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Präimplantationsdiagnostik
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Nur problembewußt an eine Überprüfung des Embryonenschutzgesetzes gehen

  16.02.01 Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, FDP
Präimplantationsdiagnostik ist in Deutschland verboten; wer das Verfahren gleichwohl durchführt, macht sich nach dem Embryonenschutzgesetz strafbar. Dies irgendwie anders darzustellen oder auch zu meinen, man könne an diesem Sachverhalt ohne Gesetzesänderung vorbei, erschwert eine offene Diskussion über Chancen oder Gefahren, Wert oder Unwert einer PID von vornherein. Es geht realistischerweise also nur darum, ob und gegebenenfalls wieweit man das deutsche Embryonenschutzgesetz novellieren oder durch Spezialvorschriften ersetzen will.

Das ethische Problem der PID ist m.E. weniger die Durchführung einer entsprechenden Diagnostik an einem extracorporal erzeugten Embryo. Problematisch ist erst die anschließende Folgehandlung, nämlich die Embryoselektion und dies in positiver wie negativer Hinsicht. Schon die Auswahl des einen von mehreren genetisch gesunden Embryos nach eigenen Wunschvorstellungen wäre vor dem Hintergrund einer Unverfügbarkeit der Schöpfung und der spezifischen Einzigartigkeit eines jeden Menschen (Menschennukleus) fragwürdig. Und ähnlich gilt dies für die aktive gezielte Verwerfung aller oder der genetisch belasteten Embryonen und deren Überantwortung zur Vernichtung. Man mag theoretisch erwägen, daß es dafür Legitimationen gäbe, wenn die Aktion zugunsten höherer oder gleichwertiger Güter erfolgte. Aber solche kann ich mir bei der einer PID zugrundeliegenden Konstellation nicht vorstellen. Der Wunsch nach einem gesunden Kind kann m. E. eine Embryonentötung jedenfalls nicht rechtfertigen.

  20.02.01 Advocatus Diaboli
Schutz der Embryonen? Lieber Herr Schmidt-Jorzig: Jeden Tag werden in Deutschland überzählige Embryonen zwangsweise vernichtet! Was nicht sofort implantiert wird, muss weggeworfen werden - Einfrieren für spätere Implantation oder gar die Überlassung an infertile Frauen als Quasi-Adoption eines Embryos sind strengstens untersagt!
Also lassen Sie den Quatsch von der Tötung von Embryonen - die erfolgt in jedem Fall - nur einmal zufällig (jetzige Rechtslage) oder selektiv (mit PID)

  21.02.01 Per-Holger Sanden psand1@aerztenet.de
Es wäre wichtiger, eine vernünftige rechtliche Rahmenbedingung für das Arbeiten mit Stammzellen zu entwickeln, anstatt sich immer wieder an den armen, gefolterten Zellklumpen (Embryos) aufzugeilen. Es hat schließlich auch niemand Mitleid mit dem potenziell genauso totipotenten Appendix (Blinddarm) falls er entfernt wird.

  21.02.01 Gregor Mendel Gregor.Mendel@Bruenn-bw.de
Herr Professor Schmidt-Jortzig schrieb:
"Der Wunsch nach einem gesunden Kind kann m. E. eine Embryonentötung jedenfalls nicht rechtfertigen."

"Embryonentötung": Was für eine Übertreibung. Ein Embryon, eine Ansammlung von ein paar Zellen, kann man nicht "töten". "Töten" kann man nur eine Person. Ein Embryon ist keine Person und hat deshalb überhaupt keine Rechte.
Das Recht einer Mutter, ein gesundes statt ein krankes Embryon eingeplanzt zu bekommen, ist ethisch höher zu bewerten als ein nicht vorhandenes "Recht" eines Embryons, der NOCH keine menschliche Würde besitzt.
Es zeigt sich an diesem Beispiel, wie moralischer Rigorismus zu inhumanen Konsequenzen führen kann. Ähnliches ist beim Rigorismus selbsternannter Lebens-Schützer zu beobachten, die Frauen einsperren wollen, die sich für einen Schwangerschafts-Abbruch entscheiden.

