Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010
In einem Punkt waren sich die Redner in der Debatte zum Etat des Bundesentwicklungsministeriums einig: Den Menschen in Haiti muss sowohl schnell als auch langfristig geholfen werden. In allen anderen Punkten gab es in der ersten Lesung am Mittwoch, 20. Januar 2010, aber Streit. Keinem von uns fällt es leicht, zur Tagesordnung überzugehen, wenn man das Leid der Menschen in Haiti sieht“, begann Minister Dirk Niebel (FDP) seine Rede. Er hob die fünf Millionen Euro Soforthilfe seines Ministeriums sowie weitere fünf Millionen Euro des Auswärtigen Amtes hervor. Niebel plädierte für eine Wiederaufbaukonferenz, um die langfristige Hilfe zum Aufbau des Landes abzustimmen. Er lobte auch das Engagement Deutschlands in Afghanistan: „60 Prozent aller Kinder in Nord-Afghanistan haben inzwischen die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen.“
Seit Beginn der schwarz-gelben Regierung habe sich die Entwicklungshilfe verbessert, vor allem weil sich das Entwicklungsministerium mit dem Auswärtigen Amt abstimme und nicht in Konkurrenz stehe. Grundsätzlich seien Maßnahmen danach zu bewerten, ob sie „wirksam und sichtbar“ seien und ob damit „mehr Freiheit und Selbstbestimmung“ erreicht werde.
„Ich habe selten eine so leidenschaftslose Rede eines Ministers für sein Ressort gehört“, rief Dr. Bärbel Kofler (SPD) im Anschluss. Die Regierung habe sich von Aufbaupolitik verabschiedet. Der Zuwachs von 67 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr sei „fast ein Null-Aufwuchs“.
„Statt eine Milliarde an Hoteliers zu geben, hätte man das ja auch für diesen Einzelplan verwenden können“, schimpfte Kofler. Sie kritisierte besonders die Reduzierung des Beitrags an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria von 200 Millionen auf 142 Millionen Euro. „Zu der Reduzierung hätte ich mir schon ein klärendes Wort des Ministers gewünscht“, sagte Kofler.
Holger Haibach (CDU/CSU) hielt den Haushalt dagegen für „eine angemessene Reaktion auf die Herausforderungen der kommenden Jahre“. „Werden sie realistisch“, hielt er Kofler entgegen. Wichtig sei ihm der Zuschuss für das Engagement politischer Stiftungen. „Die Arbeit klingt selbstverständlich, aber das ist in der Welt etwas ganz besonderes“, sagte Haibach.
In Bezug auf die „Katastrophe selten gekannten Ausmaßes“ in Haiti sprach er sich dafür aus, dem Land dabei zu helfen, in einen besseren Zustand als vor der Katastrophe zu kommen. Sicherlich werde noch mehr Geld als die bisherigen rund zehn Millionen Euro Spenden der Bundesregierung nötig sein.
„Zehn Millionen Euro Soforthilfe sind angesichts der Zerstörung viel zu wenig“, kritisierte Heike Hänsel (Die Linke). Die Regierung gebe viel mehr Geld für Krieg und Zerstörung als für Friedensmaßnahmen aus. Die bilaterale Zusammenarbeit mit Haiti müsse sofort wieder aufgenommen werden
Auch dürfe das jetzige Machtvakuum in dem Inselstaat nicht dazu genutzt werden, eine neue Militärpräsenz zu errichten, sagte Hänsel an die Adresse der USA gerichtet.
Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen) rief dazu auf, „ehrlich miteinander umzugehen“. Sowohl für die Regierung von SPD und Grünen, der Großen Koalition als auch der jetzigen Regierung von Union und FDP gelte: „Wir haben nie die Euros zusammenbekommen, die wir versprochen hatten.“
Schon zu Zeiten von Willy Brandt sei davon die Rede gewesen, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Entwicklungshilfe auszugeben. Das sei schon damals nicht umgesetzt worden. Der Verweis auf die Wirtschaftslage sei „eine faule Ausrede“, mahnte Hoppe.
Die Mahnung, man müsse angesichts der Krise „realistisch bleiben“, sei „Unsinn, wenn man sieht, welche Summen in den letzten zwei Jahren möglich waren“.
Seine Fraktion habe einen eigenen Haushaltsentwurf ausgearbeitet, bei dem sowohl bilaterale Institutionen als auch internationale Organisationen mehr erhalten würden. Schwerpunkte setze die Fraktion etwa auf den Klimaschutz und die ländliche Entwicklung.