Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 20 / 15.05.2006
Peter Weber

Stichwort: Carlo A. Ciampi

Der scheidende Präsident Italiens - ein Freund der Deutschen

Sein erster Staatsbesuch führte ihn 1999 in die Bundesrepublik und so auch sein letzter im März 2006. Dazwischen fand er in den sieben Jahren seiner Amtszeit noch weitere sechs Mal Gelegenheit, nach Deutschland zu kommen, öfter als in jedes andere Land. Die Freundschaft kommt von weit her: In zahlreichen Reden hat Ciampi immer wieder die für ihn prägende Zeit in Erinnerung gerufen, als er 1939 und 1941 in Bonn und Leipzig studierte. Eine Wahlverwandschaft fand er Jahrzehnte später in seinem deutschen Amtskollegen Johannes Rau. Die persönliche Freundschaft der Familien Ciampi und Rau wurde von beiden Seiten immer ganz besonders hervorgehoben, und nach dem Tod des Ex-Bundespräsidenten zeigte sich Ciampi sichtlich betroffen. Mit seiner Politik der europäischen Kooperation bildete der Staatspräsident in den vergangenen Jahren ein deutliches Korrektiv zu den weltpolitischen Ambitionen von Ministerpräsident Berlusconi. In einer Zeit latenter Xenophobie, die in Italien, von der Nabelschau der Medien gefördert, mit einem zunehmendem Unverständnis gegenüber der Dynamik in anderen Teilen der Welt einher ging, bemühte sich Ciampi um den internationalen Dialog, ganz besonders auch mit den aufstrebenden Mächten Asiens.

Schon als Gouverneur der Banca d'Italia von 1979 bis 1993 war Carlo Azeglio Ciampi vielfach gefordert, die Position seines Landes im internationalen System zu behaupten. 1992 stemmte er sich, letzt-endlich vergeblich, gegen das Ausscheren der Lira aus der Europäischen Währungsschlange. Ein Jahr später wurde er als Ministerpräsident an die Spitze der Regierung gerufen, um die Trendwende einzuleiten. Ab Mitte der 90er-Jahre trug er als Wirtschaftsminister der Regierung Prodi entscheidend dazu bei, den Beitritt Italiens zum Euro zu ermöglichen. 2005 erhielt Ciampi für sein fortgesetztes Engagement den Aachener Karlspreis. Obwohl von allen Seiten um eine erneute Kandidatur gebeten, erklärte der 85-jährige Staatspräsident unter Hinweis auf sein fortgeschrittenes Alter, für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung zu stehen. Peter Weber


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.