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Die von der Bundesregierung geplante gesetzliche Frauenquote für Führungspositionen in der Privatwirtschaft und der Bundesverwaltung trifft im Bundestag weitgehend auf Zustimmung. Die Regelung sei ein Meilenstein und in einer Reihe mit der Schaffung des Wahlrechtes für Frauen zu sehen, sagte Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) während der ersten Lesung am Freitag, 30. Januar 2015. Von einer „historischen Zäsur“ sprach Dr. Carola Reimann (SPD). Frauen und Männer aus allen politischen Lagern und aus den Reihen der Zivilgesellschaft hätten dafür gekämpft, sagte sie.
Bei aller Freude müsse man konstatieren, dass das Gesetz viele Pferdefüße habe, befand hingegen Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen). So gelte die gesetzliche Verpflichtung zu der Quote lediglich für 108 Unternehmen. Das Gesetz sehe lediglich ein „Quötchen“ vor, bemängelte auch Caren Lay (Die Linke). Dafür habe sich der Aufwand nicht gelohnt. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) sah das anders. Das Gesetz werde einen Kulturwandel in den Unternehmen einleiten, gab sie sich optimistisch.
Der von Schwesig und Justizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegte Gesetzentwurf (18/3784) sieht eine Frauenquote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen vor. Diese Quote soll ab 2016 sukzessive umgesetzt werden. Zudem sollen Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, verpflichtet werden, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und den oberen Management-Ebenen festzulegen. Von dieser Verpflichtung sollen etwa 3.500 Unternehmen betroffen sein.
Geregelt wird auch, dass in Aufsichtsgremien, in denen der Bund mit mindestens drei Sitzen vertreten ist, ab 2016 eine Frauenquote von 30 Prozent, ab 2018 von 50 Prozent gelten soll. Zudem soll die Bundesverwaltung Zielvorgaben zur Steigerung des Frauenanteils auf der Führungsebene erlassen.
Allein die Diskussion über den Gesetzentwurf habe in den Unternehmen für Bewegung in dieser Frage gesorgt, sagte Ministerin Schwesig während der Debatte. Mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, führe auch dazu, dass „gleiche Chancen in Unternehmen und Verwaltungen selbstverständlicher werden“, zeigte sie sich optimistisch. Dass es Gesetze brauche, um dies voranzubringen habe damit zu tun, dass die Gleichstellung eben noch nicht verwirklicht sei.
Schwesig machte zugleich deutlich, dass es falsch sei, im Zusammenhang mit der Quote von einer Belastung der Wirtschaft zu sprechen. Vielmehr sei das Ganze auch ein „Innovationsgesetz“. Schließlich sei bekannt, „dass Unternehmen mit gemischten Teams erfolgreicher sind“.
Selbstbeweihräucherung sei völlig fehl am Platz, befand hingegen Caren Lay. Angesichts des vorgelegten Gesetzes erscheine es völlig lächerlich, dass sowohl die Union als auch die Wirtschaft dagegen auf die Barrikaden gegangen seien, sagte die Linke-Abgeordnete. Statt mit 50 Prozent gebe sich die Bundesregierung mit 30 Prozent zufrieden, kritisierte sie. Zudem seien davon nur 108 Unternehmen betroffen.
Für alle anderen würden nach wie vor freiwillige Selbstverpflichtungen gelten, die schon in der Vergangenheit nichts gebracht hätten. Völlig absurd sei es jedoch, so Lay weiter, die bislang im öffentlichen Dienst geltende 50 Prozent-Quote auf 30 Prozent zurückzuführen, wie es durch die Neuregelung geplant sei.
Von einer ausgewogenen Regelung sprach Elisabeth Winkelmeier-Becker. Es sei etwas geändert worden, „ohne über das Ziel hinauszuschießen“, sagte die Unionsabgeordnete. Aus ihrer Sicht ist es richtig, „nicht zu hohe Hürden aufzubauen, die die Akzeptanz verhindern würden“. Ihr Fraktionskollege Marcus Weinberg machte deutlich, dass künftig nicht Frauen den Männern vorgezogen werden sollen. „Alle sollen die gleichen Chancen erhalten“, betonte er und sprach von einer Ressourcenverschwendung, „wenn top-qualifizierte Frauen nicht auch Top-Verantwortung übernehmen“.
Wichtig aus seiner Sicht, so Weinberg weiter, ist es, „beim Thema Bürokratie das Kind nicht mit dem Bade auszuschütten“. Das sei mit dem Gesetzentwurf gelungen, der maßvolle Vorgaben an die Privatwirtschaft enthalte. „Wir verlassen uns aber eben nicht mehr auf die reine Freiwilligkeit“, sagte er.
Die Vergangenheit habe gezeigt, dass derartige Selbstverpflichtungen nichts nutzen würden, sagte Katja Dörner, die allen dankte, „die für die gesetzliche Quote in Aufsichtsräten geackert haben“. Die im Gesetz festgeschriebenen 30 Prozent seien durchaus ein „anständiger Spatz in der Hand“, so die Grünen-Abgeordnete, die darauf hinwies, dass ihre Fraktion eine 40-prozentige Quote gefordert habe.
Problematisch sei jedoch, dass nur 108 Unternehmen von der Pflicht betroffen seien. „Man hätte auch die 3.500 Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmungspflichtig sind, mit ins Boot nehmen sollen“, schlug Dörner vor.
Mit dem Gesetz werde die männliche Monokultur in den Führungsetagen der Unternehmen beendet, freute sich Carola Reimann. Dass Frauen nun selbstverständlich in Top-Positionen zu finden sein werden, sorge für einen Modernisierungsschub bei den Unternehmen, sagte die SPD-Abgeordnete. Reimann machte zugleich deutlich, dass das Gerede von Frauen, die eine Belastung für die Unternehmen darstellten, „in empörender Weise unverschämt und dumm ist“. Von der Regelung, so zeigte sie sich überzeugt, würden zuallererst die Unternehmen selbst profitieren.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium Christian Lange (SPD) sagte, das Gesetz beende die jahrzehntelange Auseinandersetzung, wie Artikel 3 des Grundgesetzes durchgesetzt werden kann. Lange zeigte sich zuversichtlich, dass die Quote zu einem Kulturwandel führen werde. Zugleich sei sie das beste Mittel gegen den Fachkräftemangel. (hau/30.01.2015)