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"Dieser Terminkalender ist echt erstaunlich." Anna Laszlo ist beeindruckt. "Auch an den Wochenenden hat sie zu tun", stellt die junge Rumänin fest. Sie - das ist die SPD-Abgeordnete Susanne Kastner, bei der die 25-jährige IPS-Stipendiatin derzeit ein Praktikum absolviert. Ein Praktikum, bei dem auch Anna Laszlo viel zu tun hat. "Der Schwerpunkt meiner Arbeit sind die deutsch-rumänischen Beziehungen", sagt sie.
Schließlich ist Susanne Kastner nicht nur Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, sondern auch der Deutsch-Rumänischen Parlamentariergruppe. Für Anna Laszlo bedeutet das, Reisen zu organisieren, Briefe an rumänische Minister, Staatssekretäre und Abgeordnete zu schreiben und zu übersetzen.
"Ich bin froh, auch mal die Mitglieder der Parlamentariergruppe kennenzulernen und verschiedene Sachen für das deutsch-rumänische Forum zu organisieren", sagt sie. Die Vorsitzende dieser "Dachorganisation" heißt im Übrigen auch Susanne Kastner.
Was die Arbeit der SPD-Abgeordneten im Verteidigungsausschuss angeht, so ist hier für Anna Laszlo eher "Beobachten und auch mal Protokollführen" in Arbeitsgruppen- und Arbeitskreissitzungen angesagt. In die eigentlichen Ausschusssitzungen darf sie nicht mitgehen, denn: "Da dürfen nur sicherheitsüberprüfte Mitarbeiter rein."
Zuletzt war sie mit Kastner in deren Wahlkreis unterwegs. "Da reihte sich auch ein Termin an den anderen", sagt sie. Viel zu tun zu haben, findet sie gut: "Es ist doch toll, von Anfang an wichtige Aufgaben übernehmen zu dürfen."
Auf die Idee, sich für das IPS-Programm zu bewerben, brachte sie eine Dozentin ihrer Fakultät an der Universität von Cluj. "Cristina Bojan war 2005 als Praktikantin ebenfalls im Büro von Frau Kastner", erzählt Anna Laszlo.
Damals hatte die Politikerin noch als Vizepräsidentin des Bundestages fungiert. Die Dozentin Bojan hatte später bei mehreren Veranstaltungen für das IPS-Programm geworben.
"Das ist doch was für mich", dachte sich dann Anna Laszlo, die "hinter die Kulissen schauen und den Betrieb von innen kennenlernen" will. Nicht zuletzt auch, um den deutschen mit dem rumänischen Parlamentarismus vergleichen zu können. Um das Praktikum absolvieren zu können, habe sie sogar ihre Promotion verschoben, erzählt die aus Siebenbürgen stammende 25-Jährige, die einen Masterstudiengang an der Fakultät für Europastudien erfolgreich absolviert hat.
Ihre Heimatstadt Cluj - zu deutsch Klausenburg - ist, wenn man so will, ein kleiner europäischer Kosmos. In der späten Antike von den Römern gegründet, ist es eine von rumänischer, ungarischer und österreichischer Kultur geprägte Stadt, in der einst viele Deutsche siedelten. Deren Nachfahren seien zumeist nach der Wende nach Deutschland gegangen, sagt Anna Laszlo.
Inzwischen kämen aber viele zeitweilig zurück. "Die Alten, um ihren Lebensabend in der Heimat zu verbringen, die Jungen, um mehr von der Kultur und der Sprache ihrer Eltern kennenzulernen", sagt sie. Der Hauptgrund aber ist: "Bei uns ist es einfach sehr schön!"
Kein Wunder, dass auch Anna Laszlo ihre berufliche Zukunft in Verbindung mit Rumänien sieht. "Ich würde gerne politische Bildung betreiben", sagt sie. "Das ist in Rumänien noch immer eine große Baustelle."
Das Interesse am Parlamentarismus sei wenig ausgeprägt, die Wahlbeteiligung gering. Zu den Europawahlen seien gerade einmal 27,7 Prozent der Bevölkerung gegangen.
"Das ist total wenig, obwohl seit dem Vertrag von Lissabon das EU-Parlament mehr Rechte hat und dort auch rumänische Interessen wahrgenommen werden könnten", zeigt sie sich enttäuscht. Politische Bildung in der Schule gebe es nur in Ansätzen.
Viele der in diesen Bereich tätigen - auch deutschen - Stiftungen würden zudem ihre Veranstaltungen auf Bukarest und die größeren Städte beschränken. "Die Zivilgesellschaft in Rumänien muss erst noch aufgebaut werden", lautet ihr Fazit. Dabei will sie mithelfen.
Wie ihre Heimatstadt ist auch Anna Laszlo selbst multikulturell geprägt. "In meinem Stammbaum findet sich alles was es einst in der habsburgischen Monarchie gab", sagt sie.
Rumänisch ist ihre Staatsbürgerschaft, der Name ist ungarisch, ein "deutscher Bildungshintergrund" ist vorhanden und auch deutsche, jüdische, tschechische und ukrainische Wurzeln finden sich. (Ost)-Europäischer kann man wohl nicht sein.
Den deutschen Bildungshintergrund verdankt sie in gewissem Sinne einem Onkel, der lange in Deutschland gelebt hat. "Er hat Videos mit Kindersendungen nach Rumänien geschickt. So habe ich mit vier Jahren angefangen, durch Fernsehen Deutsch zu lernen." Als ihre Eltern merkten, dass Anna Freude am Umgang mit der Sprache hat, schickten sie sie auf die deutsche Schule von Klausenburg. "Dort habe ich dann zwölf Jahre Deutsch als Muttersprache gelernt."
Davon profitiert sie nun natürlich bei ihrem fünfmonatigen Berlin-Aufenthalt, den sie auch nutzt, um ein Seminar an der Humboldt-Universität zu belegen. "Krise der Demokratie?" heißt der vom Sozialwissenschaftler Wolfgang Merkel angebotene Kurs.
Die 26-Jährige, die gern und viel zeichnet und fotografiert nutzt die Zeit auch, um die Stadt kulturell besser kennenzulernen. "Wir IPSler haben einen intensiven Kontakt untereinander", erzählt sie. Ob Konzerte oder Museumsbesuche: "Wir haben ziemlich viel von unserer Berliner Zeit", sagt die Stipendiatin.
Wenn das Praktikum im Juli zu Ende geht, wird demnach der ein oder andere mit Wehmut von der deutschen Hauptstadt scheiden. Bei Anna Laszlo, so scheint es, könnte dies auch der Fall sein. (hau)