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Der Bundestag hat den Weg zur Verlängerung befristeter Regelungen zur Terrorismusbekämpfung frei gemacht. Einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/5924) stimmte das Parlament am Donnerstag, 5. November 2015, gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen in vom Innenausschuss modifizierter Fassung (18/6579) zu. Danach sollen Vorschriften nach den Terrorismusbekämpfungsgesetzen, die hauptsächlich nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingeführt wurden, um weitere fünf Jahre in Kraft sein.
Dabei geht es nach den Worten des CSU-Abgeordneten Stephan Mayer vor allem um nachrichtendienstliche Auskunftsbefugnisse gegenüber Reiseunternehmen, Fluggesellschaften, Kreditinstituten und Telekommunikationsdienstleister, die derzeit bis zum 10. Januar 2016 befristet sind. Eine Evaluierung der Regelungen im Zeitraum von November 2013 bis November 2014 habe gezeigt, dass „in sehr maßvoller, in sehr verantwortungsvoller Weise von diesen Auskunftsmöglichkeiten für die Nachrichtendienste Gebrauch gemacht wurde“, sagte Mayer.
Insgesamt sei es in diesem Zeitraum zu 72 Auskunftsersuchen gekommen. Dies mache deutlich, „dass hier keine massenhafte Totalüberwachung des deutschen Volkes stattfindet“. Zugleich habe in einem Fall aufgrund der erteilten Auskunft ein Täter der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation überführt werden können. Der Evaluierungsbericht zeige klar, dass sich das Gesetz bewährt habe und richtig sei. Insgesamt sei es in diesem Zeitraum zu 72 Auskunftsersuchen gekommen. Dies mache deutlich, „dass hier keine massenhafte Totalüberwachung des deutschen Volkes stattfindet“. Zugleich habe in einem Fall aufgrund der erteilten Auskunft ein Täter der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation überführt werden können. Der Evaluierungsbericht zeige klar, dass sich das Gesetz bewährt habe und richtig sei.
Für Die Linke kritisierte dagegen ihre Parlamentarierin Ulla Jelpke, es seien „tiefe Einschnitte in die Grundrechte“, den Geheimdiensten zu erlauben, „Konten zu überwachen, Kommunikationsdaten einzusehen, Reisebewegungen zu beobachten und erfassen und vieles mehr“. Bei der Einführung dieser Gesetze im Jahr 2002 sei noch gesagt worden, dass „alles nur vorübergehend sei“. Heute sehe man, dass sie regelmäßig verlängert würden, „ohne dass ihr praktischer Nutzen für die Terrorbekämpfung tatsächlich nachgewiesen wurde“.
Das Bundesinnenministerium habe den inhaltlichen und zeitlichen Rahmen für die Evaluierung „so eng angesetzt, dass eine wirkliche, sorgfältige Prüfung des Themas verhindert wurde“. Ihre Fraktion habe „erhebliche Zweifel“ am Nutzen der Antiterrorgesetze. Bis heute habe noch niemand „nachweisen können, dass wegen der neuen Gesetze auch nur ein einziger Anschlag verhindert werden konnte“. Daher fordere Die Linke die Abschaffung dieser Gesetze.
Der SPD-Abgeordnete Uli Grötsch entgegnete, die Sicherheitsbehörden brauchten auch weiterhin die bisherigen Befugnisse. Schließlich habe sich die Gefährdungslage hinsichtlich terroristischer Bedrohung nicht entspannt oder gar erledigt. In dem jetzt vorliegenden Gesetz gehe es um den Rahmen, den der Gesetzgeber den Sicherheitsbehörden gebe, „um in angemessener Weise auf diese Bedrohungen reagieren zu können“.
Zu diesem Gesetz gebe es keine Alternative. Es sehe auch vor, dass künftig nicht nur Strafverfolgungsbehörden, sondern auch Nachrichtendienste verdeckt in Grundbücher und Grundakten schauen könnten, um etwa herauszufinden, „wem das Grundstück gehört, auf dem sich beispielsweise regelmäßig rechte Vereinigungen oder islamistische Vereinigung treffen“. Dabei sei es richtig, dass dem Eigentümer die Grundbucheinsicht für eine bestimmte Dauer nicht mitgeteilt werden dürfe, um Ermittlungen nicht zu gefährden.
Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic monierte, die Evaluierung der Terrorismusbekämpfungsgesetze sei „hart am Thema vorbei“ erfolgt. Wenn der Nutzen eines Gesetzes unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit ermittelt werden solle, müsse man auch den Erfolg der Maßnahmen nach klaren Kriterien überprüfen. Genau dies sei nicht geschehen. So sei überhaupt nicht ermittelt worden, ob die zusätzlichen Befugnisse der Geheimdienste in nur einem einzigen Fall dazu beigetragen haben, Terroranschläge zu verhindern.
Ohne einen klaren Beweis für den Erfolg der Terrorismusbekämpfungsgesetze sei das Parlament überhaupt nicht in der Lage, die Verhältnismäßigkeit dieser Befugnisse festzustellen. Gleichwohl wolle die Koalition die Befugnisse „ganz nebenbei“ ausweiten, indem nach ihrem Willen auch die Nachrichtendienste Grundbücher einsehen können sollen, ohne der betreffenden Person darüber Auskunft zu erteilen. (sto/05.11.2015)