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Alexander Weinlein
Aufgekehrt ...
Dunkel - so wird es oft beschrieben. Dunkel im Sinne von
rückschrittlich. Dunkel im Vergleich zur wissbegierigen
Antike. Die Rede ist vom Mittelalter. Nun ist es reichlich
unhistorisch, eine so lange Epoche der Menschheitsgeschichte, die
über den Daumen gepeilt um die 1.000 Jahre andauerte, pauschal
als dunkel zu bezeichnen. Immerhin hat auch das Mittelalter Ideen
hervorgebracht, die noch heute eine Anwendung finden könnten
und so manche Debatte noch überflüssiger machen
würden, als sie eh schon ist. Zum Beispiel das ewige Hick-Hack
um Hauptstadt und Regierungssitz, konkreter ausgedrückt um die
Frage, welche Ministerien und Behörden nun ganz oder nur in
Teilen am Rhein oder an der Spree ihren Standort haben sollen. Die
deutschen Könige des Mittelalters kannten über
Jahrhunderte hinweg so etwas wie eine Hauptstadt gar nicht, sondern
zogen mit Sack und Pack beständig durchs Land - von Residenz
zu Residenz, damals Pfalzen genannt. Und so bekamen viele
Landeskinder im gesamten Reich ihren Herrscher unmittelbar zu
Gesicht - der König auf einer Art Dauer-PR-Reise.
In Zeiten angeblicher Volksferne der Politik wäre dies doch
ein interessantes Konzept. Zu realisieren wäre es mit der so
genannten Bundestagsarena, mit der sich das Parlament während
der Fußball-WM in Berlin präsentieren will. Der 22 Meter
hohe Bau, im äußeren Erscheinungsbild der
Reichstagskuppel nachempfunden soll Platz für 600 Personen
bieten. Das passt doch: Im Bundestag sitzen auch nur 598
Abgeordnete. In der laufenden Legislatur sind es wegen der 15
Überhangsmandate zwar 614, aber der Plenarsaal ist ja auch
selten bis auf den letzen Platz gefüllt. Die Konstrukteure
müssen nur darauf achten, dass die Bundestagsarena schnell
auf- und abzubauen und leicht zu transportieren ist. Bei Kosten von
2,5 Millionen Euro müsste das ja drin sein. Mit diesem
Miniatur-Bundestag könnten unsere Volksvertreter dann
Gastvorstellungen in allen Bundesländern geben. Muss ja nicht
ständig sein. Aber in der Parlamentsferien vielleicht. So als
"Sommertheater" auf Reisen. Un der nächste Sommer kommt - auch
wenn man es derzeit nicht glauben mag.
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