  22.02.01 Anja Haniel Haniel@elkb.de
Wenn der Wunsch nach einem gesunden Kind es nicht rechtfertigt, Embryonen - seien sie nun Personen oder Zellklumpen - zu töten, wieso kann dann ein wesentlich weiter entwickelter Fötus im Mutterleib durch Schwangerschaftsabbruch getötet werden, nur weil die Schwangerschaft ungeplant war oder es sich durch PND herausgestellt hat, dass das Kind krank oder behindert sein wird? Im Fall der bereits eingetretenen Schwangerschaft befindet sich die SChwangere sicher in einem Konflikt, aber kann und muss nicht derselbe Konflikt antizipiert werden, so dass es keinen Sinn ergibt, Embryonen nach IVF ungetestet einzupflanzen, um sie dann mittels PND zu testen und ggf. abzutreiben?
Eine noch stärkere Ausgrenzung Behinderter als bisher befürchte ich durch PID nicht, denn derjenige, der Behinderte ausgrenzt, differenziert nicht, ob es sich um eine genetische oder eine unfallbedingte Behinderung handelt.
Auch wer befürchtet, demnächst würde PID auch zur AUswahl der Augen- oder Haarfarbe verwendet, wenn sie erst einmal erlaubt sei, berücksichtigt m. E. seine eigenen Argumente nicht. Wenn doch die für PID notwendige IVF für die Frauen gesundheitlich wie psychisch so belastend ist wie geschildert, werden die wenigsten Frauen eine solche Prozedur nur wegen banaler Äußerlichkeiten auf sich nehmen.

  27.02.01 Sebastian Haas sebastianh@t-online.de
Ich kann dazu auch nur sagen, das eine zwangsweise durchgeführte Tötung nicht besser ist als eine erlaubte, nur sollte diese nicht zur Selektion mißbraucht werden. Und dies, soweit Sie gestatten, liegt in der Obliegenheit des Gesetzgebers, welcher nach dem allgemeinen Willen entscheiden sollte!

  15.03.01 Wolf-Dietrich Trenner wolf@trenner.de
Sehr geehrter Herr Prof. Schmidt-Jortzig,

Sie werden sich mit Ihrer von mir geteilten Einschaetzung in der eigenen Fraktion nicht durchsetzen koennen. Es geht doch weniger um die Interessen der IVF-Frauen/Paare, es geht vielmehr um die Interessen derer, die an PID sehr viel Geld verdienen werden. Das wird ein Standardcheck werden, millionenfach jedes Jahr verkauft. Unvorstellbare Gewinne. Und der Wirtschaftsstandort ... und sonst gehen alle unsere Forscher ins Ausland ... und alle Paare auch. Ich fasse es einfach nicht.

Gruss

Wolf-Dietrich Trenner

  16.03.01 Gerda Zinsler
Verbieten... Immer nur verbieten...
Alles regeln, alles staatlich bestimmen...
Warum überläßt man die Entscheidung nicht den Eltern/der Mutter selbst, was sie will oder nicht ?
Warum soll eine medizintechnische Möglichkeit vom Staat verboten werden ?
Haben wir doch den Mut zur Freiheit der Entscheidung des Einzelnen !
Wer "ethisch" sein will, soll es sein !
Wer nicht, soll es bleiben lassen ! Na und ? Den Staat geht das überhaupt nichts an !
Im Zweifel für die Freiheit !

  18.03.01 Peter Hardt peter.hardt@gmx.de
Ich möchte kurz zu dem Argument des Embryos als Zellhaufen Stellung nehmen: Ich denke, dass es deshalb nicht trägt, da auch der erwachsene Mensch biologisch betrachtet nichts anderes als ein ausdifferenzierter Zellhaufen ist. Aber wir sprechen diesem Zellhaufen eine Würde zu. Daher sehe ich es als notwendig an, diese Würde dem Menschen auch in seinem frühesten Entwicklungsstadium zuzugestehen - was eine Tötung unethisch macht.

Liebe Gerda Zinsler,
Ethik als etwas einzustufen, das man nach belieben jedem in Freiheit überlassen kann ist deshalb problematisch, weil damit die Freiheit eines anderen unethisch beschnitten wird. Wenn das, was wir "Embryo" nennen eigentlich ein Mensch im frühesten Stadium ist, dann beinhaltet PID nicht einfach das wegwerfen eines Gegenstandes, sondern Tötung. Und das ist nichts, was man unbesehen der Freiheit jedes einzelnen überlässt.

Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/forum/enquete_medizin_archiv/04schmidt_jortzig
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