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Berlin: (hib/PST) Muss das Verfahren zur Besetzung von Richterstellen an den Bundesgerichten verbessert werden und wenn ja, wie? Darüber gingen die Meinungen auseinander bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zu einem Antrag der Grünen (18/7548) mit dem Titel "Reform der Wahl für die obersten Bundesgerichte". Dabei wurde eines von keinem der sieben Sachverständigen in Frage gestellt: Die im Grundgesetz (Artikel 95, Absatz 2) vorgesehene Wahl dieser Richter durch einen Richterwahlausschuss, der je zur Hälfte von den zuständigen Länderministern und von Bundestagsabgeordneten besetzt ist.
In dem Antrag der Grünen heißt es, dass es ein Spannungsverhältnis zwischen diesem Wahlverfahren und der nach Artikel 33, Absatz 2 vorgeschriebenen Besetzung öffentlicher Ämter nach fachlicher Eignung gebe. Diesem Grundsatz der Bestenauslese stehe entgegen, dass die Aufnahme auf die Vorschlagsliste für die Richterwahl in einem intransparenten Verfahren erfolge, heißt es in dem Antrag. Deshalb gebe es auch vermehrt Klagen nicht ausgewählter Konkurrenten, in deren Folge Stellen oft für lange Zeit nicht nachbesetzt werden könnten. Die beeinträchtige die Funktionsfähigkeit der Bundesgerichte erheblich.
Die Grünen beantragen, dass offene Stellen an den obersten Bundesgerichten ausgeschrieben werden. Zudem soll ein verbindliches Anforderungsprofil für Bewerber gesetzlich festgelegt werden. Zu den weiteren Forderungen des Antrags gehört eine Frauenquote für die Vorschlagslisten.
Ob öffentliche Ausschreibungen zu besseren Ergebnissen führen würden, darüber gingen in der Anhörung die Meinungen auseinander. Interessierte wüssten ohnehin, wenn an einem Bundesgericht Stellen neu zu besetzen seien und auch, wohin sie sich mit ihrem Interesse wenden müssen, wandte der Speyerer Rechtswissenschaftler Joachim Wieland ein. Das derzeitige Verfahren sei angemessen und er sehe keinen Reformbedarf. Der Richterwahlausschuss solle sein Verfahren in eigener Verantwortung ohne gesetzliche Vorgaben regeln, sagte Wieland. "Er ist so zusammengesetzt, dass man ihm das zutrauen sollte." Nach Ansicht des Präsidenten des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, Andreas Heusch, "gewährleistet" das jetzige Verfahren "gerade eine besonders breite Bestenauslese".
Dem widersprach Carsten Löbbert, Präsident des Amtsgerichts Lübeck und Bundesvorstand der Neuen Richtervereinigung. Viele geeignete Juristen fänden heute keine Möglichkeit, ihr Interesse an einer Stelle an einem Bundesgericht zu bekunden. Deshalb sollten Ausschreibungen normal sein, und zwar auf Bundesebene. Eine Interessenbekundung auf Landesebene sei problematisch, denn im Falle einer Ablehnung erfahre der Richterwahlausschuss dann gar nicht von dem möglicherweise bestens qualifizierten Bewerben. Dadurch werde das Verfahren erst recht anfechtbar.
Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen, Robert Seegmüller, wies darauf hin, dass es Konkurrentenklagen weniger bei Auswahlverfahren gebe als bei der Beförderung auf Führungspositionen an den Gerichten. Diese erfolge nach einem anderen Verfahren. Seegmüller sowie der Bonner Rechtsprofessor Klaus F. Gärditz regten an, die Spitzen der Gerichte ebenfalls durch den Richterwahlausschuss besetzen zu lassen, um die Zahl der Anfechtungsklagen zu verringern. Mehrere der Experten schlugen zudem vor, alle Anfechtungsklagen dem Bundesverwaltungsgericht als einziger Instanz zu übertragen, um die Verfahrensdauer und die damit verbundene Vakanz von Richterstellen zu verkürzen. Allerdings stieß dieser Vorschlag auch auf Widerspruch.
Kontrovers wurde die Rolle der Präsidialräte bewertet. Diese sind Gremien der jeweiligen Gerichtszweige, die beratend an der Richterwahl mitwirken. Während Eva Schübel, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof und Gleichstellungsbeauftragte, für eine stärkere Rolle der Präsidialräte plädierte, sah der Berliner Rechtsprofessor in deren Mitwirkung die "Gefahr einer Überrepräsentation standespolitischer Gesichtspunkte". Bewerbern, die keine klassische Gerichtskarriere absolviert hätten, werde so der Zugang erschwert.
Die Forderung der Grünen nach einer Frauenquote wurde vor allem von Eva Schübel nachdrücklich unterstützt. Während es Jahr für Jahr mehr hochqualifizierte Richterinnen gebe, sei die Zahl ihrer Berufungen an Bundesgerichte deutlich langsamer gestiegen. Schübel plädierte dafür, bei der Erstellung der Bewerberlisten Doppelvorschläge mit mindestens einer Frau vorzuschreiben. Dem hielt Joachim Wieland die Erfahrung mit Quoten bei der Besetzung von Professorenstellen entgegen. Frauen auf Vorschlagslisten seien noch lange keine Gewähr, dass diese auch gewählt würden. Andreas Heusch berichtete aus seiner langjährigen Erfahrung als Leiter eines großen Gerichts. Er habe viele hervorragende Richterinnen, doch diese lehnten den Aufstieg in ein höheres Gericht oft aus persönlichen Gründen, vor allem wegen des damit verbundenen Ortswechsels, ab. Einig zeigten sich die Sachverständigen allerdings darin, dass auch an den obersten Bundesgerichten Teilzeitstellen angeboten werden sollten. Dies könne Frauen die Entscheidung erleichtern, dorthin zu wechseln.
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