Dieter H. Michel
Einig gegen rechtsextreme Gewalt
Nach brutalem Übergriff auf ein farbiges
Kind in Sachsen-Anhalt
Immer noch herrscht Entsetzen in Sachsen-Anhalt: Bei einem
rechtsextremistischen Übergriff im nur 700 Einwohner
zählenden Dorf Pömmelte im Kreis Schönebeck war am
9. Januar ein zwölfjähriger farbiger Junge
krankenhausreif geschlagen worden. Die beiden Haupttäter
sitzen in Untersuchungshaft.
Nun hat Sachsen-Anhalts Landtag sich nach den schrecklichen
Übergriffen auf das Kind eindeutig gegen rechtsradikale Gewalt
bekannt. CDU/FDP-Regierung und Opposition aus SPD und Linke zeigten
sich während der Sitzung am 20. Januar geschlossen in der
Haltung gegen "Ignoranz, Hass und Gewalt, die in den Köpfen
herumspuken", wie es FDP-Fraktionschef Veit Wolpert
ausdrückte. CDU-Fraktionschef Jürgen Scharf wandte sich
"gegen Gewalt jeglicher Couleur".
Einig waren sich die vier Parteien, der rechtsgerichteten DVU
Ende März den erneuten Einzug ins Landesparlament mit allen
demokratischen Mitteln zu unterbinden. Gegenüber
Rechtsradikalen sollten alle demokratischen Parteien die gleiche
Sprache sprechen, heißt es auch in einer Erklärung der
Grünen, die nach acht Jahren Abwesenheit wieder um Sitz und
Stimme im Landesparlament werben.
Der Junge äthiopischer Abstammung, der in einer betreuten
Wohngruppe eines Kinderdorfhauses der Diakonie lebt, war nach dem
Verlassen eines Omnibusses von fünf Jugendlichen im Alter
zwischen 14 und 19 Jahren zunächst angepöbelt, dann mit
einer Flasche auf den Kopf sowie ins Gesicht geschlagen und mit
Springerstiefeln misshandelt worden. Folge: Schädelhirntrauma,
sein Nasenbein gebrochen, die Oberlippe eingerissen. Die brutalen
Schläger bedrohten den Jungen mit einer Pistole und
zerdrückten eine glühende Zigarette in seinem Gesicht.
Die schreckliche Szenerie filmten sie sogar mit einem
Fotohandy.
"Unfassbar, was in Köpfen solcher Täter vorgeht. Es
zeigt auch, zu welchen Taten rechtes Gedankengut führt",
äußerte sich Sachsen-Anhalts Innenminister Klaus
Jeziorsky (CDU) wenige Stunden nach der schnellen Festnahme der
Täter durch die Polizei.
Genesungswünsche erreichten den Jungen nicht nur aus seiner
Schulklasse des Gymnasiums und von Mitbewohnern. Auch
Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sandte dem Jungen
von der Grünen Woche ein Paket mit Leckereien ins
Krankenhaus.
Gegenwärtig formiert sich in Pömmelte ein "Runder
Tisch" aus Vertretern von Parteien und Verbänden. Er will
gemeinsam mit den Jugendlichen ein Forum schaffen und über
ihre Vorstellungen zum Leben im Dorf beraten. Ortsansässige
Vereine und vor allem die Einwohner sollen dazu Vorschläge
unterbreiten.
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