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Die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und der Erfolg der AfD beschäftigte nicht nur die Bundeskanzlerin während der Generaldebatte. Auch die Sozialpolitiker, allen voran Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), fühlten sich durch die Wahlergebnisse direkt angesprochen und nutzten die Debatte über den Haushalt 2017 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (18/9200, Einzelplan 11) am Donnerstag, 8. September 2016, um darauf Antworten zu finden.
Schon traditionell verschlingen die Ausgaben für die Sozialpolitik den größten Teil des Bundeshaushaltes, daran wird sich auch im kommenden Jahr nichts ändern. Im Gegenteil, erneut verzeichnet der Einzelplan von Ministerin Nahles eine kräftige Erhöhung. Mehrausgaben von 8,72 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr sind bisher eingeplant, was dazu führt, dass der Haushalt auf 138,61 Milliarden Euro ansteigt (2016: 129,89 Milliarden Euro). Den größten Posten machen Leistungen an die Rentenversicherung aus (91,17 Milliarden Euro), gefolgt von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (37,25 Milliarden Euro).
Dass der Etat ihres Hauses 42 Prozent des Bundeshaushaltes ausmache, „zeigt, dass wir ernst machen“, betonte Ministerin Nahles. Denn das Soziale sei nicht nur Garnitur, sondern „Kernaufgabe unseres Staates“. „Gerade jetzt fühlen sich jene obenauf, die eine Spaltung der Gesellschaft vorantreiben wollen. Aber die Bundesregierung setzt auf das Gegenteil. Wir wollen den Fortschritt und wir haben vieles getan, um das Leben der Menschen zu verbessern“, sagte Nahles unter Verweis auf das Mindestlohngesetz und das Rentenpaket.
Dennoch wolle sie noch einige weitere große Gesetzespakete auf den Weg bringen, wie zum Beispiel ein Gesamtkonzept zur Alterssicherung, eine Reform der Leiharbeit oder das Bundesteilhabegsetz. „Wir werden einen heißen Herbst haben“, betonte Nahles.
Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) erneuerte die Kritik ihrer Fraktion an den ungleichen Rentensystemen in Ost- und Westdeutschland. Doch eine einfache Angleichung berge neue Ungerechtigkeiten, warnte sie. „Gleiches Recht für alle bedeutet auch, besondere Umstände zu berücksichtigen“, sagte sie in Bezug auf die derzeitige Höherwertung der Ost-Einkommen bei der Rentenberechnung.
Im Osten sei, anders als im Westen, die gesetzliche Rente meistens die einzige Einnahmequelle im Alter. Dies müsse bei einer Angleichung berücksichtigt werden, betonte Lötzsch.
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, betonte ebenfalls Grundsätzliches: „Sozialpolitik hat die Aufgabe, die Schwächeren der Gesellschaft zu schützen. Das ist kein Geschenk, sondern ein Rechtsanspruch.“ Es werde aber viel zu schnell, auch bei Kleinigkeiten, gesagt, dieser Staat sei unsozial. Aber: „Wir tun alles, damit diese Gesellschaft nicht auseinanderfällt“, sagte Schiewerling.
Wenn die Situation so prekär wäre, wie manche behaupten, dann hätten wir nicht so gut gefüllte Sozialkassen. Unter Bezug auf das von Nahles angekündigte Gesamtkonzept zur Alterssicherung und eines einheitlichen Rentensystems in Ost und West sagte er: „Diese Fragen sind nicht ideologisch zu klären und jeder weiß, dass man bei einer so komplexen Materie Zeit braucht.“
Ekin Deligöz, Haushaltsexpertin der Grünen, wählte ebenfalls pathetische Worte: „Dieser Einzelplan enthält, was unsere Gesellschaft zusammenhält.“ Existenzsicherung und Teilhabemöglichkeit seien der „Kitt unserer Gesellschaft“, aber zu viele Menschen profitierten nicht davon.
Natürlich gehe es dem Land insgesamt gut, entgegnete sie an die Adresse der Unionsfraktion. Dennoch gebe es Armut in erheblichem Umfang. Von ihr seien insbesondere junge, alleinerziehende Frauen und ältere Menschen betroffen. „Für diese Menschen müssen wir uns einsetzen. Und gerade, weil es uns so gut geht, wäre da mehr drin gewesen“, sagte die Grünen-Politikerin.
Diese Bundesregierung leiste sozialpolitisch Großes, betonte Ewald Schurer, Haushälter der SPD-Fraktion, und dies müsse man viel stärker herausstellen, um „dem provokativen Pfeil“ der Rechtspopulisten etwas entgegenzusetzen. Der Etat sei eine Investition für die Menschen, indem er ihre Integration in den Arbeitsmarkt unterstütze und deren Alterssicherung gewährleiste.
Der Haushalt spiele die Menschen nicht gegeneinander aus, sondern habe alle im Blick, Arbeitslose, Rentner, Jugendliche und Flüchtlinge, so der SPD-Politiker. (che/08.09.2016)