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Der Bundestag hat am Donnerstag, 11. Juni, und Freitag, 12. Juni 2015, folgende Beschlüsse gefasst, zum Teil ohne vorherige abschließende Aussprache:
Menschenrechte in Aserbaidschan: Bei Enthaltung der Opposition hat der Bundestag am 12. Juni einen Antrag von CDU/CSU und SPD zur Einhaltung der Menschen Rechte in Aserbaidschan (18/5092) angenommen. Damit wird die Bundesregierung aufgefordert, gegenüber der aserbaidschanischen Regierung die systematische Verletzung der Menschenrechte weiterhin anzusprechen und vor allem auf die Einhaltung der Meinungs-, Presse-, Religions-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu dringen. Auch sollte sie sich für die bedingungslose Freilassung der politischen Gefangenen sowie für eine menschenwürdige und medizinisch angemessene Behandlung während ihrer Haft starkmachen. Keine Mehrheit fand bei Enthaltung der Linken ein Antrag der Grünen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in Aserbaidschan auch bei den Europaspielen 2015 einzufordern (18/5097 neu). Danach sollte die Bundesregierung gegenüber der aserbaidschanischen Regierung entschiedener darauf hinweisen, dass die Grund- und Menschenrechte aller Bürgerinnen und Bürger respektiert und gefördert werden müssen.
IT-Sicherheitsgesetz verabschiedet: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 12. Juni den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (18/4096) in der vom Innenausschuss geänderten Fassung (18/5121) angenommen. Mit dem Gesetz sollen Defizite in der IT-Sicherheit abgebaut werden. Betreiber „kritischer Infrastrukturen“ werden verpflichtet, ein Mindestniveau an IT-Sicherheit einzuhalten und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (IT) Sicherheitsvorfälle zu melden. Die beim BSI zusammenlaufenden Informationen werden ausgewertet und den Betreibern kritischer Infrastrukturen zur Verbesserung des Schutzes ihrer Infrastrukturen zur Verfügung gestellt. Die Telekommunikationsanbieter mit einer Schlüsselrolle für die Sicherheit des Cyberraums werden verpflichtet, IT-Sicherheit nach dem Stand der Technik zu gewährleisten. Die Bundesnetzagentur überprüft regelmäßig die Umsetzung der IT-Sicherheitskonzepte in den Unternehmen. Telekommunikationsanbieter müssen zudem IT-Sicherheitsvorfälle, die zu einem unerlaubten Zugriff auf die Systeme der Nutzer führen können, über die Bundesnetzagentur an das BSI melden und betroffene Nutzer über bekannte Störungen informieren, die durch Schadprogramme auf den datenverarbeitenden Systemen der Nutzer hervorgerufen werden. Gegen das Votum der Opposition lehnte der Bundestag einen Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/5127) ab, in dem weitergehende, vor allem „grundrechts- und rechtsstaatskonforme“ Regelungen zur IT-Sicherheit gefordert werden.
Keine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für Agrarbetriebe: Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen hat der Bundestag am 11. Juni einen Antrag der Linken für eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für Agrarbetriebe ab 2016 (18/3415) auf Empfehlung des Finanzausschusses (18/4729) abgelehnt. Die Linke hatte die Bundesregierung aufgefordert, erstmalig im Entwurf für das Jahressteuergesetz 2016 für Agrarbetriebe die Bildung einer steuerfreien betrieblichen Risikoausgleichsrücklage zu ermöglichen. Deren Höhe sollte sich aus den betrieblichen Umsätzen der vorangegangenen drei Wirtschaftsjahre errechnen und bis zu 20 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes betragen.
Stärkung des Europäischen Semesters: Gegen das Votum der Linken bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 11. Juni einen Antrag von CDU/CSU und SPD (18/4426), das sogenannte Europäische Semester zu stärken, besser umzusetzen und weiterzuentwickeln, angenommen. Mit der Einführung des Europäischen Semesters 2010 wurde ein rechtlicher Rahmen geschaffen, der die EU-Mitgliedstaaten bei ihren Reformen und der Umsetzung der Ziele der Europa-2020-Strategie unterstützt, koordiniert und überwacht. Dabei geht es um Ziele in den Bereichen Bildung und Forschung, Klimaschutz, Verringerung von Arbeitslosigkeit, Erhöhung der Beschäftigung und Verminderung von sozialer Ausgrenzung und Armut in der EU. Im Rahmen des Europäischen Semesters gibt die EU-Kommission Empfehlungen zu den Haushaltsplanungen und nationalen Reformprogrammen der Mitgliedstaaten ab. Der Bundestag forderte die Bundesregierung unter anderem auf, für noch mehr Transparenz dieses Verfahrens zu werden und Brüssel dabei zu unterstützen, dass die Stellungnahmen der Kommission nach objektiven Kriterien erarbeitet werden können. Der Bundestag folgte einer Empfehlung des Europaausschusses (18/5071). Gegen das Votum der Grünen bei Enthaltung der Linken scheiterten Bündnis 90/Die Grünen mit dem Antrag (18/4464), die wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst zu nehmen und Investitionen zu stärken. Unter anderem sollte die Bundesregierung Investitionen in die Zukunft, in ein zusammenwachsendes Europa und die Förderung von Forschung und Innovation in ihr nationales Reformprogramm 2015 aufnehmen. Der Bundestag folgte einer Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (18/4717).
