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Seit 2002 ist Veronika Bellmann Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie ist eine geradlinige, aber streitbare Politikerin. Manche sagen sogar, sie sei unbequem, weil sie im Parlament nicht immer mehrheitlich mit ihrer Fraktion abstimmt. Veronika Bellmann sagt, sie sei als Parlamentarierin in erster Linie ihrem Gewissen verpflichtet, und das komme in ihrem Abstimmungsverhalten im Bundestag zum Ausdruck. „Für mich gilt das Motto: klare Werte, klare Worte. Das kann durchaus unbequem sein, aber es entspricht meiner Haltung“, erklärt die Politikerin.
Ob Hilfspaket für Griechenland oder Abschaffung der Solarförderung, Veronika Bellmann stimmte dagegen. Für diese Haltung hat sie den Rückhalt der Menschen in ihrem Wahlkreis, denn bei der Bundestagswahl 2013 gewann die Abgeordnete aus Sachsen 51,9 Prozent der Erststimmen im Wahlkreis 161 Mittelsachsen.
Sie verbesserte ihr Wahlergebnis von 2009 damit um fast zehn Prozent und war nach Kanzlerin Angela Merkel und Bundesminister Thomas de Maizière die CDU-Abgeordnete mit dem höchsten Wahlergebnis Ostdeutschlands.
Veronika Bellmann trat vor 25 Jahren in die CDU ein, legt aber großen Wert auf die Feststellung, dass sie in der DDR keiner Partei angehörte. Die gelernte Krippenerzieherin wuchs in einer christlichen Familie katholischen Glaubens auf. Veronika Bellmann nahm auch nicht an der Jugendweihe teil, sondern an Kommunion und Firmung. Sie erinnert sich: „Zur Jugendweihe sollten alle Jugendlichen mit 14 Jahren ein Gelöbnis auf die DDR, auf Sozialismus und Atheismus ablegen. Ich bin Christin, ein solches Gelöbnis kam für mich nicht in Frage. Ich verweigerte mich, auch wenn ich schon als Jugendliche wusste, dass ich Probleme bekommen würde.“
Sie sollte Recht behalten. Ihre Entscheidung war konsequent und mutig, führte aber dazu, dass Veronika Bellmann trotz bester Zeugnisse kein Abitur machen durfte – ein Studium an einer Universität war damit ausgeschlossen. In der DDR galt die Losung: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ Die Verweigerung der Jugendweihe war ein Bekenntnis gegen die DDR, und diese Menschen wurden als politisch unzuverlässig eingestuft.
Veronika Bellmann absolvierte nach der Mittleren Reife ein Fachschulstudium an der Medizinischen Fachschule Neukirchen und wurde Krippenpädagogin.
Sie sagt: „Obwohl ein Fachschulstudium in der DDR auch ohne Abitur möglich war, hatte ich Schwierigkeiten, diesen Studienplatz zu bekommen. Abgesehen davon, dass ich bereits den Stempel ,nicht staatstreu' trug, arbeitete mein Vater, der Kriegsinvalide war, nicht in der Produktion, sondern in einem Büro. Deshalb galten wir nicht als Arbeiterfamilie, und in der DDR sollten in erster Linie Kinder aus Arbeiterfamilien studieren.“ Veronika Bellmann schaffte es unter großen Anstrengungen und wegen ihrer ausgezeichneten Zeugnisse letztlich doch, dass die Fachschule sie aufnahm.
Politisch aktiv wurde Veronika Bellmann, als offensichtlich wurde, dass die Ergebnisse der Kommunalwahl vom 7. Mai 1989 manipuliert waren. Das offizielle Wahlergebnis betrug 98,85 Prozent, und daran zweifelte nicht nur Veronika Bellmann. Sie sagt: „Dass es sich um Wahlfälschung handeln musste, stand für mich außer Frage. Seit den achtziger Jahren flohen die Bürger in Scharen in den Westen, und die Honecker-Regierung tat immer noch so, als seien das Einzelfälle. Es war unerträglich, so eingesperrt zu sein und für dumm verkauft zu werden.“
Nach der Kommunalwahl gründete sie mit anderen Bürgern aus ihrem Heimatort Eppendorf eine Bürgerinitiative. „Die befasste sich anfangs mit Gesundheits- und Umweltthemen, aber im Laufe der Zeit kamen immer mehr Themen dazu und auch Bürger, die mitarbeiten wollten. Als am 9. November 1989 die Mauer fiel, verfolgte ich die Ereignisse zu Hause vor dem Fernseher, und ich wusste sofort, dass die DDR untergehen würde“, sagt die Politikerin.
Im Mai 1990 trat Veronika Bellmann in die CDU ein. Sie erinnert sich: „Damals gab es in der CDU fast nur ältere Herren, und ich fand, dass die Partei frischen Wind durch junge Mitglieder aus dem Osten und vor allem engagierte Frauen nötig hat.“ Sie war damals 30 Jahre alt. Es war der Beginn ihrer politischen Karriere, die sie über die Kommunalpolitik in die Landespolitik führte. Zehn Jahre war sie Mitglied im CDU-Kreisvorstand von Freiberg, wurde im den Kreistag Flöha stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende und war Mitglied im CDU-Landesvorstand Sachsen. Der Kommunalpolitik ist sie bis heute im CDU-Kreisvorstand Freiberg und im Kreistag Mittelsachsen treu.
