Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 13 / 27.03.2006
bob

In Südosteuropa wächst die Wirtschaft

"Neuen Impuls" für Friedensprozess in Bosnien-Herzegowina gefordert
Auswärtiges. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum in der Region Südosteuropa lag im Jahr 2005 mit 4,8 Prozent deutlich über jenem der Eurozone. Dies teilt die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Ergebnisse ihrer Bemühungen um die Weiterentwicklung der politischen und ökonomischen Gesamtstrategie für die Region mit, den sie als Unterrichtung (16/778) vorgelegt hat.

Die ausländischen Direktinvestitionen haben danach erneut stark zugenommen und das Wirtschaftsklima hat sich weiter gebessert. Die positiven Zahlen stammten vor allem aus Rumänien, Bulgarien, Kroatien und aus Serbien und Montenegro, das die größten Fortschritte verzeichnet habe, allerdings von einem verhältnismäßig niedrigen Niveau aus.

Die regionale Wirtschaftszusammenarbeit sei mit einer Vereinbarung über die Schaffung eines in die EU integrierten Energiemarktes und durch die Vollendung des Netzes bilateraler Freihandelsabkommen weiter ausgebaut worden. Die Sicherheitslage sei stabil geblieben und ein Ausbruch von Gewalt - wie in den 90er Jahren - sei heute immer weniger denkbar.

Die Annäherung der Länder Südosteuropas an die EU, die sich dank beachtlicher Fortschritte im vergangenen Jahr deutlich beschleunigt habe, sei positiv hervorzuheben. Die EU habe Beitrittsverhandlungen mit Kroatien begonnen.

Mazedonien habe als Anerkennung für seine stetigen Reformbemühungen den Status eines Beitrittskandidaten erhalten und werde die Beitrittsverhandlungen aufnehmen können, sobald es die noch offenen Bedingungen hierfür erfülle. Mit Serbien und Montenegro sowie mit Bosnien und Herzegowina seien Verhandlungen über den Abschluss von Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen aufgenommen worden, so die Bundesregierung.

Einen "neuen Impuls" für den Friedensprozess in Bosnien-Herzegowina fordern unterdessen Bündnis 90/Die Grünen. In einem Antrag (16/877) sind sie der Ansicht, Bosnien-Herzegowina werde nur dann als Staat und Gesellschaft eine Zukunft haben, wenn es gelinge, staatliche Strukturen zu schaffen, die Sicherheit für alle Bevölkerungsgruppen böten und die die ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung des gesamten Landes fördern.

Ein stabiler politisch-rechtlicher Rahmen sowie eine ökonomische und soziale Perspektive seien erforderlich. Dies setze das anhaltende Engagement sowohl der internationalen Staatengemeinschaft als vor allem auch der Gesellschaft in dem Lande selbst voraus. Bosnien-Herzegowina sei immer noch kein funktionierender demokratischer Gesamtstaat. Die jeweiligen Nationalismen bestimmten das Verhältnis der Volksgruppen zum Gesamtstaat und behinderten damit auch jede Politik.

Machtstruktur ist ein Problem

Nach Ansicht der Bündnisgrünen müsse der Bundestag daher die Ankündigung des Hohen Repräsentanten, Christian Schwarz-Schilling, begrüßen, im Rahmen der beabsichtigten Verfassungsreform auf eine Stärkung der gesamtstaatlichen Strukturen hinzuwirken. Ferner sei auch die protektoratsähnliche Machtstruktur in Bosnien-Herzegowina unter der Leitung eines Hohen Repräsentanten ein Problem. Das Parlament müsse daher Schwarz-Schillings Absicht, im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen im Oktober dieses Jahres begrüßen, diese Machtbefugnisse zu überprüfen und schrittweise abzubauen.

Der Bundestag solle des Weiteren die zum zehnten Jahrestages des Abkommen von Dayton beschlossene Deklaration führender Parteien Bosnien-Herzegowinas begrüßen, in der eine Annäherung an die euroatlantischen Organisationen zum Ziele erklärt wird. Darin werde auch erstmals eine Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrecher-Tribunal von bosnisch-serbischer Seite zugesichert. Die Zusammenarbeit und insbesondere die Verhaftung von Radovan Karadzic und Ratko Mladic seien Voraussetzung für eine Annäherung an die euroatlantische Gemeinschaft und für den Aussöhnungsprozess im Land selbst.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.