Leistungsschutzrecht wird nicht aufhoben: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 11. Juni einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Linken und der Grünen zur Aufhebung des achten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes (18/3269) auf Empfehlung des Rechtsausschusses (18/4987) abgelehnt. Dabei geht es um die Aufhebung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage, das in der vergangenen Wahlperiode eingeführt wurde. Es gibt Presseverlegern das ausschließliche Recht, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken zu veröffentlichen. Ausnahmen werden für einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte gemacht; auch die bloße Verlinkung ist weiterhin möglich. Vor allem Suchmaschinen sollen danach nur noch nach einer bezahlten Genehmigung Verlagsinhalte Dritter im Internet nutzen können. Die Opposition hatte argumentiert, dass die Frage, wie Journalismus im Internet künftig finanziert werden kann, mit dem Leistungsschutzrecht für Presseverlage nicht zufriedenstellend beantwortet sei. Das geltende Recht schaffe mehr Verwirrung als Klarheit.
Gesunde Ernährung: Der Bundestag hat die Bundesregierung am 11. Juni aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als einheitliche Mindeststandards für die Verpflegung vor allem in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und öffentlichen Gemeinschaftskantinen eingeführt werden. Gegen das Votum der Linken bei Enthaltung der Grünen nahm das Parlament einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und SPD (18/3726) an. Weiterhin ermöglicht werden sollte auch der Erwerb des Ernährungsführerscheins für Grundschulkinder. Mit Koalitionsmehrheit bei Enthaltung der Grünen lehnte der Bundestag einen Antrag der Linken (18/3730) ab, wonach die Bundesregierung die sogenannte Nährwertampel einführen sollte, um verbraucherfreundliche und vergleichbare Lebensmittelinformationen für eine gesundheitsorientierte Ernährung zu ermöglichen. Bei Enthaltung der Linken scheiterte schließlich ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/3733), eine verlässliche und transparente Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch einzuführen und ein Konzept für eine Nährwertampel vorzulegen. Die Haltungsbedingungen der Tiere müssten so verbessert werden, dass diese nur in Ausnahmefällen Antibiotika brauchen. Der Bundestag folgte bei seinen Voten einer Empfehlung des Ernährungsausschusses (18/5008).
Stärkung der Gesundheitsversorgung: Gegen das Votum der Grünen bei Enthaltung der Linken hat der Bundestag am 11. Juni den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (18/4095) in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung (18/5123) angenommen. Damit wird ein Innovationsfonds eingerichtet, der mit 150 Millionen Euro von den Krankenkassen und weiteren 150 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert wird. Eingeführt werden Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen bei pflegebedürftigen und behinderten Menschen im Umfang von 50 Millionen Euro. Aus der zusätzlichen Förderung von Weiterbildungsstellen in der Allgemeinmedizin ergeben sich Mehrausgaben von rund 25 bis 30 Millionen Euro. Jährliche Mehrausgaben von bis zu rund 25 Millionen Euro verursacht die Begrenzung des Investitionskostenabschlags, der bei den Hochschulambulanzen zu berücksichtigen ist, auf bis zu fünf Prozent. Mehrausgaben ab 2017 ergeben sich in der vertragsärztlichen Vergütung durch den Abbau unbegründeter Unterschiede in den Gesamtvergütungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen, die auf mehrere Jahre verteilt werden können. Weitere Regelungen zum Mutterschaftsgeld, zum Krankengeldanspruch sowie zur Flexibilisierung der Preisbindung für zahntechnische Leistungen bei Zahnersatz verursachen jährliche Mehrausgaben im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Durch die Übernahme der hälftigen Beiträge an die berufsständischen Versorgungswerke bei Krankengeldbezug sind jährliche Mehrausgaben in Höhe eines mittleren einstelligen Millionenbetrags zu erwarten. Eingeführt wird ein Anspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung. Darüber hinaus sind weitere Be- und Entlastungen für die gesetzliche Krankenversicherung vorgesehen. Bei Enthaltung der Grünen abgelehnt wurde ein Änderungsantrag der Linken (18/5125), die Betriebskostenpauschale für freiberufliche Hebammen nicht nur auf ambulante Entbindungen zu beschränken. Abgelehnt wurde mit dem gleichen Stimmenverhältnis ein Entschließungsantrag der Linken (18/5126), in dem wirksame Schritte hin zu einer bedarfsorientierten Planung und Steuerung der gesundheitlichen Versorgung gefordert werden.
