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Cum/Ex-Ausschuss setzt Zeugenbefragung fort

Der 4. Untersuchungsausschuss (Cum/Ex) hört in seiner nächsten öffentlichen Sitzung am Donnerstag, 2. Juni 2016, fünf weitere Zeugen. Unter Vorsitz von Dr. Hans-Joachim Krüger (SPD) wollen die Ausschussmitglieder ab 13 Uhr im Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses in Berlin von den Bankenvertretern genauer wissen, was den Bundesverband deutscher Banken (BdB) bewogen hatte, das Bundesfinanzministerium im Dezember 2002 auf die Problematik der Leerverkäufe von Aktien um den Dividendenstichtag hinzuweisen und einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten.

Mehrfache Erstattung von Kapitalertragsteuer

Bei diesen sogenannten Cum/Ex-Geschäften kam es zwischen 1999 und 2011 zu einer mehrfachen Erstattung beziehungsweise Anrechnung von tatsächlich nur einmal einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer. 

Bekannt ist aus der bisherigen Zeugenbefragung, dass dem Bankenverband die Problematik von Aktiengeschäften um den Dividendenstichtag seit den siebziger Jahren bekannt war, die seither von den Banken ergriffenen Maßnahmen aber nicht ausreichten, um eine Haftung wegen falscher Steuerbescheinigungen auszuschließen. Mit dem Brief des Bankenverbandes sollte laut Zeugenaussagen eine gesetzliche Regelung zumindest für inländische Fälle angestoßen werden.

Gespräche mit Clearstream im Fokus

Befragt werden am kommenden Donnerstag die Bankmanager Karlheinz Jankowsky, Joachim Zimmermann und Dr. Götz Weitbrecht. Sie hatten als Mitglieder des BdB-Ad-hoc-Arbeitskreises „Aktiengeschäfte in zeitlicher Nähe zum Ausschüttungstermin“ mit Vertretern der Abwicklungsgesellschaft Clearstream nach Angaben aus dem Umfeld des Ausschusses Anfang September 2002 Gespräche über eine Lösung der Steuerproblematik geführt. Nach den dem Ausschuss vorliegenden Akten habe Clearstream dies aber als nicht machbar bezeichnet, da ausländische Leerverkäufe nicht erkennbar seien. Im Ergebnis habe dies dann zu dem BdB-Scheiben vom Dezember 2002 geführt.

Der Cum/Ex-Ausschuss hatte die für die Abwicklung von Wertpapiergeschäften zuständige Gesellschaft Ende April aufgefordert, sämtliche Unterlagen herauszugeben, die sich auf Aktiengeschäfte um den Dividendenstichtag herum beziehen. Laut Beweisbeschluss soll Clearstream den Verbänden der Kreditwirtschaft die Abwicklung solcher Geschäfte erläutert und zu möglichen Rechtsänderungen Stellung genommen haben. Vertreter von Clearstream sollen in einer der nächsten Ausschusssitzungen gehört werden.

Deutsche-Bank-Manager schrieben an Bankenverband

Im Zusammenhang mit dem BdB-Brief und den Gesprächen mit Clearstream steht am Donnerstag auch die Befragung der Zeugen Erhard Ullrich und Gerhard Baumrucker. Die beiden waren nach Angaben aus dem Umfeld des Ausschusses als leitende Mitarbeiter der Deutschen Bank Mitverfasser eines Briefes des Instituts vom 21. Mai 1997, in welchem dem Bankenverband Vorschläge zur Regelung von Wertpapiergeschäften um den Dividendenstichtag übermittelt worden sein sollen.

In der vorhergehenden Sitzung des Ausschusses hatten die früheren BdB-Mitarbeiter Hans-Jürgen Krause, Thomas Weisgerber und Dr. Matthias Geurts als Zeugen zur Rolle des Bankenverbandes bei der Cum/Ex-Problematik ausgesagt und Beweggründe für dessen Vorgehen genannt. Dazu hätten unter anderem Haftungsrisiken gezählt.

Sorge wegen Haftungsrisiken

Ungeachtet des BdB-Briefes vom Dezember 2002 hatte die Bundesregierung Cum/Ex-Geschäften über inländische Banken erst mit dem Jahressteuergesetz 2007 einen Riegel vorgeschoben. Über ausländische Banken waren diese aber bis 2011 weiterhin möglich. Der dem Fiskus durch diese Geschäfte gegebenenfalls entstandene Schaden wird auf etwa zwölf Milliarden Euro geschätzt.

Der Ausschuss soll die Ursachen der Entstehung dieser Geschäfte und ihre Entwicklung untersuchen und klären, ob und wenn ja, wann – rechtzeitig – geeignete Gegenmaßnahmen von Stellen des Bundes ergriffen wurden, ob diese ausreichten und wer gegebenenfalls jeweils die Verantwortung in diesem Zusammenhang trug. Die Bundesregierung hatte nach eigenem Bekunden (18/1603) Cum/Ex-Geschäfte lange lediglich als abstrakte Möglichkeit gesehen und nicht als Gestaltungsmodell. Erst nach dessen Bekanntwerden 2009 habe man reagiert. (mwo/26.05.2016)

Zeit: Donnerstag, 2. Juni 2016, 13 Uhr
Ort:  Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 400

Interessierte Besucher können sich im Sekretariat des Untersuchungsausschusses unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden (E-Mail: 4.ua@bundestag.de, Fax: 030/227-36526). Zum Einlass muss ein Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030(227-32929 oder 32924) anmelden.

Liste der geladenen Zeugen