Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 07 / 13.02.2006
Ines Gollnick

Der Sachbearbeiter: Ralf Brauksiepe

Parlamentarisches Profil

Er fällt als Berufspolitiker sicher nicht durch Extrovertiertheit auf. Vielleicht gibt die regionale Herkunft Antwort. Der Unionsabgeordnete Ralf Brauksiepe, 1967 in Winz-Niederwenigern - gehört zur Stadt Hattingen - geboren, mit Wahlkreis Ennepe-Ruhr-Kreis II ist Westfale. Und Westfalen gelten allgemein als bodenständige und fleißige Arbeiter. Aber sie machen nicht viel Aufhebens darum. "Ich halte es mit Papst Johannes XXIII., der gesagt haben soll: Johannes, nimm dich nicht so wichtig!", so der Politiker im Gespräch mit "Das Parlament". Der Bekanntheitsgrad des Diplom-Ökonomen dürfte sich - trotz dritter Legislaturperiode - bisher schon deshalb in Grenzen gehalten haben, weil er lange Entwicklungspolitik gemacht hat, also auf einen Fachbereich konzentriert war, der in den Medien eher ein Schattendasein fristet.

Der 38-jährige Vater von drei Kindern ist im November 2005 zum Sprecher für Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgestiegen. Zuvor saß er viele Jahre als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, der jetzt wieder Arbeit und Soziales heißt. Entwicklungszusammenarbeit fällt jetzt bei ihm fast ganz flach. Stellvertretendes Mitglied ist er im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nur noch aus "Anhänglichkeit", wie er sagt. Der Wechsel zur Sozialpolitik kommt nicht von ungefähr. Brauksiepe engagiert sich seit 2001 stärker in der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), der CDU-Arbeitnehmerorganisation. Er wurde in den Landes- und Bundesvorstand gewählt. Seit 2002 ist er CDA-Landesvorsitzender in Nord-rhein-Westfalen. Im Bundestag war er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Arbeitnehmergruppe. Die neue Sprecherfunktion könnte seinen Bekanntheitsgrad steigern. Reden hält er jetzt fast wöchentlich. Das Arbeitspensum ist im Zusammenhang mit der Bildung der Großen Koalition und der damit verbundenen umfangreichen Abstimmungsprozesse vor Ausschussitzungen angestiegen. Brauksiepe hält für sich fest: "Ich habe den Ehrgeiz, auf dem Feld eine gute Sacharbeit zu machen, für das ich zuständig bin." Nicht mehr und nicht weniger. Das hört sich sehr nach Pflichtbewusstsein und weniger nach Leidenschaft an. Aber vielleicht ist auch da Vorsicht geboten. Der Westfale an sich ist manchmal etwas unergründlich für Interviewer, denn er trägt das Herz nicht gerade auf der Zunge und lässt sich vor allem zu persönlichen Äußerungen nur spärlich hinreißen. "Ich bin mit mir im Reinen und habe mein Hobby zum Beruf gemacht." (Viel) mehr will er da offenbar nicht sagen.

Natürlich treibt den Bundestagsabgeordneten das Problem der Massenarbeitslosigkeit um und an. Es stellt sich die Frage, was ein Bundestagsabgeordneter überhaupt tun kann, um Arbeitsplätzen den Weg zu bereiten. "Politik ist nicht direkt dafür zuständig, Arbeitsplätze zu schaffen. Das hat die Union immer gesagt. Das war auch für die CDA immer klar. Wenn wir Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung schaffen, und ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg, dann schaffen wir damit natürlich etwas für jeden, der zusätzlich in Arbeit kommt; aber auch für die Arbeitnehmerschaft insgesamt, indem wir ihre Position stärken. Die Verhandlungsposition ist dann stärker, wenn mehr Arbeitskräfte nachgefragt werden."

Und wie beurteilt Brauksiepe die Kombilohn-Debatte? "Seit Jahrzehnten hat die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit nicht die gewünschten Erfolge. Das heißt, wenn ich sage, dass bisherige Kombilohnmodelle nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, dann kann ich das auf jedes andere arbeitsmarktpolitische Instrument auch anwenden."

Nur wirtschaftliches Wachstum allein werde Menschen nicht in Lohn und Arbeit bringen. Deshalb plädiert er für einen Mix eines am Markt orientierten Einkommens, das der Arbeitnehmer erzielen und der Arbeitgeber zahlen muss, damit ein Transferanspruch entsteht. Ob und wie erreicht werden kann, Arbeitsplätze zu schaffen und die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest zu machen, sind nach Brauksiepes Auffassung auch zentrale Fragen für den Erfolg und Misserfolg der Großen Koalition. Er unterstreicht aber immer wieder: Politik sei auf dem Arbeitsmarkt für vernünftige Rahmenbedingungen zuständig. "Wenn Menschen gleichwohl sagen, dass sie unter den Rahmenbedingungen nicht mitmachen wollen, dann wird das auch die Politik nicht verhindern können."

Rahmenbedingungen müssten gerade in einer globalisierten Welt richtig gesetzt werden. Das mache gute Politik aus. Gute Politik könne eben nicht bedeuten, dass in einer Phase der europäischen Integration und Globalisierung jeder gewissermaßen vor Konkurrenz geschützt werden könne. Konkurrenz biete auch Chancen.

Neu ist für den Abgeordneten, dass er jetzt wesentlich mehr Gesetzesarbeit leisten muss. Der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit ist kein klassischer Gesetzgebungsausschuss. Als Sozialpolitiker ist Brauksiepe mit daran beteiligt, auf der Basis des Koalitionsvertrages die politischen Leitlinien vorzugeben. "Aber natürlich steckt der Teufel im Detail. Die Abstimmung mit den Ministerien erfordert eine Menge Arbeit", berichtet er.

Da ist Freizeit knapp geworden. Der Parlamentarier lenkt sich gern mit Fußball ab, spielt Vorstopper in der Mannschaft des Deutschen Bundestages. Und natürlich schaut er der WM gespannt entgegen. Per Los konnte er Tickets für die Vorrunde in Gelsenkirchen bekommen. Auf die Frage, wie die deutsche Mannschaft abschneiden wird, antwortet er: "Solange es theoretisch möglich ist, gebe ich den Glauben daran nicht auf, dass Deutschland Weltmeister werden kann. Ich halte auch viel vom Gesetz der Serie bei Weltmeisterschaften. Bestimmte Serien halten. Jede Mannschaft, die schon einmal Weltmeister geworden ist, wurde es auch im eigenen Land. Eine Ausnahme ist Brasilien 1950." Er hat als Schüler zeitweise aktiv, aber eher erfolglos Fußball gespielt. Und schmunzelnd ergänzt er, dass Vater und Großvater eine Karriere in der Bundesliga immer noch besser gefunden hätten als im Bundestag. Doch Brauksiepe ist stolz darauf, dass er sich professionell mit einer Sache beschäftigen kann, die wichtig für die Menschen ist, auch wenn es nicht das "magische" runde Leder ist.


Im Internet:

www.ralf-brauksiepe.de


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