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Wanka: Ausbildungsplätze bleiben häufig unbesetzt


Immer weniger Ausbildungsverträge werden geschlossen, immer mehr Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt: Das ist die Bilanz des Berufsbildungsberichts 2016 der Bundesregierung, den Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka (CDU) am Mittwoch, 27. April 2016, in der Regierungsbefragung des Bundestages vorstellte. „Die Ausbildungschancen für Jugendliche sind so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr“, formulierte es Wanka positiv – und musste doch gleichzeitig einräumen, dass die Zahl der gemeldeten unbesetzten betrieblichen Ausbildungsplätze im vergangenen Jahr mit rund 41.000 so hoch gelegen habe wie seit 1996 nicht mehr.

522.000 abgeschlossenen Ausbildungsverträge

Mit rund 522.000 sank die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2015 im Vergleich zum Vorjahr. Auch die Zahl der unversorgten Bewerber ging leicht zurück. Doch immer noch rund 20.000 junge Menschen konnten im vergangenen Jahr keine passende Lehrstelle finden.

Damit bleibt, so die Bundesbildungsministerin, das „Matching“-Problem, dass Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt offenbar nicht zusammenpassen, bestehen: „Das ist eines unserer Probleme, dass die Wünsche der Jugendliche zu den Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt passen müssen“, räumte die CDU-Politikerin ein.

Weniger Betriebe bilden aus

Als einen Grund für die steigende Zahl der offenen Ausbildungsplätze nannte Wanka die demografische Entwicklung: „Wenn es weniger junge Menschen gibt, dann macht sich das auch auf dem Ausbildungsmarkt bemerkbar“. Eine weitere Ursache für die sinkenden Ausbildungszahlen sei das seit Jahren steigende Interesse junger Menschen an einem Studium. Als Folge sei die Ausbildungsquote 2015 erstmals auf 20 Prozent gesunken.

„Sorge“ bereite der Bundesregierung, so die Ministerin, insbesondere, dass sich immer weniger kleine Betriebe ausbildeten. Laut dem aktuellen Bericht haben rund 8.200 Betriebe die Ausbildung eingestellt. „Sie tun das auch aus Resignation darüber, in den vergangenen Jahren keine passenden Auszubildenden mehr gefunden zu haben“, erklärte Wanka.

Wanka kündigt Kampagne für Ausbildungsberufe an

Die Bildungsministerin stellte in Aussicht, mit einer breit angelegten Informationskampagne die gesellschaftliche Bedeutung von über 300 Lehrberufen verdeutlichen zu wollen. Junge Leute sollten sehen, dass eine duale Ausbildung „vielfältige Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten“ biete. Zugleich verstärke die Bundesregierung die Bemühungen, jungen Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz in einem Handwerksberuf zu vermitteln, erklärte Wanka: „Das ist eine große Chance, gerade vor dem Hintergrund, dass Nachwuchskräfte im Handwerk dringend gesucht werden.“

Hein: Berufsbildungsgesetz anpassen

Rosemarie Hein, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, betonte, die „positive Sicht“ der Bildungsministerin teile sie nicht, seit Jahren stagniere die Zahl der Ausbildungsplätze. Von Wanka wollte Hein deshalb erfahren, ob sie nicht auch Bedarf für eine Anpassung des Berufsbildungsgesetzes sehe.

Das verneinte Wanka: „Wenn man sich vor Augen hält, dass die Zahl der Jugendlichen um 15 Prozent gesunken ist und die Zahl der Ausbildungsverträge seit 2005 um neun Prozent, dann verdeutlicht das, welcher enormen Herausforderung wir gegenüberstehen.“ Eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes halte sie daher nicht für notwendig: „Es gibt kein Indiz, dass es am Gesetz liegt.“

Rossmann: Übergangssystem zu Einstiegssystem umbauen

Dr. Ernst-Dieter Rossmann, Sprecher der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der SPD-Fraktion, zeigte sich besorgt über die wachsende Zahl junger Menschen, die Bildungsangebote im Rahmen des sogenannten Übergangssystems nutzen. „Es war ein Erfolg, dass in den vergangenen Jahren das Übergangssystem zurückgegangen ist“, betonte Rossmann und erkundigte sich: „Wie können wir es besser ausrichten, so dass Jugendlichen der Einstieg in eine Berufsausbildung gelingt?“

Wanka gab Rossmann recht, dass das Übergangssystem derzeit noch ein „sehr breit gefächertes Angebot“ umfasse und strukturierter gestaltet werden müsse. „Unser Ziel ist ein Einstiegssystem für all diejenigen, die noch zusätzliche Hilfe benötigen, um eine Ausbildung aufzunehmen.“

Pothmer: Demotivierend, teuer, schlecht

Auch Brigitte Pothmer äußerte „tiefe Besorgnis“ über die steigende Zahlen der Jugendlichen, die im „Übergangssystem geparkt“ würden: „Das System erfüllt nicht seine Aufgabe“, kritisierte die Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik von Bündnis 90/Die Grünen: „Es demotiviert die Jugendlichen, es ist teuer und schlecht.“

Bundesbildungsministerin Wanka widersprach diesem Urteil. Zudem bemühe sich die Bundesregierung seit Jahren darum, die Zahlen im Übergangssystem zu senken. 2015 seien sie erstmals um sieben Prozent gestiegen. Das liege vor allem an jungen Flüchtlingen, denen durch zusätzliche Bildungsangebote der Weg zu einem Ausbildungsplatz geebnet werden solle, so Wanka.

Feist: Folge der Abschaffung des Meisterzwangs

Dr. Thomas Feist (CDU/CSU), Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, wollte wissen, ob die sinkende Zahl der Ausbildungsbetriebe nicht auch eine Folge des 2004 im Zuge der Hartz-Reformen in vielen Handwerksberufen abgeschafften Meisterbriefs sei.

Diesen Zusammenhang sah auch Wanka: „Weil der Meisterbrief heute nicht mehr überall Voraussetzung ist, um ein Unternehmen zu gründen, ist natürlich die Zahl der Betriebe gestiegen, die gar nicht ausbildungsberechtigt sind.“ (sas/27.04.2016)