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Plenarsaalassistent Jose Cases wechselt die Flagge der Einheit vor dem Reichstagsgebäude. © DBT/Marc-Steffen Unger
So groß wie eine Zweizimmer-Wohnung, 60 Quadratmeter, das ist die Fahne oder auch Flagge der Einheit vor dem Reichstagsgebäude in Berlin. Sie ist die größte Bundesflagge deutschlandweit und in den Farben Schwarz-Rot-Gold gestaltet. Doch wer glaubt, es gäbe nur diese eine Flagge, die sich während der letzten Jahrzehnte gut gehalten habe, der irrt sich. Verschleiß macht den regelmäßigen Austausch der Flagge notwendig. Bereits zwei Tage nach dem ersten Hissen wurde das Original eingeholt und am 10. Dezember 1990 dem „Haus der Geschichte“ in Bonn zur Verfügung gestellt.
Die „Flagge der Einheit“ ist nicht wie die anderen Flaggen des Reichstagsgebäudes zu bemessen – sie ist ein Symbol und steht für die Vereinigung Deutschlands als Denkmal auf dem Platz der Republik. Um sie auch bei Nacht sehen zu können, wird die Flagge von vier Scheinwerfern angestrahlt. Dagegen werden die Flaggen auf den Ecktürmen des Gebäudes nach der „Dienstanweisung zur Beflaggung der Dienstgebäude des Deutschen Bundestages“ ausgerichtet. Ereignet sich zum Beispiel einen Trauerfall, dann stehen die Flaggen auf Halbmast. Doch die Flagge der Einheit ist von dieser Regelung ausgenommen, wegen ihres „besonderes Symbolcharakters“.
Nur zu ganz besonderen Anlässen wird auch sie auf Halbmast geflaggt. Das letzte Mal vor dreizehn Jahren am 26. April 2002, nachdem bei einem Amokattentat auf das Erfurter Gutenberg-Gymnasium mehrere Menschen getötet worden waren. Auch nach den Anschlägen am 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York wurde die Flagge der Einheit auf Halbmast gesetzt.
Das erste Mal gehisst wurde die Flagge der Einheit in der Nacht auf den 3. Oktober 1990, in der die DDR der Bundesrepublik beitrat und Deutschland nach Jahrzehnten der Spaltung wieder vereinigt wurde. Am Dienstag, 2. Oktober, um 23.50 Uhr trugen jeweils sieben junge Sportler aus beiden Teilen Deutschlands die Flagge zu den Klängen des „Yorckschen Marsches“ von Ludwig van Beethoven zu einem damals noch provisorisch aufgestellten Flaggenmast vor dem Reichstagsgebäude.
Begleitet vom Läuten der Freiheitsglocke, die im Turm des Schöneberger Rathauses hängt, hissten die Sportler um Mitternacht die Flagge der Einheit. Ein großes Feuerwerk, der Jubel Hunderttausender Schaulustiger und die Töne der Nationalhymne läuteten eine neue Zeit ein – nach über vierzig Jahren war Deutschland wieder vereint.
Nachdem am 20. September 1990 die Volkskammer der DDR und der Deutsche Bundestag den Einigungsvertrag unterzeichnet hatten, einigten sich beide Seiten auf den 3. Oktober 1990 als offiziellen Tag der Wiedervereinigung – den Tag der „Einheit“, der den Namen der Flagge prägt. Als Symbol für die Vereinigung steht der Fahnenmast auf dem Platz der Republik vor dem Westportal des Reichstagsgebäudes.
Der erste Mast, an dem die Fahne wehte, war aus weißem Holz gefertigt. Er wurde eigens zur Feier am 3. Oktober 1990 aufgestellt und später ersetzt. Auch war der erste Mast etwas kürzer als der, der heute auf dem Platz der Republik steht. Dieser wiegt 6,7 Tonnen, ist aus feuerverzinktem Schiffsbaustahl mit Schutzanstrich und verfügt über eine elektrisch und manuell zu bedienende Hissvorrichtung. Zu Füßen des 28,5 Meter hohen Mastes stehen in einer bronzenen Inschrift die Worte „Deutsche Einheit 3. Oktober 1990“. Dieser Sockel wurde im Jahr 2000 bei Restaurationsarbeiten erneuert. (rb/25.07.2016)