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Freier von Zwangsprostituierten müssen künftig mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Das ist eine der Neuregelungen, die sich aus dem am Donnerstag, 7. Juli 2016, vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels ergibt, das von der Bundesregierung vorgelegt (18/4613) und durch den Rechtsausschuss modifiziert wurde (18/9095). CDU/CSU und SPD-Fraktion stimmten für das Gesetz, mit dem die Strafbarkeit des Menschenhandels erweitert wird und durch das die Ermittlungsbehörden mit den richtigen Instrumenten zur Strafverfolgung ausgestattet würden, wie die Koalitionsredner betonten. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lehnten die Vorlage hingegen ab, da ihrer Ansicht nach dem Opferschutz zu wenig Bedeutung beigemessen worden sei.
Künftig ist dem Gesetz zufolge der Tatbestand des Menschenhandels auch erfüllt, wenn die Opfer ins Land gebracht werden, um strafbare Handlungen zu begehen oder zu betteln. Auch wer Menschen ins Land bringt, um ihnen Organe zu entnehmen, soll künftig nach dem Strafgesetzbuch bestraft werden können.
Neben der Einführung der Freier-Strafbarkeit hat der Rechtsausschuss auch die Anhebung des Strafrahmens für Menschenhandel auf sechs Monate bis fünf Jahre eingefügt. Des Weiteren sind nun auch die sogenannten Loverboy-Fälle erfasst. Außerdem wird in Bezug auf das Merkmal der „Ausbeutung durch eine Beschäftigung“ in der Begründung genau definiert, was unter „rücksichtslosem Gewinnstreben“ zu verstehen ist.
Dr. Matthias Bartke (SPD) warf zu Beginn der Debatte der Vorgängerregierung von Union und FDP vor, bei der Umsetzung der EU-Richtlinie, die eigentlich schon hätte 2013 erfolgt sein müssen, versagt zu haben. Dadurch sei Deutschland das letzte Land in der EU, in dem die Richtlinie noch nicht umgesetzt sei. Nun aber habe sich die Koalition auf eine „grundlegende Reform“ geeinigt. Damit werde den Bedenken aus der Praxis Rechnung getragen, sagte Bartke. So sei die „erdrückende Bedeutung“ der Opferaussage abgemildert worden. Daneben sei auch die Ausbeutung der Arbeitskraft stärker in den Fokus gerückt worden.
Das Bundeskriminalamt (BKA) gehe hier „von einem richtig großen Dunkelfeld aus“. Im Kampf gegen die Zwangsprostitution habe man sich zudem auf eine Freier-Strafbarkeit geeinigt. „Keiner soll mehr die Augen verschließen dürfen, wenn klare Anzeichen von Zwangsprostitution offenkundig sind“, sagte der SPD-Abgeordnete.
Aus Sicht von Ulla Jelpke (Die Linke) reichen die beschlossenen Änderungen nicht aus. „Wer wirklich Menschenhandel bekämpfen will, muss den Opfern mehr Schutz geben“, forderte sie. „Das haben Sie leider in dem Gesetz versäumt“, kritisierte die Linke-Abgeordnete. Von der „modernen Form der Sklaverei“ seien nach Schätzung des BKA 14.000 Menschen betroffen, so Jelpke.
Die Aufklärung sei sehr schwierig. In gerade einmal 400 Fällen werde ermittelt, sagte sie mit Bezug auf Aussagen des BKA. „Wenn man will, dass die Opfer aussagen, brauchen sie Schutz, etwa durch ein Bleiberecht“, betonte Jelpke. Es sei beschämend, dass es die Koalition nicht fertig gebracht habe, den Opferschutz in dem Gesetz festzuschreiben. Damit habe sie auch wichtige Teile der EU-Richtlinie nicht umgesetzt.
Die Ermittlungsbehörden seien nun mit den richtigen Instrumenten ausgestattet, zeigte sich Dr. Silke Launert (CDU/CSU) erfreut. Künftig sei die akustische Wohnraumüberwachung bei einem Verdacht auf besonders schweren Fall von Menschenhandel möglich, sagte sie. Bedauerlich sei es, dass es mit der SPD nicht gelungen sei, „da noch mehr hinzubekommen“.
Insbesondere beim Verdacht auf Zuhälterei sei die Telekommunikationsüberwachung wichtig, da die Praxis gezeigt habe, dass man nur über die Zuhälter an die Menschenhändler herankomme. Positiv bewertete Launert, dass es gelungen sei, die Freier-Strafbarkeit festzuschreiben. Das sei der richtige Hebel. „Wenn es uns dadurch gelingt, die Nachfrage deutlich zu senken, entziehen wir den Drahtzieher dieses Geschäfts die Grundlage“, sagte sie.
Die wenigen Verbesserungen könnten den Mangel an Opferschutz nicht ausgleichen, urteilte Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen). Die Freier-Strafbarkeit nannte sie einen verworrenen Tatbestand. Bei der Expertenanhörung sei deutlich geworden, dass es eines solchen Tatbestandes nicht bedürfe, „wenn es einen allgemeinen Tatbestand im Sexualstrafrecht gebe, der sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen des Opfers sanktioniert“.
Die Koalition wolle ein Zeichen setzen, was aber in der Sache nicht funktioniert. „Man nennt das auch Symbolpolitik“, so Keul. Das größte Manko sei aber, dass sich die Koalition nur auf das Strafrecht beschränke. Benötigt werde jedoch ein Anspruch auf Schutz, wie ihn ihre Fraktion in einem eigenen Gesetzentwurf (18/3256) enthalten habe. Die Vorlage fand bei der Abstimmung im Anschluss an die Debatte jedoch keine Mehrheit (18/9077). (hau/07.07.2016)