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Volker Koop
Taschenspielertrick oder Zukunftsmodell?
Erst verkaufen, dann wieder anmieten:
Bundesbauten als neue Geldquelle
Die öffentlichen Kassen sind bekanntlich
leer. So wird nach jeder Möglichkeit gesucht, ein paar Euro
einzusparen oder mehr einzunehmen. Ins Gespräch gekommen ist
nun die Vorstellung, die Ministeriengebäude des Bundes zu
verkaufen, um sie dann wieder zurückzumieten. Das würde
zunächst einiges Geld in die Kassen bringen. Doch ob dieses
Verfahren auf Dauer sinnvoll ist, bleibt unter den im Bundestag
vertretenen Fraktionen umstritten.
Für den FDP-Abgeordneten Volker Wissing
spricht zunächst manches für die Idee, öffentliche
Gebäude zu veräußern und anschließend von
Privaten zu mieten. In der Regel seien private Eigentümer in
der Lage, Gebäude ökonomischer zu verwalten als die
öffentliche Hand. Der Bund würde also nicht nur von dem
Verkaufserlös profitieren, er könnte auch auf deutlich
besser ausgestattete Liegenschaften zurückgreifen. Dagegen
lasse sich vom Grundsatz kaum etwas einwenden. Eine solche
Maßnahme müsse in ein sinnvolles ökonomisches
Gesamtkonzept eingebettet sein. Die dem Bund zufließenden
Mittel müssten verwendet werden, um echte Strukturreformen zu
finanzieren, die eine Entlastung brächten. Strikt abzulehnen
sei dagegen ein kurzfristiges Verscherbeln von Grund- und
Immobilienvermögen, um Haushaltslöcher zu stopfen.
Wissing beklagt jedoch, dass die derzeitige Finanz- und
Haushaltspolitik "Inbegriff einer doppelten
Generationenungerechtigkeit" sei. Das früher erworbene
Vermögen solle nur zur Finanzierung heutiger Haushaltsprobleme
verwendet werden und stehe damit künftigen Generationen nicht
mehr zur Verfügung. "Letzteren hinterlassen wir auf diese
Weise nicht nur Schulden, sondern engen durch den
Vermögensverkauf auch noch ihre finanziellen Spielräume
ein." Eine solche Politik sei weder zeitgemäß noch
zukunftsgerichtet.
Skeptisch ist auch Anja Hajduk,
haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen. Die Große Koalition habe ein Investitionsprogramm
angekündigt. Während die geplanten Mehrausgaben und
steuerlichen Erleichterungen einen großen Raum einnähmen,
bliebe die Gegenfinanzierung im Dunkeln. Was gedacht sei, um
Wachstumsimpulse für die Zukunft zu initiieren, dürfe
durch eine "windige" Gegenfinanzierung nicht zu einer Belastung
für die Zukunft werden. Ministerien zur Mobilisierung von
neuen Geldquellen zu verkaufen, um sich anschließend mit
langfristigen Mietverträgen wieder zu binden, könnte wohl
ein schlechter Wechsel auf die Zukunft sein. Sie verweist auf
Pläne für einen Neubau des Bundesinnenministeriums, um
dort aus einer langfristigen Mietbelastung herauszukommen. Gegen
ein sinnvolles Management auch bei Bundesimmobilien sei
grundsätzlich nichts einzuwenden. Vergleichbare
"Sale-and-rent-back"-Verkäufe in Hessen und die Erfahrungen
mit dem Bundesinnenministerium zeigten aber, dass statt mehr
Flexibilität zu gewinnen, neue und teilweise belastende
Verpflichtungen über Jahrzehnte hinaus zementiert würden.
Der Bund plane überdies 2006 eine Rekordneuverschuldung von
rund 41 Milliarden Euro. Auch bei einer Minimalverzinsung fielen
zusätzliche jährliche Zahlungen von annähernd einer
Milliarde Euro an: "Zu erwartende Zinssteigerungen und die
geplanten Immobiliengeschäfte erhöhen offensichtlich die
finanziellen Belastungen in der Zukunft und damit das strukturelle
Defizit der öffentlichen Hand. Der haushaltspolitische
Handlungsdruck für die notwendigen Strukturreformen in den
sozialen Sicherungssystem wird durch Finanztricks wie zum Beispiel
Immobilienverkäufe nicht gelöst."
Eine entgegengesetzte Ansicht vertritt Otto
Bernhardt, finanzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion. In der
Diskussion über die "desolate Haushaltslage" fänden sich
Lösungsansätze zur Verkleinerung des Haushaltsloches,
etwa durch die Veräußerung und Rückmietung von
Liegenschaften des Bundes. Dass dies in der Praxis funktioniere,
zeige das schleswig-holsteinische Liegenschaftsmodell. Man habe
Teile der Liegenschaften an die landeseigene Investitionsbank
verkauft und sie gleichzeitig über einen längeren
Zeitraum zum Marktpreis zurückgemietet. Inzwischen seien die
Liegenschaften in eine steuerbefreite und ihre Verwaltung in eine
steuerpflichtige Anstalt des Landes überführt worden. Das
Land habe weiterhin die Verfügungsgewalt, das
Facility-Management inklusive der Instandhaltung vollzögen die
Anstalten - mit erheblichen Einsparungen für Land und
Steuerzahler. "Sicher ist das Liegenschaftsmodell kein
Allheilmittel, um die Haushaltssorgen einer Lösung
zuzuführen und war von Anfang an politisch umstritten", betont
Berhnhardt. Die Verwaltung eines Gebäudes durch Dritte sei
effektiver und flexibler als durch den Staat selbst. Natürlich
fielen in Zukunft nicht unbeträchtliche Mietzahlungen an, der
Staat habe hierfür entsprechende Rücklagen zu bilden.
"Durch das ihm nach dem Verkauf zur Verfügung stehende
Vermögen besteht ein größerer Spielraum bei
Investitionen für die Zukunft und zum Abbau heutiger
Schulden." Vieles spreche aus seiner Sicht dafür, auch im Bund
mit der Diskussion eines solchen Modells zu beginnen.
Auf dem Prüfstand
Das aber lehnt die haushaltspolitische
Sprecherin der Fraktion Die Linke, Gesine Lötzsch, strikt ab.
Die vielen ungenutzten Liegenschaften des Bundes verursachten hohe
Kosten. Vor dem Anmieten von Gebäuden sollte stets
geprüft werden, ob nicht die Nutzung von bundeseigenen
Liegenschaften möglich sei. Falls Liegenschaften bereits
angemietet seien, könne es sinnvoll sein, den Mietvertrag
auslaufen und die Bundesbehörde oder das Ministerium in ein
Bundesgebäude umziehen zu lassen. Sie unterstreicht: "Alle
Ausgaben des Bundes, einschließlich der Kosten, die
Bundesministerien verursachen, stehen für uns auf dem
Prüfstand, um ihre Verwendung für die Verwirklichung
unserer sozialen und ökologischen Ziele vorzuschlagen. Der
Verkauf von Liegenschaften mit anschließender Rückmietung
bringt nur auf kurze Zeit eine Entlastung des Bundeshaushalts. Die
auf die Gegenwart abgezinsten Kosten der künftigen Mietzahlung
übersteigen regelmäßig die kurzfristige Entlastung.
Verkauf mit anschließender Zurückmietung ist unter dem
Strich eine teure Lösung."
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