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Der Bundestag gibt grünes Licht für die Beteiligung der Bundeswehr am Kampfeinsatz gegen den „Islamischen Staat“. In namentlicher Abstimmung votierten am Freitag, 4. Dezember 2015, 445 Abgeordnete für einen entsprechenden Antrag der Bundesregierung (18/6866, 18/6912), 145 stimmten dagegen, sieben enthielten sich. Damit ist klar, dass bis zu 1.200 Soldaten der Bundeswehr „zur Unterstützung Frankreichs, Iraks und der internationalen Allianz gegen IS“ entsendet werden, die Aufgaben der Luftbetankung, der Aufklärung („insbesondere luft-, raum- und seegestützt“), des „sehgehenden Schutzes“ sowie als Teil des Stabspersonals übernehmen sollen.
Dr. Rolf Mützenich (SPD) betonte in der Debatte zum Bundeswehreinsatz gegen den IS, dass es für Syrien „keine isolierte militärische Lösung“ geben könne. „Aber der Islamische Staat muss auch eingedämmt werden.“ Das Mandat sei „angemessen, politisch vertretbar“ und im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit. Auch die rechtlichen Herleitungen seien „überzeugend“, sagte Mützenich und verwies auf die Resolution 2249 des UN-Sicherheitsrates, die den IS als „schwerste Bedrohung des Weltfriedens“ bewerte und die UN-Mitgliedstaaten auffordere, die Terrororganisation „mit allen Mitteln zu bekämpfen“.
Klar sei auch, dass der Einsatz nur im Rahmen eines politischen Prozesses – der Wiener Verhandlungen für die Zukunft Syriens – stattfinde. Mützenich verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass es Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gewesen sei, der entscheidend dazu beigetragen habe, dass die Gespräche in Wien in Gang kommen.
Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Dr. Sahra Wagenknecht, nannte es hingegen „eine Lüge, dass dieser Krieg den IS schwächen wird“. Die Ergebnisse der Militäreinsätze des Westens in Afghanistan, im Irak und in Libyen würden zeigen: „Krieg ist Terror, der neuen Terror hervorbringt.“ 2001 habe es weltweit „einige Hundert gefährliche Terroristen“ gegeben. „Heute sind es Hunderttausende. Wollen Sie Millionen haben?“ Es seien diese Kriege gewesen, die den Nahen und Mittleren Osten zu einem Brandherd gemacht hätten. „Der Westen, allen voran die USA, haben das Monster erschaffen, das uns heute erschreckt“, sagte Wagenknecht.
Wer den IS schwächen wolle, müsse ihn vom Nachschub an Waffen, Finanzen und Kämpfern abschneiden. Dazu gehöre, „Terrorpaten“ wie der Türkei und Saudi-Arabien das Handwerk zu legen. Die Bundesregierung müsse etwa den türkischen Präsidenten Erdoğan dazu bringen, „sein falsches Spiel“ und seine Bekämpfung der Kurden zu beenden. Sie müsse zudem „endlich“ aufhören, Waffen an Länder wie Saudi-Arabien zu exportieren.
Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU) nannte es „infam“, wenn Wagenknecht die „Bekämpfung des Terrors auf eine Stufe mit dem Terror“ stelle. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses lenkte den Blick auf „die weitreichende politische Dimension“ dieses Bundeswehreinsatzes: „Die Anschläge von Paris haben uns gezwungen zu erkennen, dass diese Region unsere Nachbarregion ist“ und das Geschehen dort unmittelbar die Sicherheit in Europa betreffe. „Nichthandeln und Zusehen hat es lange genug gegeben“, sagte Röttgen.
Ohne militärische Präsenz des Westens werde auch ein politischer Prozess keine Chance haben. „Wenn wir Syrien dem IS, Assad und Putin überlassen, wird es keine diplomatische Lösung geben.“ Es sei zudem im Sinne der Selbstverteidigung „legitim und legal“, sich gegen Angriffe wie in Paris zu wehren, argumentierte Röttgen. Der IS habe erklärt, dass auch Deutschland im Fadenkreuz stehe.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Anton Hofreiter, sagte, dass man zwar „weitgehend einig“ sei, den IS auch militärisch zu bekämpfen. „Aber Luftschläge allein sind doch keine Strategie.“ Die Tatsache, dass die Bundesregierung das Mandat nicht auf eine Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII gründen könne sei keine bloße Formalität, sondern zeige, „dass es eben keine abgestimmte Strategie zwischen Frankreich, Großbritannien, den USA, Russland“ und den weiteren Beteiligten gebe.
Zudem sei das Mandat „gefährlich vage“: Es lasse offen, wer den Oberbefehl habe, wie mit Russland umzugehen sei, das den syrischen Luftraum de facto kontrolliere und wie man mit dem syrischen Präsidenten Assad umzugehen gedenke. Der Einsatz sei planlos und berge die Gefahr, „dass er genau das Gegenteil von dem erreicht, was er bewirken soll“, sagte Hofreiter. Der Bundesregierung warf er Aktionismus vor: „Sie tun etwas, um einfach etwas zu tun.“ Handeln dürfe aber kein Selbstzweck sein. „Solidarität mit Frankreich bedeutet nicht: Wir sagen einfach Ja“.
Keine Mehrheit fand nach der Debatte ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke (18/6917), die sich gegen eine Beteiligung der Bundeswehr am militärischen Kampf in Syrien wandte: Die Koalition lehnte den Antrag ab, die Grünen enthielten sich.
Auch ein Entschließungsantrag (18/6918) zu einem Stopp von Waffenexporten nach Saudi-Arabien und „alle weiteren Länder des Nahen und Mittleren Ostens“ fand keine Mehrheit: 475 Abgeordnete votierten in namentlicher Abstimmung gegen diesen Entschließungsantrag, 62 stimmten dafür, 55 enthielten sich. (ahe/04.12.2015)