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Wohnungsnot und Mietenexplosion, auf diese Herausforderungen gibt es sehr unterschiedliche Antworten. Das zeigte die Debatte am Donnerstag, 28. Januar 2016, über zwei Anträge der Fraktion Die Linke (18/7263, 18/5230). Diese fordern ein Bündel von Maßnahmen gegen starke Mietsteigerungen. Zum einen sollen die Folgen von Modernisierungen für die Mieter begrenzt, zum anderen die Regeln für die Erstellung von Mietspiegeln verändert werden. Beide Oppositionsfraktionen kritisierten, dass die erst vergangenen März beschlossene Mietpreisbremse nicht wirke. Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) sprach an die Koalitionsfraktionen gerichtet von einer „sogenannten Mietpreisbremse, bei der Sie vergessen haben, eine Bremse zu installieren“.
Auf Kritik stieß vor allem, dass für die Erstellung von Mietspiegeln lediglich die in den letzten vier Jahren abgeschlossenen Mietverträge herangezogen werden. In Berlin sei es bei Neuvermietungen in den vergangenen fünf Jahren zu einer Steigerung um 56 Prozent gekommen, beklagte Caren Lay, die für die Fraktion Die Linke die beiden Anträge begründete. „Das können wir doch unmöglich als Berechnungsgrundlage für den Mietspiegel nehmen“, rief Lay. „Das ist Mietererhöhung per Gesetz.“
In ihren Anträgen fordert Die Linke zudem gesetzliche Regelungen, die „Mietsteigerungen nach Modernisierung auf ein Minimum reduzieren“. So soll die Modernisierungsumlage, die auf die Miete aufgeschlagen werden darf, deutlich begrenzt werden. So wie sie jetzt sei, sei sie vor allem „eine lukrative Geldanlage für die Vermieter und ein Motor für die Vertreibung der Mieter“, kritisierte Lay.
Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) warf der Linken vor, einen „Schaufensterantrag“ eingebracht zu haben. Es werde versucht, „die Vermieter in die Rolle der bösen Kapitalisten zu drängen, die hemmungslos und ohne Rücksicht nach Profit gieren“. Dies würde „der Komplexität des Wohnungsmarktes und auch den vielen Herausforderungen, die sich dort stellen, in keiner Weise gerecht“.
Es sei klar, dass es keine „Herausmodernisierung von Mietern“ geben darf, sagte Luczak, und im Koalitionsvertrag seien dazu auch Maßnahmen vereinbart. Aber ebenso klar sei, dass man das Ziel der Modernisierungsumlage, Anreize für Investitionen zu schaffen, nicht konterkarieren dürfe. Die Vorschläge der Linken würden dazu führen, dass notwendige Sanierungen unterbleiben.
Ebenso würden sich die Vorschläge der Linken für die Mietspiegel auswirken, kritisierte Luczak. „Die Immobilienwerte würden sofort sinken, der Verschuldungsgrad würde ansteigen, die Eigenkapitalquote sinken, und dann ist kein Bewegungsspielraum mehr da zur Investition“, ob in Neubau oder Modernisierung.
Die Koalition hatte unlängst zur Ankurbelung des Wohnungsbaus verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten vereinbart. Dies sollte auch Gegenstand des Gesprächs von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstagabend sein. Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) erkannte in diesem Vorschlag allerdings ein „Gießkannenprinzip“, weil damit der Luxuswohnungsbau genauso gefördert werde wie der dringend notwendige Bau bezahlbarer Wohnungen.
Als vordringlich bezeichnete Krischer eine Ausweitung des Sozialen Wohnungsbaus. Er begrüßte Vorschläge hierzu von Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks, nur um dann anzumerken, dass diese in der Koalition „die Durchschlagskraft von Wattebällchen“ habe.
Ausdrücklich forderte Krischer, so wie auch Redner aller anderen Fraktionen, eine Ausweitung der energetischen Gebäudesanierung, um die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen. Die Förderung dürfe aber nicht, wie es jetzt der Fall sei, dazu führen, „dass am Ende die Menschen aus den Wohnungen vertrieben werden“.
Auf bereits beschlossene Verbesserungen für die Mieter verwies Dennis Rohde (SPD). Als ein Beispiel nannte er das Bestellerprinzip für Maklerprovisionen. Ein Erfolg sei auch, dass die Mietpreisbremse bereits in 292 Kommunen angewendet werde.
Allerdings nannte auch Rohde die Rechtslage, nach der für Mietspiegel nur Verträge der letzten vier Jahre herangezogen werden, „problematisch“. „Wir wollen die Mieterinnen und Mieter in diesem Land schützen und kein Instrument, das der Renditeoptimierung dient“, sagte Rohde. Im Koalitionsvertrag sie daher vereinbart, die Mietspiegel auf eine breitere Basis zu stellen.
Auch bei der Modernisierungsumlage meldete Rohde Bedarf für eine Neuregelung an, wobei man „behutsam vorgehen“ müsse. „Diese Debatte wollen wir in den nächsten Wochen führen“, sagte Rohde. Zunächst solle man aber abwarten, was dazu derzeit im Justizministerium entwickelt wird.
Bundesjustizminister Heiko Maas hatte unlängst ein Eckpunktepapier zu Änderungen im Bereich des Mietrechts vorgelegt. Auf dessen Basis wird derzeit ein Referentenentwurf in seinem Hause erarbeitet. Halina Wawzyniak (Die Linke) nannte einige Vorschläge des Eckpunktepapiers sinnvoll, so die Ausdehnung der Basis für Mietspiegel auf zehn Jahre.
Dagegen sah Marie-Luise Dött (CDU/CSU) in den Überlegungen von Maas die Gefahr, dass Investitionen in den Wohnungsbau verhindert werden, und mahnte: „Wir brauchen keine Gesetzgebung zur sozialistischen Mangelverwaltung.“ Der beste Mieterschutz sei „bauen, bauen, bauen“. Den sozialdemokratischen Koalitionspartnern riet Dött: „Laufen Sie den anderen Genossen nicht hinterher, Sie können sie nicht links überholen, schon gar nicht beim Mietrecht.“ (pst/28.01.2016)