Anträge zur Gesundheitsversorgung abgelehnt: Bei Enthaltung der Grünen hat der Bundestag am 11. Juni einen Antrag der Linken (18/4187) abgelehnt, eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung durch bedarfsorientierte Planung zu sichern. Danach sollte die Ermittlung des Versorgungsbedarfs alle Bereiche der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung umfassen und die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schrittweise aufgehoben werden. Bei Enthaltung der Linken scheiterten die Grünen mit einem Antrag (18/4153), die Gesundheitsversorgung umfassend zu verbessern, Patienten und Kommunen zu stärken, Strukturdefizite zu beheben und Qualitätsanreize auszubauen. Danach sollten Kommunen und Regionen eine zentrale Rolle bei der Planung und Gestaltung der Gesundheitsversorgung übertragen werden. Gegen das Votum der Opposition lehnte der Bundestag einen weiteren Antrag der Grünen (18/1462) ab, der für mehr Transparenz der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen eintrat. Jahresrechnungen und Haushaltspläne von Selbstverwaltungskörperschaften wie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sollten danach offengelegt werden. Das Parlament folgte bei seinen Voten einer Empfehlung des Gesundheitsausschusses (18/5123).
Baukulturbericht 2014/15: Der Bundestag hat die Bundesregierung am 11. Juni aufgefordert darauf hinzuwirken, dass die Bundesstiftung Baukultur im Baukulturbericht 2016/17 die Themen „Grün in der Stadt“, „Baukultur und Tourismus“, „Bezahlbares Wohnen“ und „Ländliche Räume“ aufgreift und dass die Bundesstiftung Baukultur bei der Planung von Bauvorhaben des Bundes angemessen einbezogen wird. Eine entsprechende Entschließung zum Baukulturbericht 2014/15 der Bundesstiftung Baukultur mit einer Stellungnahme der Bundesregierung (18/3020) nahm das Parlament bei Enthaltung der Grünen auf Empfehlung des Umwelt- und Bauausschusses (18/4850) an.
Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zum Europaparlament am 25. Mai 2014: Einstimmig hat der Bundestag am 11. Juni die dritte Beschlussempfehlung mit Bericht des Wahlprüfungsausschusses zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl zum achten Europäischen Parlament am 25. Mai 2014 (18/2050) angenommen. Insgesamt waren 109 Wahleinsprühe eingegangen. In dieser dritten Beschlussempfehlung werden die letzten zehn Wahleinsprüche wegen Unbegründetheit zurückgewiesen. Zugleich bat der Bundestag die Bundesregierung, bis Juli 2016 zu prüfen, ob verhindert werden kann, dass Besitzer mit mehr als einer Staatsangehörigkeit in der EU ihre Stimme mehrfach abgeben. Ebenso soll die Regierung prüfen, welche Änderungserfordernisse sich aus der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen in Bezug auf die Aufhebung einzelner Wahlrechtsausschlüsse und auf die Barrierefreiheit im Wahlrecht und in den Wahllokalen ergeben. Keine Mehrheit fand gegen das Votum der Opposition ein Änderungsantrag der Grünen (18/5120), in dem die Fraktion um Prüfung gefordert hatte, wie der Zugang zum Wahlrecht für Strafgefangene verbessert werden kann und welche Konsequenzen sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln (Aktenzeichen: 4 K 7076/14) in Bezug auf mögliche statistische Abweichungen von Auszählungsergebnissen für das Wahlprüfungsrecht des Bundes ergeben.
Beschlüsse zu Petitionen: Ohne Aussprache hat der Bundestag am 11. Juni Beschlüsse zu einer Reihe von Petitionen gefasst. Im Einzelnen wurden die Empfehlungen des Petitionsausschusses zu den Sammelübersichten 190 bis 196 übernommen (18/4953, 18/4954, 18/4955, 18/4956, 18/4957, 18/4958, 18/4959).
EU-Datenschutzverordnung: Gegen das Votum der Opposition hat der Bundestag am 11. Juni einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zum EU-Vorschlag einer Datenschutzverordnung (18/5102) abgelehnt. Die Grünen wollten die Bundesregierung auffordern, bei den Schlussverhandlungen des Rates der Europäischen Union am 15. und 16. Juni Rückschritte hinter das vom Europaparlament in seinem Entwurf ausgehandelte Schutzniveau zu verhindern. Die Grünen hatten ferner verlangt, dass sich die Regierung für weitere Verbesserungen einsetzt, mit denen ein höchstmögliches Schutzniveau für Bürgerinnen und Bürger erzielt und keinesfalls weiteren Verschlechterungen der Rechtspositionen zugestimmt wird.
(vom/12.06.2015)