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Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung von Klagerechten in Umweltangelegenheiten (18/9526) ist am Montag, 26. September 2016, bei einer Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit unter Vorsitz von Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen) überwiegend auf Kritik gestoßen. Mit der Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und weiterer Gesetze will die Bundesregierung völker- und europarechtliche Vorgaben in deutsches Recht umsetzen.
Bedarf besteht, weil etwa die fünfte Vertragsstaatenkonferenz der Aarhus-Konvention der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UN ECE) die deutsche Umsetzung in zwei Punkten für völkerrechtswidrig erklärt hatte. Auch vom Bundesverwaltungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof war dem Gesetzgeber Nachbesserungsbedarf attestiert worden.
Der Entwurf sieht unter anderem vor, anerkannten Umweltverbänden die Möglichkeit einzuräumen, ein breiteres Feld behördlicher Entscheidungen gerichtlich überprüfen zu lassen. Zudem soll die bisher im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz bestehende Ausschlussklausel wegfallen.
Der vorlegte Entwurf scheitere an dem eigenen Anspruch, die völker- und europarechtlichen Vorgaben eins zu eins umsetzen, kritisierte Dr. Michael Zschiesche (Unabhängiges Institut für Umweltfragen (UfU). Wie auch die Sachverständigen Prof. Dr. Remo Klinger (Geulen & Klinger Rechtsanwälte), Prof. Dr. Sabine Schlacke (Institut für Umwelt- und Planungsrecht, Westfälische Wilhelms-Universität Münster) und Dirk Teßmer (Rechtsanwälte Philipp-Gerlach & Teßmer) kritisierte Zschiesche, dass die Neuregelungen des Paragrafen 1 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes weiterhin hinter den Vorgaben des Artikels 9 Absatz III der Aarhus-Konvention zurückblieben.
Die Aarhus-Konvention sehe vor, alle behördlichen Handlungen und Unterlassungen gegen umweltrechtliche Vorschriften gerichtlich überprüfbar zu machen. Dies geschehe mit dem Entwurf aber nicht. So seien die im Entwurf ausgeführten Ausnahmen für Pläne und Programme, bei denen keine Pflicht zur Durchführung einer "Strategischen Umweltprüfung" vorgesehen ist, nicht der Konvention zu entnehmen, kritisierte Zschiesche.
Auch Klinger betonte, dass bestimmte Ausnahmen des Rechtsschutzes, etwa im Bereich der Raumordnungspläne der Windenergie oder des Bundesverkehrswegeplans, "offenkundig interessengesteuert" seien. Auch wenn der Entwurf einen richtigen Schritt darstelle, blieben die Neuregelungen an einigen "sehr wichtigen Stellen" rechtswidrig. Ohne Begründung seien etwa Rechtsverordnungen - in seiner schriftlichen Stellungnahme verweist Klinger als Beispiel auf Flugroutenfestlegungen - nicht aufgeführt worden.
Auch die Beschränkung auf "Vorhaben" sei problematisch, falle so doch der Produktgenehmigungsbereich heraus. "Eklatant rechtswidrig" sei zudem die Übergangsvorschrift, nach der die neuen Rechtsschutzmöglichkeiten erst auf Entscheidungen Anwendungen finden sollen, die nach dem 31. Dezember 2016 fallen. Klinger mahnte zu Nachbesserungen, damit sich der Gesetzgeber weitere "Blamagen" erspare.
Weniger kritisch beurteilte Dr. Frank Fellenberg (Deutscher Anwaltverein) den Gesetzentwurf. Die völkerrechtlich geforderten Klagerechte seien in der Tat "sehr weitreichend", aber nicht unbegrenzt. Der eingrenzende Ansatz des Gesetzes sei der richtige Weg. Eine von andere Sachverständigen vorgeschlagene Quasi-Übernahme der Regelung der Aarhus-Konvention als Generalklausel ins Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz lehnte Fellenberg hingegen ab, da die entsprechende Regelung "sprachlich und rechtstechnisch" missglückt sei. Nachbesserungsbedarf sah der Vertreter des Deutschen Anwaltvereins hingegen im Bereich von Ausschlussregelungen.
Oliver Schollmeyer vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte vor einem Schwinden von Rechts- und Planungssicherheit für Investitionen und Innovationen sowohl für Private als auch für die öffentliche Hand. Durch eine Erweiterung von Klagebefugnissen drohe eine Häufung und Verlängerung von Gerichtsverfahren, die öffentliche Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen werde gefährdet. Die Verfahren müssten handhabbar bleiben. In seiner schriftlichen Stellungnahme fordert der BDI unter anderem Anpassungen in der neu eingeführten Missbrauchsklausel und bei den Regelungen zur Heilung von formellen und materiellen Verfahrensfehlern. (scr/26.09.2016)