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Der Deutsche Bundestag verurteilt fraktionsübergreifend die Folter durch US-Behörden im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Terror nach den Anschlägen vom 11. September 2001. In einer auf Verlangen der Linksfraktion angesetzten Aktuellen Stunde zur „Folter durch die USA und ihre Folgen für den weltweiten Kampf um Menschenrechte“ sprachen sich die Abgeordneten am Mittwoch, 17. Dezember 2014, zudem für eine juristische Aufarbeitung jener „verschärften Verhörmethoden“ aus, die unter der Regierung von US-Präsident George W. Bush zwischen 2002 und 2008 gegen Terrorverdächtige angewendet worden waren.
Mitte Dezember hatte der Geheimdienstausschuss des US-Senats unter der Leitung von Dianne Feinstein (Demokraten) nach mehrjähriger Recherche den Umgang des US-Auslandsnachrichtendienstes CIA mit Terrorverdächtigen in Teilen öffentlich gemacht. Die US-Senatoren dokumentieren darin unter anderem „Schläge und Griffe ins Gesicht, Stresspositionen, Einsperren in enge Kisten, Lärmbeschallung und Schlafentzug“ – bis hin zur Folter durch das sogenannte „Waterboarding“, dem simulierten Ertrinken des Gefangenen.
Wolfgang Gehrcke (Die Linke) fühlte sich nach der Lektüre des Berichts an Francisco de Goyas Bilder der spanischen Inquisition erinnert: „Es ist das Mittelalter, das wiederkehrt.“ Es müsse Schluss sein mit der „Geißel des körperlichen Quälens“, um zu Geständnissen zu kommen.
Die Folter durch US-Behörden dürfe nicht straflos bleiben. Insbesondere jene Politiker und Beamten, die sie angeordnet hätten, müssten sich vor Gericht verantworten, forderte Gehrcke, der zudem den seit 2002 amtierenden Bundesregierungen die Glaubwürdigkeit absprach: „Sie wussten von den Geheimgefängnissen.“
Für Frank Heinrich (CDU/CSU) zeige der Senatsbericht, dass eine „unkontrollierte Exekutive“ das Ende von Freiheit bedeutet. Das damalige Handeln der USA mache den Einsatz der westlichen Welt für die Menschenrechte plötzlich nur noch „bedingt glaubwürdig“ und könne dazu führen, dass sich „Unrechtsstaaten wie Nordkorea“ in ihrem Handeln legitimiert sehen könnten.
Heinrich hob jedoch auch hervor, dass die „Kontrollmechanismen“ in den USA letztlich funktionierten – „wenn auch in diesem Falle zu spät“. Eine strafrechtliche Verfolgung der Taten nannte der CDU-Abgeordnete die „richtige Konsequenz für einen Rechtsstaat“.
Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) dankte den Kongressabgeordneten, die mit ihrem Bericht die sechs Jahre währende Folter der CIA aufgedeckt hätten. „Sie haben sich verdient gemacht um unsere Werte, um die Würde des Menschen und das Grundrecht auf Leben.“
Seine Fraktion habe beschlossen, von den Kollegen im US-Senat den vollständigen Bericht zu erbitten. „Wir zeigen nicht nur auf die USA, wir zeigen auch auf andere europäische Staaten und auf Deutschland selbst“, sagte Ströbele mit Verweis auf die Indizien zu CIA-Transportflügen von Gefangenen in und über Deutschland. Es gelte, auch hierzulande mögliche Verantwortliche zu belangen.
Christoph Strässer (SPD) erinnerte daran, dass die UN-Antifolterkonvention und die einschlägigen völkerrechtlichen Grundlagen „gültige und wirkende Menschenrechte“ seien: „Sie werden nicht vom Staat verliehen, sie kommen jedem Menschen zu aufgrund seiner Geburt, seiner Würde und seines Menschseins.“ Folter sei überdies kein Instrument der Wahrheitsfindung, sondern das Gegenteil. „Wer das Folterverbot aufweicht, der schafft es ab.“
Strässer forderte rechtliche Konsequenzen, auch bei der Aufklärung in Deutschland. Zwar ließen sich Verantwortliche aus den USA nicht vor dem Internationalen Strafgerichtshof anklagen, aber auf völkerrechtlicher Grundlage gebe es auch für deutsche Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit zu ermitteln. „Ich würde mir wünschen, dass sie das auch tun“, sagte Strässer. (17.12.2014)