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Die Situation bei der Textilproduktion in Billiglohnländern sei „immer noch Horror“, hat Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) am Donnerstag, 14. April 2016, im Bundestag festgestellt. Es gebe weiterhin Sklaven- und Kinderarbeit, meinte sie bei einer Debatte über den weltweiten Schutz der Menschenrechte in der Textilfertigung. Sie verlangte gesetzliche Vorgaben für mehr Transparenz über die Produktionsbedingungen. Transparenzpflicht sei eine Voraussetzung für Kontrolle. Acht von zehn Verbrauchern wollten faire Bedingungen. Unter welchen Bedingungen Textilien hergestellt worden seien, müsse „einfach erkennbar“ sein. Sie forderte den Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Dr. Gerd Müller (CSU), auf, die Entwicklungshilfe an Fragen der Standards für eine faire Produktion auszurichten.
Mechthild Heil (CDU/CSU) gab sich mit den von Künast beschriebenen Zielen „einig“. Indes: „Die vorgeschlagenen Wege sind einfach falsch.“ Allein mit deutschen und europäischen Gesetzen könnten die sozialen und ökologischen Standards nicht erhöht werden, hielt sie Künast vor.
Heil wies insbesondere Kritik am Prinzip der Freiwilligkeit beim vom BMZ angeschobenen „Bündnis für nachhaltige Textilien“ zurück. Es gelte eben nicht: „Alles, was freiwillig ist, ist schlecht; alles, was Zwang ist, ist gut.“ 55 Prozent des deutschen Textileinzelhandels, darunter international aufgestellte Unternehmen, machten inzwischen mit. Das sei ein „Riesenerfolg“.
Niema Movassat (Die Linke) konzentrierte seine Rede überwiegend auf seine Kritik an eben dem Textilbündnis. Es werde vom Ministerium „mit großem Tamtam beworben“. Doch der Textil-Lobby gehe es dabei „nicht um den Schutz von Näherinnen, sondern nur um den Schutz vor schlechter Presse“.
Er prangerte an, dass das Bündnis „keine allgemeine Verpflichtung“ enthalte. Deshalb könne es „so nicht funktionieren“. Es sei „eine Farce“, da jedes Unternehmen machen könne, was es wolle. Movassat setzte sich für gesetzliche Regelungen ein, die deutschen Firmen vorgegeben werden, und mahnte die Umsetzung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte an.
Elvira Drobinski-Weiß (SPD) begrüßte es prinzipiell, dass die Globalisierung auch den Entwicklungsländern zugutekomme. Sie beklagte allerdings, dass bisher kein Unternehmen Rechenschaft ablegen müsse über die Einhaltung von sozialen, menschenrechtlichen und wirtschaftlichen Standards: „Leider fehlt derzeit jegliche Transparenz.“
Ob Kinderarbeit, ob geringer Lohn: Es müsse erreicht werden, dass „aus der Verletzung von Menschenrechten kein Vorteil gezogen werden kann“. Das Textilbündnis ist für sie ein „erster Schritt in die richtige Richtung“. Die Einhaltung von Standards „soll ein Wettbewerbsvorteil und darf kein Wettbewerbsnachteil sein“.
Hans-Joachim Fuchtel (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im BMZ, stimmte zu, dass „Transparenz vergrößert werden muss“. Anderseits beklagte er, dass „manche einfach nicht bereit sind, zur Kenntnis zu nehmen, was alles auf diesem Gebiet gemacht wird“.
So verwies er auf Bewertungen, die über das Handy abgerufen werden könnten. Vor allem verteidigte er das Textilbündnis. Es kleinzureden, sei „ein bisschen zu billig“. Firmen mit einem Umsatzvolumen von 1,5 Milliarden Dollar in Bangladesch gehörten dem Bündnis an. Dies sei die Praxis. Und die sei „schneller als die Gesetzgebung“.
Ausgangspunkte der Debatte waren ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/5203, 18/6181) und ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (18/7881). In dem mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD (bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen) abgelehnten Linken-Antrag wird verlangt, dass deutsche Unternehmen, die im Ausland produzieren oder produzieren lassen, gesetzlich verpflichtet werden „menschenrechtliche und umwelttechnische Sorgfaltspflichten“ einzuhalten.
An die zuständigen Ausschüsse wurde der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen überwiesen. Darin setzt sich die Fraktion für mehr Transparenz in der Textilproduktion ein. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für die Schaffung einer entsprechenden Richtlinie einzusetzen. Damit sollen europäische und auf dem europäischen Markt agierende Textilunternehmen verpflichtet werden, ein System aufzubauen, sodass die gesamte Produktions- und Lieferkette eines Produkts und seiner Bestandteile in allen Fertigungsstufen nachverfolgt werden kann. (fla/14.04.2016)