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Vertreter von Koalition und Opposition haben sich im Bundestag entschieden gegen eine Verknüpfung der Terroranschläge von Paris mit dem anhaltenden Flüchtlingszuzug gewandt. Auch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU) mahnte am Dienstag, 24. November 2015, in der abschließenden Bundestagsdebatte über seinen Haushalt 2016 erneut, nicht „einen Bogen von den Ereignissen von Paris zur Flüchtlingsdebatte“ zu schlagen. Deutschland nehme „sehr viele Flüchtlinge auf, die selbst vor der brutalen Gewalt des sogenannten Islamistischen Staates geflohen sind“, sagte er. Dabei gebe es bisher „keinen Nachweis für ein systematisches Einschleusen von IS-Kämpfern, getarnt als Flüchtlinge“.
De Maizières Etat umfasst nach den Vorlagen des Haushaltsausschusses (18/6106, 18/6124, 18/6125, 18/6126) im kommenden Jahr Ausgaben in Höhe von 7,8 Milliarden Euro und damit 1,49 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Im Regierungsentwurf für den Haushalt 2016 (18/5500, 18/5502) war das Ausgabenvolumen im Einzelplan 06 des Bundesinnenministeriums noch mit 6,78 Milliarden Euro und damit 517 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr veranschlagt worden.
De Maizière verwies darauf, dass es einen Zuwachs seines Etats um 1,5 Milliarden Euro und damit um rund ein Viertel noch nie gegeben habe. Dies sei ein „starkes Bekenntnis“ für die Sicherheit der Bürger, für die Integration und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Lande. Er bekräftigte zugleich, dass es „keine Garantie gegen Terroranschläge“ gebe, die Bundesrepublik aber „wachsam und wehrhaft“ sei.
Durch den Haushalt 2016 würden die Sicherheitsbehörden deutlich gestärkt und bekämen insgesamt zusätzlich knapp 4.000 zusätzliche Stellen. „Mit dem beschlossenen Sicherheitspaket schaffen wir eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land sicherer leben können“, sagte de Maizière.
Mit dem Haushalt 2016 bekomme man zudem auch ein „großes Asylpaket“, in dessen Rahmen sein Geschäftsbereich 900 Millionen Euro mehr erhalte, fügte der Minister hinzu. Er bekräftigte zugleich seine Forderung, dass Europa „großzügige, abschließende Flüchtlingskontingente aufnehmen“ und fair verteilen solle. Ein solches Kontingent solle dann „die Zahl der Flüchtlinge, die in Europa aufgenommen werden, zugleich begrenzen“.
Für Die Linke forderte Roland Claus, man müsse „aus den Fehlern lernen“, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begangen worden seien, nämlich „Krieg als Mittel der Außenpolitik zu etablieren und Freiheitsbeschränkungen als Mittel der Innenpolitik“. Mit beidem müsse nun Schluss sein. Wer für die Beschränkung von Freiheitsrechten eintrete, bringe die Terroristen näher an ihr Ziel, als diese „das alleine schaffen würden“.
Mit Blick auf die Flüchtlingsdebatte wandte sich Claus gegen Forderungen nach einer „Obergrenze“. Dies würde bedeuten, „dass ein Flüchtling mit einer bestimmten Registrierungsnummer – nehmen wir mal 600.000 – akzeptiert wäre und ein Flüchtling mit der Registrierungsnummer 600.001 nicht“. Dergleichen wäre „einfach absurd“.
Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen) warnte vor einem „Engpass“ bei den Integrationskursen. De Maizière habe selbst gesagt, hierfür 570 Millionen Euro zusätzlich zu benötigen, aber nur 250 Millionen zusätzlich in den Etat einzustellen. Dabei lege diese Zahl auch „die Grundlage dafür, dass wir den Bedarf richtig erkennen“, sagte Hajduk. Wenn man anfange, diesen „ein bisschen kleinzurechnen“, könne man bei einem ähnlichen Engpass landen, wie man ihn schon einmal beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gehabt habe. Dies könne man sich bei der Integration nicht leisten.
Hajduk verwies zugleich darauf, dass auch die Opposition der Stärkung der Sicherheitsbehörden zugestimmt habe. So finde ihre Fraktion etwa die Aufstockung der Bundespolizei um 3.000 Stellen in den kommenden drei Jahren richtig. Dagegen sei eine Diskussion über eine Ausweitung der Befugnisse der Bundeswehr im Inneren nicht die richtige Lösung.
Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) hob hervor, dass die Mittel für den Innenetat 2016 in den parlamentarischen Beratungen im Vergleich zum Regierungsentwurf um etwa eine Milliarde Euro aufgestockt worden sei. De Maizière habe zur Bewältigung seiner Aufgaben im kommenden Jahr 5.500 Mitarbeiter zusätzlich zur Verfügung. Davon entfielen allein 3.000 auf das BAMF. Hinzu kämen 1.000 weitere befristete Stellen zusätzlich für das BAMF.
Mit mehr Mitteln und Stellen löse man das Problem aber nicht, sondern könne es nur besser verwalten. Deutschland könne nicht jeden Tag 5.000 bis 10.000 Flüchtlinge neu aufnehmen und ihnen eine Perspektive bieten. Diese Zahl müsse weniger werden, „und das möglichst schnell“.
Martin Gerster (SPD) sagte, man biete auch den Menschen Schutz, „die meinen, noch zu uns kommen zu müssen“. Wenn Deutschland es richtig mache, könne es langfristig aus dieser Entwicklung gestärkt hervorgehen als ein Land, das eine Kultur der Weltoffenheit lebe und für „starke und freundschaftliche Bande zwischen Kulturen und Religionen“ stehe. Dazu gehöre auch, alles zu tun, „um die feigen Täter von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte“ zu ermitteln und konsequent zur Rechenschaft zu ziehen.
Mit Blick auf die Integrationskurse verwies Gerster darauf, dass die entsprechenden Mittel um 250 Millionen Euro auf mehr als eine halbe Milliarde Euro angehoben würden. Ausgaben für Integration seien vor allem Investitionen „in die Zukunft“.
Auf der Tagesordnung der Abgeordneten stand zugleich der Einzelplan für die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, deren Haus zum 1. Januar 2016 in eine eigenständige und unabhängige oberste Bundesbehörde umgewandelt wurde.
Ihr Etat umfasst nach der Ausschussvorlage im kommenden Jahr ein Ausgabenvolumen von 13,7 Millionen Euro und damit 470.000 Euro mehr als im Regierungsentwurf veranschlagt. Während der Etat des Innenministeriums mit Koalitionsmehrheit angenommen wurde, war die Zustimmung zum Voßhoff-Etat einstimmig. (sto/24.11.2015)