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Berlin: (hib/AW) Experten bewerten Forderungen nach einem Restitutionsgesetz für NS-Raubkunst skeptisch. Allerdings müsse die Provenienzforschung in Deutschland verstärkt und besser vernetzt werden. Dies war der vorherrschende Tenor einer öffentlichen Anhörung des Kulturausschusses zum Thema Provenienzforschung und Restitution von verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern während der nationalsozialistischen Diktatur. Grundlage der Anhörung war ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/3046), in dem die Fraktion die Bundesregierung auffordert, ihre Maßnahmen auf diesem Feld zu verstärken.
Julius H. Schoeps, Vorstandvorsitzender der Moses Mendelssohn Stiftung, sprach sich als einziger Sachverständiger eindeutig für ein Restitutionsgesetz aus, mit dem das Prinzip der Beweislast umgekehrt wird. Als Vorbild nannte er ein entsprechendes Gesetz in Österreich, nach dem die staatlichen Museen beweisen müssen, dass es sich bei ihren Sammlungsstücken nicht um Raubkunst handelt. In Deutschland müsse ein solches Gesetz sowohl vom Bund als auch von allen Bundesländern verabschiedet werden, sagte Schoeps.
Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, wies diese Forderung zurück. Ein solches Gesetz habe in der Praxis letztlich keine Relevanz. Schon heute könne es sich kein staatliches Museum mehr erlauben, ein Kunstwerk nicht an die Erben der rechtmäßigen Eigentümer zu restituieren, wenn es als Raubkunst identifiziert wird. Viel entscheidender sei es, die Provenienzforschung in Deutschland weiter zu entwickeln. Vor allem kleineren Museen, die nicht über die entsprechenden Ressourcen verfügen, müsse dabei geholfen werden ihre Sammlungen zu überprüfen, sagte Parzinger. Dieser Forderung schloss sich auch der Uwe M. Schneede, Vorstand der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste, an. Er sprach sich zudem dafür aus, dass die Landesregierungen nach dem Vorbild des Bundes von ihren Museen jährliche Berichte über die Fortschritte bei der Provenienzforschung einfordern sollten.
Die Leiterin der Taskforce "Schwabinger Kunstfund", Ingeborg Berggreen-Merkel, bewertete die Forderung nach einem Restitutionsgesetz zurückhaltend. Für staatliche Museen sei ein solches Gesetz nicht nötig, da sie den Prinzipien der Washingtoner Erklärung unterworfen seien. Für private Kunstsammlungen hingegen würden jedoch die gesetzlichen Verjährungs- und Ersitzungsfristen gelten. Wenn überhaupt, dann müsse der Gesetzgeber an dieser Stelle ansetzen. In diesem Sinne äußerten sich auch die Rechtsanwältin Jutta Freifrau von Falkenhausen und die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen. Eine Umkehrung der Beweislast sei schon deshalb schwierig, da sich in vielen Fällen eine lückenlose Provenienz von Kunstwerken nicht erstellen ließe.
Einigkeit herrschte zwischen den Experten, dass auch Enteignungen und der Kulturgutverlust in der DDR verstärkt untersucht werden sollen. Dies stecke noch in den Kinderschuhen, sagte Ute Haug, Vorstandvorsitzende des Arbeitskreises Provenienzforschung.
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