Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 20 / 15.05.2006
wol

Oppositionsfraktionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten

Bürgerbeteiligung

Inneres. Nach Gesetzgebungsinitiativen von FDP (16/474) und Bündnis 90/Die Grünen (16/680) hat nun auch die Linksfraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem sie die Einführung einer dreistufigen Volksgesetzgebung in das Grundgesetz (GG) fordert (16/1411). Die drei Vorlagen wurden am 11. Mai im Plenum beraten und an den Innenausschuss überwiesen. Alle Oppositionsfraktionen sprechen in ihren Initiativen die geringe Wahlbeteiligung als Indiz für den Mißmut von Bürgerinnen und Bürgern an, von politischen Entscheidungen weitgehend ausgeschlossen zu sein. Die Linke begründet ihren Vorschlag für eine "Volksgesetzgebung" mit Erfahrungen aus dem zivilgesellschaftlichen Engagement und verantwortungsbewussten Umgang der Bürger bei ihnen übertragenen Aufgaben. Die Grünen verweisen auf positive Erfahrungen auf Länderebene, nachdem dort die Beteiligungsrechte der Bevölkerung ausgebaut worden seien.

Unterschiede gibt es für die Fraktionen bei den Voraussetzungen für Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid und dem gesetzgeberischen Einfluss.

So soll eine "Volksinitiative" bereits mit 100.000 Wahlberechtigten Gesetzesvorlagen und Initiativen in den Bundestag einbringen können. Liberale und Grüne halten 400.000 Unterschriften für notwendig. Für unzulässig halten alle drei Fraktionen Volksinitiativen zu Haushalt und Abgabegesetzen, zu Grundrechtsänderungen oder gegen das Wesen eines Grundrechts (Die Linke), zur Wiedereinführung der Todesstrafe (Die Grünen) oder zur grundsätzlichen gesetzgeberischen Mitwirkung der Länder (Linke). Die Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes soll erfolgen, wenn ein Drittel der Abgeordneten gegen eine Volksinitiative stimmt. Unterschiedliche Vorstellungen gibt es über die Zahl der Bürger für ein "Volksbegehren" - wenn eine Volksinitiative im Parlament gescheitert ist und ein Volksentscheid zur Durchsetzung des Willens der Bevölkerung angestrebt wird. Die FDP hält dafür ein Votum von zehn Prozent aller deutschen Wahlberechtigten für erforderlich, die Bündnisgrünen von fünf Prozent und die Linksfraktion von einer Million (und zwei Millionen bei Änderung des Grundgesetzes). Allen Oppositionsfraktionen gemeinsam ist die Vorstellung, dass die Bundestagsfraktionen eigene Gesetzesvorlagen zum selben Gegenstand mit zur Abstimmung stellen können.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.