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Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am Donnerstag, 3. Juli 2014, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/1528, 18/1954) angenommen, dementsprechend Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina künftig asylrechtlich als sichere Herkunftsländer gelten sollen. Asylsuchende aus diesen Ländern müssten dann mit einer Ablehnung ihres Antrages rechnen, es sei denn, sie können besondere Gründe anführen. Bevor das Gesetz Geltung erlangt, muss es jedoch noch vom Bundesrat angenommen werden.
Während der Debatte äußerten Vertreter von Linksfraktion und Grünen scharfe Kritik an dem Vorhaben. Von einem „weiteren Einschnitt des Flüchtlingsschutzes“ sprach Ulla Jelpke (Die Linke). Gerade für die Volksgruppe der Roma würden Ausgrenzung und Diskriminierung in den Balkanstaaten ständig zunehmen, sagte Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen).
Die Menschen aus diesen Ländern kämen nach Deutschland, weil sie sich gut bezahlte Arbeit und ein besseres Leben erhofften, urteilte hingegen Nina Warken (CDU/CSU). Dafür sei das Asylrecht jedoch nicht gedacht. Es müsse ein Priorisierung der politisch Verfolgten vor den denjenigen geben, die ihr Land aus Gründen der Armut verlassen, sagte Mahmut Özdemir (SPD).
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maiziere (CDU) machte darauf aufmerksam, dass seit der Aufhebung der Visumpflicht für Mazedonien, Serbien und Bosnien-Herzegowina die Zahl der in Deutschland von Staatsangehörigen dieser Länder gestellten Asylanträge sprunghaft angestiegen sei. „Dafür war die Aufhebung der Visumpflicht aber nicht gedacht“, fügte er hinzu.
Die hohe Zahl der letztendlich erfolglosen Asylanträge aus den Westbalkanstaaten gehe zudem zulasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden. „Wir können mehr Verfolgte aus Syrien aufnehmen, wenn weniger Nichtverfolge aus Serbien zu uns kommen“, sagte der Minister.
Es sei skandalös, ein Land gegen das andere auszuspielen, entgegnete Ulla Jelpke (Die Linke). Niemand dürfe abgeschoben werden, wenn er verfolgt werde. Roma etwa würden in den drei Ländern diskriminiert und an den Rand gedrängt. Ihnen werde die Aufnahme in Krankenhäuser verwehrt, ihre Kinder würden in Sonderschulen verschoben – „nur weil sie Roma sind“.
Die Polizei schreite bei Angriffen gegen sie nicht ein. Diese Bedrohungen zusammengenommen führten zu einer Situation, wo Menschen in ihrer Existenz und Menschenwürde gefährdet seien. „Diesen Menschen müssen wir weiter Schutz gewähren“, forderte Jelpke.
Ohne die verschiedenen Gruppen der Asylsuchenden gegeneinander ausspielen zu wollen, müsse man doch denjenigen helfen können, deren Notlage am größten ist, sagte Mahmut Özdemir (SPD). Das gehe am ehesten, in dem man zunächst nicht asylrelevante Tatsachen ausschließe.
„Die Zahlen geben uns recht“, so Özdemir. Die Anerkennungsquote aus den drei Ländern liege bei unter einem Prozent. Der SPD-Abgeordnete verwies auch darauf, dass das Recht auf Einzelfallprüfung erhalten bleibe.
Luise Amtsberg (Bündnis 90/Die Grünen) widersprach der Einschätzung, die Asylbewerber aus den Balkanstaaten bräuchten keinen Schutz und seien Armutszuwanderer. „Fakt ist, dass ethnische Minderheiten und Homosexuelle extrem diskriminiert werden“, sagte sie. Dies habe Ausmaße angenommen, die existenziell und lebensgefährdend seien. Nach dem Motto: „Das Boot ist voll – wir müssen uns entscheiden, wen wir aufnehmen“, könne man nicht handeln, befand Amtsberg.
„Es geht nicht, dass gesagt wird, wenn wir mehr Syrer aufnehmen wollen, können wir nicht mehr Mazedonier oder Bosnier aufnehmen.“ So funktioniere das Asylrecht nicht. „Der Schutzanspruch ist keine Auslegungssache“, sagte die Grünenabgeordneten, die zugleich mit Blick auf den Bundesrat ankündigte: „Restriktionen im Asylrecht mit Unterstützung der Grünen wird es nicht geben.“
Das Asylrecht sei nicht der richtige Ort, um soziale und wirtschaftliche Probleme der Herkunftsländer zu lösen, sagte Nina Warken (CDU/CSU). Viele der Antragsteller aus den Westbalkanländern räumten sogar ein, dass sie sich ein Deutschland ein besseres Leben erhofften.
Sehr viele wüssten auch, dass ihr Antrag kaum Aussicht auf Erfolg hat, sie aber in der Zeit der Antragstellung staatliche Leistungen in Deutschland erhalten würden, die vielfach höher seien, als das Einkommen, welches sie in ihren Heimatländern hätten. Das sei nicht gerecht, sagte Warken und forderte: „Diesen Missbrauch unseres Asylsystems müssen wir dringend beenden.“ (hau/03.07.2014)