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Berlin: (hib/AHE) Die Handlungsspielräume für Menschenrechtsverteidiger werden im weltweiten Maßstab kleiner. In einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses am Mittwochnachmittag führten die Sachverständigen für diese Entwicklung vor allem zwei Faktoren an: Zum einen gebe es das Bestreben von immer mehr Regierungen, die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern einzuschränken, zu verhindern oder gar zu kriminalisieren sowie unter Berufung auf das Prinzip der Nichteinmischung Unterstützung für Menschenrechtsaktivisten von außen zu unterbinden. Diese Trends, auch darin herrschte Konsens, betreffe zwar vor allem autoritäre Regime, sei aber auch in einigen demokratischen Staaten zu beobachten. In einer Reihe von Ländern machten die Experten andererseits gerade schwache Regierungen und ein Mangel an Staatlichkeit als die entscheidende Faktoren aus, die zivilgesellschaftliche Spielräume und menschenrechtliches Engagement einengen oder gar unmöglich machen würden.
Jean Pierre Froehly vom Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE (ODIHR) sprach mit Blick auf die 2014 verabschiedeten OSZE-Leitlinien für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern von einer "Implementierungslücke": Auf dem Papier seien in den OSZE-Mitgliedsländern Schutzmechanismen zwar vorhanden, diese würden aber auf vielfältige Weise ausgehebelt: etwa durch restriktives Verwaltungshandeln, eine rigide Registrierungspraxis für Nichtregierungsorganisationen oder etwa durch die Stigmatisierung als "ausländische Agenten". Verbreitet sei zudem, dass Menschenrechtsaktivisten durch andere nichtstaatliche Akteure eingeschüchtert würden oder ihr Wirken durch steuerrechtliche Restriktionen einschränkt würde. "Die Leitlinie zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern sind nur so gut, wie sie in der Praxis umgesetzt werden können", sagte Froehly. Es gelte hier unter anderem durch Wahlbeobachtungen, durch Beobachtung von Gerichtsprozessen gegenzusteuern, gefragt sei aber auch Rechtsberatung von staatlichen Stellen in Verfassungsfragen, beim Wahlrecht oder in der NRO-Gesetzgebung.
Thomas Gebauer von der Hilfsorganisation Medico international begrüßte die entsprechenden Leitlinien der OSZE und auch der EU zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern: "Aber die besten Leitlinien nützen nichts wenn sie nicht bekannt sind oder angewendet werden." Es bedürfe eines gezielten diplomatischen Handelns "aller Akteure bei allen Gelegenheiten und Treffen". Man müsse entschlossen klarmachen, dass es nicht allein um die Menschenrechte geht, sondern dass eine lebendige Zivilgesellschaft der Garant dafür ist, dass sich die Dinge in einem Land zum Besseren entwickeln. Gebauer ordnete die immer stärkeren Einschränkungen für Menschenrechtsverteidiger in eine größeren politischen Kontext ein: Eine wachsende Zahl von Ländern mit fragiler Staatlichkeit, die Zunahme von langfristigen Konflikten und der global weiter aufgehenden sozialen Schere bis hin zur "absoluten Verrohung von politischen Verhältnissen" wie im Falle Syriens, wo weder das Völkerrecht noch humanitäre Absprachen noch Geltungen hätten. Als konkrete Empfehlung zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern nannte Gebauer unter anderem Erleichterungen bei der dauerhaften oder zwischenzeitlichen Aufnahme von bedrängten Aktivisten sowie zum Beispiel auch eine bessere Ausstattung der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung - dies im Sinne einer schnelleren Reaktions- und diplomatischen Interventionsfähigkeit. Gebauer regte zudem an, bei Menschenrechtsfragen stärker auf die soziale Dimension zu fokussieren und dabei auch die Auswirkungen von deutschen Unternehmen im Ausland auf die Menschenrechtslage dort in den Blick zu nehmen.
Michael Krennerich von Universität Erlangen-Nürnberg betonte, dass es trotz Gegenwind in den allermeisten Staaten sehr wohl Spielräume gibt, etwas für Menschenrechtsverteidiger zu tun: Diese Spielräume gelte es in der Außenpolitik, in der Entwicklungszusammenarbeit und in den Wirtschaftspolitik beständig auszuloten. "Man muss beharrlich für Menschenrechte und Menschenrechtsverteidiger eintreten, selbst wenn die Wirkung klein bleibt. Der Wert der Menschenrechte muss immer wieder bestätigt werden." Dazu gehöre etwa, das Personal an Botschaften in besonders kritischen Ländern in Fragen der Menschenrechte zu schulen und gegebenenfalls Personal aufzustocken. Krennerich nannte zudem Russland und China als Länder, die in ihrer Gesetzgebung für autoritäre Regime weltweit den Weg vorzeichnen, wie die Zivilgesellschaft kleinzuhalten sei. Demokratische Staaten seien hier aufgefordert konkrete "Gegenvorbilder" zu kreieren - also etwa aufzuzeigen, wie NGO-Gesetze oder Gesetze zur Terrorabwehr so ausgestaltet werden, dass sie menschenrechtskonform sind. Krennerich hob zudem die große Bedeutung von Patenschaften wie beim Programm "Parlamentarier schützen Parlamentarier" des Menschenrechtsausschusses hervor.
Martin Lessenthin von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) benannte unter anderem Russland, China, Pakistan, den Iran, die Türkei und Kuba als Beispiele für Länder, in denen Menschenrechtsverteidiger ebenso wie Blogger, Journalisten, Anwälte, Intellektuelle oder Umweltaktivisten bedrängt würden. Insbesondere China entwickle ein "immer perfekter werdendes Überwachungssystem". Hier würden etwa Menschenrechtsaktivisten verfolgt, die sich für geflüchtete nordkoreanische Frauen einsetzen. Peking halte sich nicht an internationale Normen und schicke diese Frauen zurück nach Nordkorea - "in den Tod, mit Sicherheit aber ins Lager". Lessenthin warb dafür, dass die Bundesregierung bei Reisen in kritische Länder gezielt und konsequent das Gespräch mit Vertretern der Zivilgesellschaft und mit Menschenrechtsaktivisten sucht. Bei Gerichtsprozessen gegen Menschenrechtsaktivisten sollten kontinuierlich Mitarbeiter der deutschen Botschaften als Beobachter entsendet werden, auch gehe es in solchen Fällen um den Beistand für die Familien und nahen Mitarbeitern der Angeklagten oder Inhaftierten.
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