Veronika Bellmann absolvierte Anfang der 1990er Jahre eine Anschlussqualifizierung zur staatlich anerkannten Erzieherin und Sozialarbeiterin und danach eine Weiterbildung zur Verwaltungs-Betriebswirtin (VWA). Von 1992 bis 1994 war sie Sozialarbeiterin in der Jugendgerichtshilfe. Über diese Zeit sagt sie: „Die Arbeit mit jugendlichen Straftätern war sehr lehrreich, denn ich bekam sowohl einen guten Einblick ins bundesdeutsche Rechtssystem als auch in den sozialen Fürsorgebereich.“
Im Jahr 1994 wurde Veronika Bellmann in den Sächsischen Landtag gewählt. Damals war Kurt Biedenkopf sächsischer Ministerpräsident und für die Sachsen der ideale Landesvater. Er traf den Nerv vieler Sachsen und unterstützte die Kandidaturen von sächsischen Kandidaten für politische Ämter. Veronika Bellmann kandidierte wohl auch deshalb auf einem aussichtsreichen Listenplatz.
Der Einzug in den sächsischen Landtag klappte. „Ich übernahm damals die Themenfelder Wissenschaft, Hochschulen, Kultur und Medien und war eine begeisterte Medienpolitikerin“, sagt die Abgeordnete. Bei ihrer zweiten Kandidatur, fünf Jahre später, war ihr Listenplatz nicht mehr so komfortabel, aber Veronika Bellmann kämpfte dennoch erfolgreich für ihr Landtagsmandat.
Im Jahr 2002 kandidiert die Sächsin erstmals für den Deutschen Bundestag, weil der Freiberger Bundestagsabgeordnete Joachim Schmidt aus Altersgründen nicht mehr antrat. Veronika Bellmann warf ihren Hut in den Ring und erzählt: „Ich bewarb mich um die Nachfolge von Joachim Schmidt, hatte aber einen Mitbewerber. Er war Richter am Sozialgericht und lebte erst anderthalb Jahre in Sachsen.
Zur Nominierungsveranstaltung waren fast 800 Mitglieder gekommen, um über den Kandidaten beziehungsweise die Kandidatin abzustimmen. Ich wurde mit 25 Stimmen Vorsprung zur Bundestagskandidatin gewählt.“
Bei ihrem ersten Wahlkampf bei einer Bundestagswahl kannten viele Wähler die Kandidatin Veronika Bellmann noch nicht. Das änderte sich schnell, denn die engagierte Politikerin kann auf Menschen zugehen und ihre Positionen glaubwürdig vertreten. Am Ende des Wahlkampfs hatte Veronika Bellmann so viel Vertrauen bei den Menschen gewonnen, dass sie mit 43,6 Prozent der Erststimmen in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.
„Es war ein großartiges Gefühl, als ich mein Wahlergebnis sah“, sagt die Abgeordnete. Veronika Bellmann konnte das gute Ergebnis aus dem Jahr 2002 bei den Bundestagswahlen 2005 und 2009 jedes Mal verbessern. Im Jahr 2013 gelang ihr dann eine kleine Sensation. Sie steigerte ihr Erststimmenergebnis von 2009 um fast zehn Prozent auf 51,9 Prozent. „Das war für mich der Beweis, dass die Mehrheit der mittelsächsischen Wähler Vertrauen in meine Arbeit als Bundestagsabgeordnete hat und sich von mir im Parlament gut vertreten fühlt“, sagt Veronika Bellmann.
Als Bundestagsabgeordnete vertritt sie ihre Fraktion unter anderem im Verkehrsausschuss. Sie macht sich für den Ausbau der Bundesstraße 101 von der Autobahn 4 bis zur Universitätsstadt Freiberg stark und setzt sich ebenso für den dauerhaften Erhalt von Bahnstrecken im ländlichen Raum und der Bahnstrecke Döbeln-Nossen-Meißen ein.
Veronika Bellmann sagt: „Die Strecke ist für Berufspendler, Schüler, aber auch unsere älteren Bürger enorm wichtig. Wir brauchen dringend einen gut durchdachten regionalen Personennahverkehr auf Schiene und Straße, um die Menschen aus dem ländlichen Raum nicht abzukoppeln, und nebenbei gesagt brauchen wir auch noch eine ökologisch sinnvolle Alternative zum Individualverkehr.“
Veronika Bellmann ist außerdem als Berichterstatterin für europäische Verkehrspolitik insbesondere für die sogenannten Transeuropäischen Netze zuständig. Als solche ist sie seit Jahren bekannt als hartnäckige Kämpferin für eine Nord-Süd-Schienenverkehrsanbindung von Skandinavien bis nach Südosteuropa. Sie sagt: „Das diese europäische Verkehrsverbindung durch Ostdeutschland von Rostock über Berlin, Dresden und weiter nach Prag verläuft, ist mir wichtig. Schließlich ist eine funktionierende (grenzüberschreitende) Verkehrsinfrastruktur eine unabdingbare Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung, Arbeitsplätze und Wohlstand. Da haben wir im Osten noch immer Nachholbedarf, auch wenn wir auf einem guten Weg sind.“
Diese Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt, denn das Vorhaben wurde trotz einiger Widerstände mittlerweile sowohl in die nationale als auch europäische Verkehrsplanung aufgenommen. „Damit sind entscheidende Schritte getan, selbst wenn wir noch längst nicht am Ziel sind. Es ist schon einiges geschafft, aber auch noch viel zu tun“, sagt Veronika Bellmann. (bsl/07.05.20159)