit - etwa in der Pflege, wo Modelle für „bezahltes Engagement“ entwickelt worden seien. Aber auch die Schaffung des Bundesfreiwilligendienstes, der von vielen Älteren auch als Finanzierungsquelle genutzt werde, habe die Entwicklung vorangetrieben.
Jakob sprach sich dafür aus, statt die Engagierten zu bezahlen, das Geld für den Ausbau der Infrastrukturen und in die Qualifizierung zu stecken. Um Konkurrenzen vor Ort zu verhindern, die dadurch entstünden, dass einzelne Verbände und Organisationen Engagement bezahlen und andere nicht, müsse es eine Verständigung und Absprachen zwischen den Verbänden und Organisationen geben.
Dr. Karin Fehres, Vorstand Sportentwicklung beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), teilte die Einschätzung, dass der Eigensinn integraler Bestandteil des Engagements sei. „Das darf nicht durch Arbeitsverträge, Honorarverträge oder ähnliches gestoppt werden“, sagte sie. Minijobber seien nun mal keine ehrenamtlich Engagierten.
Die DOSB-Vertreterin machte zugleich deutlich, dass im Sport Pauschalen als Aufwandsentschädigungen „unverzichtbar und ein wichtiger Teil der Anerkennungskultur sind“. Einen Trend zur Monetarisierung vermochte Fehres im Sportbereich nicht erkennen. 42 Prozent der Vereine nutzten keine Pauschalen. Der Rest schöpfe die Möglichkeiten (Übungsleiterpauschale bis zu 2.400 Euro pro Jahr; Ehrenamtspauschale bis zu 720 Euro im Jahr) bei Weitem nicht aus, sagte das DOSB-Vorstandsmitglied. (hau/17.03.2016)