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So viel Lob für die Quote gab es noch nie: Als „historischen Schritt“ und „guten Tag für die Frauen“ haben Abgeordnete von Koalition und Opposition die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote am Freitag, 6. März 2015, bezeichnet. Der Bundestag stimmte mit großer Mehrheit für den Gesetzentwurf von Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD). Damit haben die Parlamentarier eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent bei der Neubesetzung von Aufsichtsräten von 108 börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen eingeführt. Gleichzeitig wird es künftig feste Zielvorgaben für rund 3.500 Unternehmen geben.
Schwesig sagte in der Debatte, Frauen müssten dort, wo über Löhne und Arbeitsbedingungen entschieden werde, präsent sein. Sie wirkten nicht nur in den Führungsetagen, sondern auch darunter: Ihre Arbeit komme bei „Millionen von Frauen vor Ort“ an. Noch immer sei die soziale und politische Gleichstellung nicht erreicht; die Diskussionen um die Quote hätten gezeigt, dass Veränderungen nicht von allein kämen, sondern erkämpft werden müssten. Doch allein die Beratungen hätten bei den Unternehmen zu Veränderung geführt: „Der Kulturwandel kommt.“
Schwesig betonte, die Quote sei verfassungsfest und Ausdruck einer modernen Gleichberechtigung, „die auf Frauenförderung setzt und die modernen Männer mitnimmt“.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Nadine Schön, sagte, die Zeit der freiwilligen Selbstverpflichtungen sei vorbei. In den 200 größten deutschen Unternehmen seien 18 Prozent der Aufsichtsräte weiblich und nur fünf Prozent der Vorstände. Dies liege nicht daran, dass es nicht genügend kompetente Frauen gebe, sondern an den Strukturen. Man führe heute eine „Quote mit Augenmaß“ ein, die die Unternehmen nicht überfordere. Die Kombination aus fester Quote für die großen Unternehmen und Flexiquote für kleinere Unternehmen sei „genau die richtige Mischung“.
Die Union habe den Aspekt der Familienfreundlichkeit in das Gesetz „reinverhandelt“: Damit würde die Situation für Männer und Frauen verbessert, die zeitweise aufgrund familiärer Verpflichtungen beruflich kürzer träten - das sei ein „moderner Ansatz“. Die Nachverhandlungen von CDU und CSU hätten dazu geführt, dass das Gesetz nun „verfassungsfest“ und „weniger bürokratisch als noch vor zwei Wochen“ sei.
Sönke Rix, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, sagte, man könne „natürlich immer mehr“ machen. Es sei zwar wünschenswert, dass das Gesetz irgendwann überflüssig werde, er bezweifle aber, dass das möglich sein werde.
„Wir werden eher nochmal verschärfen“ und über höhere Quoten sprechen. Der Verfassungsrechtler habe in der Anhörung bestätigt, dass das Gesetz verfassungskonform sei.
Caren Lay, stellvertretende Fraktionschefin der Linken, sagte, man befinde sich in einer „Woche der klitzekleinen Fortschritte“: Nach einem „Mietpreisbremschen“ komme nun ein „Frauenquötchen“.
Die Quote sei „längst überfällig“ - aber es sei schade, dass sie nun nur für rund „180 Frauen in der Republik“ komme. Sie fragte: „Warum so zaghaft?“ Die Linke habe sich eine Quote von 50 Prozent gewünscht.
Auch Katrin Göring-Eckhardt, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, nannte den Abschluss der Quote einen „Meilenstein in der Debatte um die Gleichberechtigung“ und dankte all den Frauen, die dafür jahrelang parteiübergreifend gekämpft hätten, für ihren Mut, ihre Ausdauer und ihre Geduld. Ihre Fraktion habe sich mehr gewünscht, aber die „gläserne Decke“ bekomme so „zumindest Risse“. Es gelte weiterzukämpfen.
Etwas mehr als 100 Unternehmen müssten nun in den kommenden Jahren 60 Frauen qualifizierte Frauen finden: dies wäre vermutlich auch innerhalb eines Monats möglich. Göring-Eckardt warf der Koalition vor, handwerklich schlecht gearbeitet zu haben; dies habe die heftige Kritik der Sachverständigen in der Anhörung belegt.
In der Abstimmung über den Regierungsentwurf (18/3784, 18/4053) enthielt sich die Opposition. Die 30-Prozent-Quote gilt für die Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen, die ab 2016 neu besetzt werden. Ab 2018 soll der Frauenanteil auf 50 Prozent erhöht werden.
Börsennotierte sowie mitbestimmungspflichtige Unternehmen werden verpflichtet, ab 2015 verbindliche Zielgrößen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, im Vorstand und in den obersten .Management-Ebenen festzulegen. Die gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des Bundes (Bundesgremienbesetzungsgesetz und Bundesgleichstellungsgesetz) werden novelliert, wobei im Wesentlichen die Vorgaben zur Geschlechterquote und zur Festlegung von Zielgrößen in der Privatwirtschaft widergespiegelt werden.
Der federführende Familienausschuss hatte den Regierungsentwurf so verändert, dass die Unternehmen nicht wie geplant jährlich, sondern erst nach Ablauf der Frist über die Einhaltung der selbst festgelegten Zielgrößen berichten müssen (18/4227). Dies soll den Bürokratieaufwand senken.
Zudem soll die Geschlechterparität nicht für alle Ebenen der Bundesverwaltung gelten. Eingegriffen werden soll nur, wenn eine strukturelle Benachteiligung von Frauen vorliegt. Diese Regelung soll nun auch für Männer gelten.
Die Grünen hatten getrennte Abstimmung zu Teilen des Gesetzes verlangt. Artikel 1 und 2 des Gesetzes (Änderung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes und Änderung des Bundesgleichstellungsgesetzes) lehnte die Opposition ab, bei den Artikeln 3 bis 23 des Gesetzes stimmte sie zu.
Der Bundestag lehnte gegen das Votum der Opposition einen Änderungsantrag der Grünen (18/4240) ab, den Artikel 2 des Gesetzes aufzuheben. Die Fraktion hatte argumentiert, die Ausweitung dieses Gesetzes auf Männer sei nicht durchdacht und nicht überzeugend. Der geringere Anteil von Männern etwa auf Sachbearbeitungsebene lasse sich nicht mit struktureller Diskriminierung erklären. Eine Männerquote sei kein geeignetes Mittel, um Geschlechterparität herzustellen.
Gegen das Votum der Opposition lehnte der Bundestag einen Gesetzentwurf der Grünen zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten, Gremien und Führungsebenen (18/1878) ab. Die Fraktion hatte darin eine Mindestquote von 40 Prozent für beide Geschlechter in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen oder Unternehmen mit Mitbestimmung vorgesehen.
Den zweiten Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum Bundesgleichstellungsgesetz für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2009 (17/4307) und den fünften Gremienbericht der Bundesregierung zum Bundesgremienbesetzungsgesetz für die Zeit vom 30. Juni 2005 bis 30. Juni 2009 (17/4308 neu) nahm der Bundestag zur Kenntnis.(suk/06.03.2015)