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Das von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) geplante Elterngeld Plus stößt im Bundestag überwiegend auf Zustimmung. Selbst die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen lobten den Gesetzentwurf (18/2583), über den das Parlament am Freitag, 26. September 2014, in erster Lesung beriet, als „Schritt in die richtige Richtung“. Abgeordnete der Linken und der Grünen kritisierten jedoch, dass das Gesetz nicht weit genug gehe und dass Alleinerziehende und Bezieher von Arbeitslosengeld II benachteiligt würden. Die Vertreter der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD unterstützten das Gesetzesvorhaben, die Erfolgsgeschichte des Elterngeldes werde damit fortgeschrieben. Aber auch aus der SPD-Fraktion wurden Nachbesserungen bei den Regelungen für Alleinerziehende angemahnt. Mit dem Gesetz, das Anfang 2015 in kraft treten soll, will die Bundesregierung jene Elternpaare stärker unterstützen, die sich partnerschaftlich um die Kinderbetreuung kümmern und zugleich früher ins Berufsleben zurückkehren wollen.
Mit dem Gesetz werde „ein neues kapitel in der Familienpolitik“ aufgeschlagen, sagte Ministerin Schwesig. Die Aufgabe einer modernen Familienpolitik sei es nicht, Eltern Vorschriften zu machen, sondern sie dabei zu unterstützen, wenn sie partnerschaftlich Verantwortung für die Familie übernehmen. Es liege auch im Interesse der Arbeitgeber, wenn Frauen in Teilzeit früher in den Beruf zurückkehren.
Die Ministerin warb in der Debatte auch ihre in der Unionsfraktion umstrittenen Pläne für eine „Familienarbeitszeit“. Nach den Plänen der Regierung sollen Eltern das Elterngeld Plus bei gleichzeitiger Teilzeitarbeit doppelt so lange nutzen können wie das bisherige Elterngeld. Bislang ist eine Kombination aus Elterngeld und Teilzeit zwar auch schon möglich, der Lohn aus der Teilzeitbeschäftigung mindert jedoch die Höhe des ausgezahlten Elterngeldes ohne dass sich deshalb die Bezugsdauer verlängert.
Zudem soll ein Partnerschaftsbonus eingeführt werden. So soll sich die Bezugsdauer des Elterngeldes Plus um vier Monate für jeden Elternteil verlängern, wenn beide pro Woche 25 bis 30 Stunden arbeiten. Elterngeld, Elterngeld Plus und der Partnerschaftsbonus sollen sich zudem kombinieren lassen. Insgesamt soll die maximale Bezugsdauer des Elterngeldes Plus bei 28 Monaten liegen. Das bisherige Elterngeld kann maximal 14 Monate bezogen werden.
Auch die Elternzeit soll nach dem Willen von Familienministerin Schwesig flexibler gestaltet werden. So sollen Eltern wie bisher bis zum dritten Geburtstag des Kindes eine unbezahlte Auszeit aus dem Berufsleben nehmen können. Zudem soll zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes eine Auszeit von bis zu 24 Monaten möglich sein. Diese 24 Monate sollen dann in drei statt wie bisher zwei Abschnitte aufgeteilt werden können.
Trotz prinzipieller Zustimmung zum Elterngeld übten die Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen auch Kritik am Gesetzentwurf. Diana Golze, jugendpolitische Sprecherin der Linken, und die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner, monierten übereinstimmend, dass das Arbeitslosengeld II (Alg II) auch weiterhin auf das Elterngeld angerechnet werde. Alg-II-Bezieher kämen damit faktisch nicht in den Genuss des Elterngeldes. Dies sei eine „riesige Ungerechtigkeit“, sagte Dörner und „kein Konzept zur Bekämpfung der Familienarmut“, fügte Golze an.
Die Linke-Abgeordnete bemängelte zudem, dass die bislang gezahlten Zuschläge auf das Elterngeld bei Mehrlingsgeburten künftig gestrichen werden sollen. Der Elterngeldanspruch gelte nicht mehr pro Kind, sondern pro Geburt. Dies stehe aber im Widerspruch zu einemUrteil des Bundessozialgerichtes. Linke und Grüne kritisierten zudem, dass Alleinerziehende mit gemeinsamen Sorgerecht nicht von den Partnerschaftsmonaten profitieren. Insgesamt müssten die Bedingungen für Alleinerziehende beim Elterngeld verbessert werden.
Für die CDU/CSU-Fraktion begrüße die Familienpolitikerin Nadine Schön den Gesetzentwurf als die Umsetzung eines Wahlversprechens. Die Familien in Deutschland könnten sich „auf die Union verlassen“. Das Elterngeld Plus sei auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten und setze die „Erfolgsgeschichte“ des Elterngeldes fort.
Die im Bundeshaushalt insgesamt für das Elterngeld eingeplanten Mittel von 5,4 Milliarden Euro seien „gut angelegt“. Mit dem Elterngeld werde Familien im ersten Jahr nach der Geburt eines Kindes ein „Schonraum“ gewährt. Das Elterngeld unterstütze sie finanziell und gebe ihnen die Möglichkeit für ein partnerschaftliches Leben.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Carola Reimann begrüßte den Gesetzentwurf als ersten von drei gesetzlichen Schritten, um Familien mehr zeitlichen Spielraum zu verschaffen. Ein Gesetzentwurf von Ministerin Schwesig zur besseren Vereinbarung von Beruf und Pflege von Familienangehörigen werde folgen, und im kommenden Jahr werde Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) einen Gesetzentwurf vorlegen, um einen Rechtsanspruch auf die Rückkehr in eine Vollzeitbeschäftigung zu verankern.
Reimann mahnte allerdings an, dass während der Beratungen über das Elterngeld Nachbesserungen bei den Regelungen für Alleinerziehende mit gemeinsamen Sorgerecht erreicht werden müssten. (aw/26.09.2014)