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Nachdem es in der Vergangenheit immer wieder heftige Kritik an diversen Wechseln von Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft gegeben hat, hat das Bundeskabinett am Mittwoch, 4. Februar 2015, einen vom Bundesinnenministerium vorgelegten Gesetzentwurf beschlossen, der künftig die Modalitäten solcher Wechsel regeln soll.
Diesen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesministergesetzes und des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre“ stellte Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) in der anschließenden Regierungsbefragung im Plenum des Bundestages vor. Danach musste er sich viele kritische Fragen von der Opposition gefallen lassen.
Der Entwurf sehe vor, dass amtierende und ehemalige Mitglieder der Bundesregierung dieser anzuzeigen haben, wenn sie beabsichtigten, innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden aus der Bundesregierung einer Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes nachzugehen, erläuterte der Minister in seinem einleitenden Bericht.
„Dabei kann die angestrebte Beschäftigung untersagt werden, wenn durch ihre Aufnahme öffentliche Interessen beeinträchtigt werden können. Die Untersagung soll in der Regel ein Jahr nicht überschreiten, kann in Ausnahmefällen aber auch auf einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten ausgedehnt werden“, so de Maizière weiter.
Die Entscheidung über die Untersagung solle künftig die Bundesregierung treffen, und zwar auf Empfehlung eines beratenden Gremiums. Die Mitglieder dieses aus drei Personen bestehenden Gremiums sollen laut Gesetzentwurf Funktionen an der Spitze staatlicher oder gesellschaftlicher Institutionen wahrgenommen haben oder über Erfahrungen in einem wichtigen politischen Amt verfügen. Die Entscheidung der Bundesregierung werde mit der Empfehlung des beratenden Gremiums veröffentlicht.
Werde die angestrebte Beschäftigung untersagt, stehe den Betroffenen für die Dauer der Karenzzeit ein Anspruch auf Übergangsgeld zu. Das Gesetz, darauf wies de Maizière explizit hin, gelte selbstverständlich auch für den Bundeskanzler beziehungsweise die Bundeskanzlerin.
Mit den vom Kabinett beschlossenen Regelungen, so de Maizière abschließend, habe die Große Koalition ein transparentes Verfahren geschaffen, das dazu beitragen werde, zum einen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung nicht zu beeinträchtigen und zum anderen die Betroffenen vor Unsicherheit oder ungerechtfertigter Kritik zu schützen.
Das sahen vor allem Vertreter der Opposition anders. So wollte Halina Wawzyniak (Die Linke) wissen, warum sich die Bundesregierung für eine Kann-Regelung entschieden habe, anstatt eine Pflicht-Karenzzeit einzuführen.
Darauf erwiderte de Maizière, dass der Anwendungsbereich des Gesetzes bewusst breit gewählt sei. So solle es etwa auch für Fälle gelten, in denen ein Minister in seinen früheren Beruf zurückkehre. „Wenn der Anwendungsbereich aber so weit ist, ist es nicht sinnvoll, eine verpflichtende Karenzzeit einzuführen“, argumentierte der Bundesinnenminister. Der entscheidende Punkt sei, ob ein Interessenkonflikt vorliege. Ein solcher Interessenkonflikt solle verhindert werden – und nur dieser.
Dr. Petra Sitte (Die Linke) fragte, warum sich die Bundesregierung für eine dreiköpfige Kommission als beratendes Gremium entschieden habe und welche Verbindlichkeit die Empfehlung dieses Gremiums haben werde.
Der Minister gab zur Antwort, dass es der Bundesregierung wichtig gewesen sei, ein externes Element in die Entscheidung über die Verhängung einer Karenzzeit einzubeziehen. Im Übrigen gehe er davon aus, dass die Empfehlung dieses Gremiums aufgrund der Qualität der Leute, die ihm angehören würden, „ein ziemliches Gewicht“ haben werde.
Gleich mehrere Abgeordnete bezogen sich in ihren Fragen auf den aktuellen Fall Katherina Reiche (CDU/CSU): Jüngst war bekannt geworden, dass die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zum 1. September Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen wird, was zu heftigen Diskussionen in der Öffentlichkeit geführt hatte.
So stellte etwa Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) die „abstrakte Frage“, ob ein Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium, der vorhabe, an die Spitze des Verbandes kommunaler Unternehmen zu wechseln, unter das geplante Gesetz falle. Und sein Fraktionskollege Oliver Krischer wollte ganz konkret wissen, seit wann der Bundesinnenminister von dem bevorstehenden Wechsel von Frau Reiche gewusst habe und ob es einen Zusammenhang mit dem jetzt vorgestellten Gesetzentwurf gebe.
De Maizière antwortete, ihm sei der geplante Wechsel von Frau Reiche seit einigen Tagen aus der Presse bekannt. Die Karenzzeiten-Regelung sei hingegen ein Teil der Koalitionsvereinbarung. „Insofern sehe ich da keinen Zusammenhang“, so der Minister.
Auf die Frage von Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen), ob Frau Reiche im Falle ihrer Wahl an die Spitze des Verbandes kommunaler Unternehmen ihr Zuständigkeitsbereich im Verkehrsministerium entzogen werde, sagte der Bundesinnenminister, das habe mit dem vorgestellten Gesetzentwurf nichts zu tun. Vielmehr sei dies eine Entscheidung des zuständigen Fachministers. (nal/04.02.2015)