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Barbara Lich
Tomaten in grünem Licht
Medienpreis: W(ahl)-Award 05
Welche Farbe hat eine Tomate in grünem Licht? Das ist keine
Frage, die man mit Politikberichterstattung in Verbindung bringt.
Beim "Tölzer Kurier" allerdings schon. Zur Bundestagswahl 2005
haben sich die Kurier-Redakteure nämlich etwas ganz Besonderes
ausgedacht und den Stimmkreis-Kandidaten ihren eigenen Pisa-Test
vorgelegt. Ganz nach dem Motto: "Drum prüfe, wer sich an einen
Kandidaten bindet..." So kam die Tomaten-Frage ins Spiel, bei der
es im Übrigen nicht um eine rot-grüne Politik-Liaison
ging, sondern schlicht um die Frage: Wie schlau sind unsere
Kandidaten?
Mit seinen Ideen hatte der "Tölzer Kurier" Erfolg: Die
Zeitung zählt zu den Preisträgern des W(ahl)-Awards 05
und belegte in der Kategorie Print den zweiten Platz. Mit dem
Journalisten-Preis, verliehen im Rahmen des Forums
Lokaljournalismus 2006 am 26. Januar auf Schloss Neuenbürg bei
Pforzheim, zeichnet die Bundeszentrale für politische Bildung
(bpb) Beiträge aus, die bis zum Schließen der Wahllokale
in einer Zeitung erschienen oder über den Äther gelaufen
sind. Oberstes Prinzip: Originell und wahlmotivierend sollten sie
sein. Wie zum Beispiel das
"Kandidaten-ärgere-Dich-nicht-Spiel" der Redaktion Kitzingen
der "Main-Post". Der Jury gefiel das clevere Würfelspiel auf
Zeitungspapier, das mit allerlei Informationen rund um die
Kandidaten gespickt war: Platz eins für Kitzingen.
Bei der "Rhein-Zeitung" (RZ) hatten sich die Volontäre ins
Zeug gelegt und ein Konzept entwickelt, das vor allem junge
Menschen ansprechen sollte. Ganz besonders erfolgreich: die
SMS-Aktion. Hier konnten die RZ-Leser den Direktkandidaten ihre
Fragen aufs Handy schicken und bekamen die Antworten auf gleichem
Wege zurück. Und zwar auf den Punkt gebracht, wie es das Handy
eben erfordert. Für ihre innovativen Einfälle bekam der
RZ-Nachwuchs den dritten Preis. Dicht folgte auf Platz vier die
Redaktion Heimatzeitungen der Verlagsgesellschaft Madsack mit ihren
Regionalausgaben der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" und der
"Neuen Presse". Der Multiple-Choice-Persönlichkeitstest
brachte manch kleines Geheimnis ans Licht.
Politik lässt sich aber nicht nur in der Zeitung spannend
verpacken. Sie hört sich auch im Radio gut an. Das bewiesen
die Einsendungen zum W(ahl)-Award in der Kategorie Hörfunk.
Henning Bornemann und Tobias Nowak vom Jugendsender "Eins Live" des
WDR begeisterten 55 Sendeminuten lang mit ihrem Feature
"Einwahlhilfe elect.05" (Platz Eins).
Auf den zweiten Platz schaffte es die Redaktion "mephisto 97,6",
ein Lokalradio an der Universität Leipzig, mit ihrem
Berichterstattungsmarathon. Mehr als 40 Beiträge sendeten sie
im Vorfeld der Wahl und stellten sich dabei auch manch
ungewöhnliche Frage: Macht der Papst sein Kreuz nicht nur in
der Kirche, sondern auch in der Wahlkabine? Und wie wählen
eigentlich Blinde? Deutschlandfunk-Redakteur Ulrich Gineiger
beschäftigte hingegen "Die Kunst, Klinken zu putzen". So
nannte er sein Feature über Wahlhelfer auf Stimmenfang (3.
Platz). Und bei "Radiomultikulti" (RBB) interessierte ein Thema,
das sonst seltener Beachtung findet: Migranten und die Wahl (4.
Platz).
"Wichtig ist, dass wir Journalisten ein breites Spektrum
ansprechen - egal, wo wir die Leser, Zuhörer und Zuschauer
erwischen: Auf dem Sofa in Solingen oder im Ministersessel in
Berlin", sagte Polit-Talker Frank Plasberg ("hartaberfair", WDR),
der Festredner der Preisverleihung. Mit dem W(ahl)-Award gebe die
Bundeszentrale für politische Bildung "einen Ansporn, Politik
ins Programm zu hieven", so Plasberg weiter. Schließlich - das
zeigen die W(ahl)-Award-Sieger - kann Politikberichterstattung
durchaus unterhaltsam sein. Und übrigens: Eine Tomate in
grünem Licht erscheint schwarz. Hatte der "Tölzer Kurier"
etwa eine politische Vorahnung?
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