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„Das Betreuungsgeld ist durch, und es ist auch gut so, dass es durch ist“, stellte Dr. Franziska Brantner, familienpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, am Donnerstag, 5. November 2015, im Bundestag fest. Debattiert wurde über zwei Anträge von Linken (18/6041) und Grünen (18/6063), in denen die Fraktionen fordern, die ursprünglich für das Betreuungsgeld vorgesehenen Haushaltsmittel von einer Milliarde Euro für den Ausbau der Betreuung von Kleinkindern zu verwenden.
Ebenfalls diskutiert wurde ein inzwischen überholter Gesetzentwurf der Linken (18/5), mit dem das Betreuungsgeldgesetz von 2013 aufgehoben werden sollte. Das ist inzwischen durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschehen, das dem Bund die Kompetenz für die Regelung einer solchen familienpolitischen Leistung im Sommer abgesprochen hatte. Alle drei Oppositionsvorlagen wurden mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt. In namentlicher Abstimmung entschieden sich 461 Abgeordnete gegen den Antrag der Linken, 60 stimmten ihm bei 56 Enthaltungen zu.
In der Debatte zeigte sich jedoch, dass das Betreuungsgeld nicht so „durch“ ist, wie Brantner dies meinte. Denn gerade Unionsabgeordnete aus Baden-Württemberg und Bayern verteidigten es vehement und forderten die Bundesländer auf, dieses auf Länderebene nun einzuführen.
So warf Josef Rief (CDU/CSU) der Opposition vor, die häusliche Betreuung innerhalb der Familien nicht ausreichend anzuerkennen. Dabei bräuchten Kinder in den ersten Jahren vor allem eine verlässliche Bindung.
Deshalb „bleibt das Betreuungsgeld richtig und wichtig“, betonte Rief. Auf der anderen Seite werde die Bundesregierung ihren Weg des Kitaausbaus weitergehen, damit die Familien eine Wahlfreiheit hätten, ergänzte er.
Sein Koalitionskollege Fritz Felgentreu (SPD) rechnete den Abgeordneten die Milliarden vor, die die Bundesregierung in den nächsten Jahren in den Kitaausbau stecken will und lobte das im November in Kraft getretene Asylpaket. Denn damit würden die ursprünglich für das Betreuungsgeld vorgesehenen Gelder nach und nach den Ländern für den Kitaausbau zur Verfügung gestellt.
„Gerade die Flüchtlingskinder gehören in die Kita“, sagte Felgentreu. Er appellierte dafür, die Kooperation von Bund und Ländern auf diesem Gebiet zu verbessern, da ansonsten zu viele Gelder für andere Zwecke zweckentfremdet würden.
Norbert Müller (Die Linke) betonte die Bedeutung frühkindlicher Bildung für die Verringerung sozialer Ungleichheit. „Wir sind weit gekommen, aber noch nicht am Ziel.“ Nötig sei unter anderem eine bessere Fachkraft-Kind-Relation. „Dafür brauchen wir ein Kita-Qualitätsgesetz“, forderte er.
Außerdem müsse der Bund stärker in die Grundfinanzierung der Betreuung einsteigen, ein Rechtsanspruch allein reiche nicht. Er kritisierte, dass die Mittel aus dem Betreuungsgeld „völlig kontrolllos“ an die Länder gingen anstatt weiter im Bundeshaushalt verankert zu bleiben.
Für Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen) stellt die Versorgung der Flüchtlingskinder mit Kitaplätzen die entscheidende aktuelle Herausforderung dar: „Wir brauchen 68.000 Plätze.“ Ob die bisher veranschlagten Summen dafür ausreichten, sei fraglich, so Brantner.
Sie forderte darüber hinaus den Ausbau von Ganztagsangeboten und ein Kita-Qualitätsgesetz und kritisierte die Bundesregierung für das ihrer Meinung nach zu zögerliche Handeln. „Ich hoffe, dass wir von Frau Schwesig da noch mehr bekommen als Arbeitsgruppen und Zwischenberichte“, sagte Brantner. (che/05.11.2015)