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Berlin: (hib/wid) Ökotourismus erfreut sich in Deutschland einer stetig wachsenden Nachfrage, der das Angebot bisher noch nicht entspricht. Umfragen zufolge äußern 61 Prozent der Urlauber den Wunsch, ihre Ferienreisen "nachhaltig" zu verbringen, während derzeit nur zwei bis fünf Prozent der touristischen Angebote als umweltfreundlich zertifiziert seien, sagte Prof. Dr. Hartmut Rein, Geschäftsführer der in Berlin ansässigen BTE Tourismus und Regionalberatung, am Mittwoch vor dem Tourismusausschuss. Rein stellte den ersten "Praxisleitfaden" zum Thema "Nachhaltigkeit im Deutschlandtourismus" vor, den seine Beratungsfirma im Auftrag des Deutschen Tourismusverbandes und mit Fördermitteln des Bundesumweltministeriums entwickelt hat.
Die Autoren des Leitfaden legen die drei klassischen Dimensionen des Nachhaltigkeitsbegriffs zugrunde, die ökologische, soziale und ökonomische, und ergänzen sie um eine vierte, die sich auf die Nachhaltigkeit des Tourismusmanagements bezieht. Davon ausgehend, definieren sie acht Handlungsfelder - etwa "Schutz von Natur und Landschaft", "Kultur und Identität", "Lokaler Wohlstand", "Gemeinwohl und Lebensqualität" - und entwickeln 40 Kriterien sowie 67 Prüfindikatoren. Damit verfügen Tourismusregionen, Fremdenverkehrsorte und touristische Dienstleister jetzt erstmals über ein Instrument, um ihr Angebot zu überprüfen und gegebenenfalls auf Erfordernisse der Nachhaltigkeit stärker auszurichten.
Dem Deutschen Tourismusverband sei das Thema seit Jahrzehnten ein Anliegen, betonte dessen stellvertretender Hauptgeschäftsführer Dirk Dunkelberg. Bereits 1986 habe seine Organisation ein erstes Positionspapier über "Naturschutz und Fremdenverkehr" vorgelegt, Ende der 1980er Jahre dann einen Fachausschuss "Tourismus und Umwelt" eingerichtet. Vor 20 Jahren habe der Verband einen ersten Bundeswettbewerb für umweltfreundliche Fremdenverkehrsorte ausgeschrieben. Eine "Umwelterklärung" sowie weitere Positionspapiere zum Thema Tourismus und nachhaltige Entwicklung seien gefolgt. Vor drei Jahren habe ein erster Bundeswettbewerb für nachhaltige Tourismusregionen stattgefunden. Unter 35 Wettbewerbern setzte sich Uckermark durch.
Die Idee des Praxisleitfadens sei aus diesem Wettbewerb hervorgegangen, berichtete Dunkelberg. Das Anliegen sei gewesen, die Kriterien, die der Prämierung zugrundelagen, zu systematisieren und mit internationalen Standards abzugleichen. Entwickelt worden sei der neue Kriterienkatalog in einem mehrstufigen Konsultationsprozess, zunächst mit Vertretern der fünf bestplatzierten Regionen im Wettbewerb, dann mit den einschlägigen Zertifizierungs-Gesellschaften, schließlich mit 40 unabhängigen Experten. Das ganze Verfahren habe anderthalb Jahre gedauert und sei vom Ministerium mit 120.000 Euro gefördert worden.
Der Leitfaden ist im Internet unter anderem auf der Webseite des Tourismusverbandes verfügbar sowie als Broschüre in einer Auflage von 5.000 Exemplaren, die allerdings bereits fast restlos verteilt seien. Die Nachfrage sei gewaltig, berichtete Dunkelberg, Manche Abnehmer hätten 20 bis 60 Exemplare auf einmal bestellt. Wegen der starken internationalen Resonanz liege mittlerweile auch eine englischsprachige Version vor. "Eine der höchsten Weihen", sagte Dunkelberg, sei gewesen, dass die Schweiz hochoffiziell um die Genehmigung ersucht habe, den deutschen Kriterienkatalog für ihre eigene Tourismuswirtschaft nutzen zu dürfen: "Sonst lernen wir immer von der Schweiz. Jetzt ist es einmal andersherum."
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