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Eingetragene Lebenspartner erhalten das Recht auf eine Sukzessivadoption. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag, 22. Mai 2014, einen dazu von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (18/1285). Lebenspartner dürfen fortan ein Kind adoptieren, das der andere Partner bereits adoptiert hat. Keine Mehrheit fand ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der sich für eine vollständige Übernahmen aller Regelungen die Ehepaare im Adoptionsrecht betreffen auf Lebenspartnerschaften aussprach (18/577neu). In der teils sehr emotional geführten Debatte warfen Redner der Opposition insbesondere der Union vor, an der Diskriminierung Homosexueller festhalten zu wollen. Redner der CDU/CSU-Fraktion wiesen den Vorwurf zurück und betonten, bei der Regelung ausschließlich das Wohl der Kinder im Auge zu haben.
Von Seiten der SPD-Fraktion hieß es, mit der Neuregelung verbessere man die Situation der Kinder. Gleichwohl sei das Ziel der SPD, das Recht auf eine Volladoption für Homosexuelle zu schaffen.
Christian Lange (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium, machte deutlich, dass das Gesetz das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption „eins zu eins“ umsetze. Obwohl das Gericht mit der Vorgabe, das Urteil bis zum 30. Juni 2014 umzusetzen, eine enge Zeitvorgabe gesetzt habe, sei die Vorlage ausgiebig beraten worden.
Auch nach der dazu durchgeführten Expertenanhörung sehe die Beschlussempfehlung des Rechtsauschusses (18/1488) vor, den Regierungsentwurf vollständig zu übernehmen.
Für Harald Petzold (Die Linke) ist die Vorlage „eine einzige Enttäuschung“. Bei der Anhörung hätten fünf von sieben Sachverständigen deutlich gemacht, dass Kinder in Lebenspartnerschaften genauso gut aufwachsen könnten „wie in normalen Familien“ und es daher keinen Grund gebe, einer Volladoption nicht den Weg zu ebnen.
Die beiden von der Union bestimmten Sachverständigen hätten ihre Ablehnung der Volladoption damit begründet, dass dies deshalb nicht dem Kindeswohl dienen würde, da die homosexuellen Eltern in der Gesellschaft noch diskriminiert würden.
Von dieser „kruden Argumentation“, so Petzold, sei es nur ein kleiner Schritt zu Vorschlägen des russischen Präsidenten Putin, Homosexuellen die Kinder ganz wegzunehmen. Eine Äußerung, die zu Empörung in den Reihen der Unionsfraktion führte.
Die Unionsabgeordnete Sabine Sütterlin-Waack machte auf den Unterschied zwischen der Sukzessivadoption und der Volladoption aufmerksam. So bestehe bei der Sukzessivadoption zwischen dem Kind und einem Lebenspartner schon eine emotionale Bindung. Mit der Möglichkeit der Adoption durch den anderen Partner werde die rechtliche Situation des Kindes verbessert, sagte Sütterlin-Waack. „Außerdem fühlen sich die Kinder so mit anderen Kindern gleichwertig“, fügte sie hinzu.
Anders sei es bei der Volladoption. Zum einen würden da die Rechtsbeziehungen zu den leiblichen Eltern „gekappt“. Zudem müssten die Kinder Diskriminierungen, „die es unstreitig immer noch gibt“, aushalten. Es müsse nun gefragt werden, ob diese Diskriminierungen so schwer wiegen, dass es die staatliche Wächterfunktion gebiete, zu verhindern, „Kinder in eine für sie unbekannte homosexuelle Partnerschaft zu geben“.
Nach Aussage der Unionsabgeordneten würden zur Beantwortung dieser Frage noch weitere Studien benötigt. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch einen sehr engen Zeitplan für die Umsetzung des Urteils vorgegeben.
Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte der Einschätzung zu, dass es allein um das Wohl des Kindes gehen müsse. Auch das Bundesverfassungsgericht sei aber zu der Einschätzung gelangt, dass die sexuelle Orientierung der Eltern unbedeutend für die Entwicklung der Kinder sei. „Wenn also das Kinderwohl nicht gefährdet ist, warum dürfen homosexuelle Lebenspartner nicht gemeinschaftlich ein Kind adoptieren?“, fragte Schauws und unterstellte der Union einen Diskriminierungswillen.
Dieser gehe sogar soweit, dass man in Kauf nehme, dass mit der Regelung sogar Ehepaare gegenüber Lebenspartnerschaften benachteiligt würden, da Ehegatten nicht alleine ein Kind adoptieren dürften. „Es geht hier schlicht um Homophobie“, urteilte die Grünen-Abgeordnete.
Die SPD habe schon jetzt die Volladoption ermöglichen wollen, sagte Dr. Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD). Auch wenn der Koalitionspartner noch nicht so weit wäre, bleibe das im Koalitionsvertrag enthaltene Ziel aktuell, sämtliche Diskriminierungen zu beenden, betonte er.
Zugleich machte er deutlich, dass es bei der Adoption nicht um die Gleichstellung an sich gehe, sondern um Kinder. Mit dem Gesetzentwurf komme man die Interessen der Kinder nach, wie es auch vom Bundesverfassungsgericht verlangt worden sei.
Brunners Fraktionskollege Johannes Kahrs stellte ebenfalls klar, dass es nicht um das Recht auf ein Kind gehe. Über die Vergabe der Kinder an Adoptiveltern werde ohnehin an anderer Stelle entschieden. „Es geht um das Recht für Homosexuelle, sich für eine Adoption bewerben zu dürfen“, sagte Kahrs.
Gegen die Stimmen der Koalitionsfraktionen scheiterten die Grünen mit Gesetzentwürfen zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts (18/577 neu) und zum Europäischen Übereinkommen über die Adoption von Kindern (revidiert) (18/842).
Mit dem ersten Entwurf wollten die Grünen im Adoptionsrecht das Recht der Lebenspartnerschaft an das Recht der ehe angleichen, mit dem zweiten Entwurf sollen die von deutscher Seite erforderlichen Voraussetzungen für die Ratifizierung des Übereinkommens vom 27. November 2008 geschaffen werden. Nach dem revidierten Übereinkommen könnten die Vertragsstaaten die Sukzessivadoption durch Lebenspartner zulassen.
In namentlicher Abstimmung scheiterten die Grünen mit einem Änderungsantrag zum Regierungsentwurf (18/1494). Darin wollten sie im Lebenspartnerschaftsgesetz festlegen, dass für die Annahme eines Kindes durch Lebenspartner die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Annahme eines Kindes durch Ehegatten entsprechend gelten. 432 Abgeordnete lehnten den Änderungsantrag ab, 111 stimmten ihm zu, es gab 20 Enthaltungen. (hau/22.05.2014)