Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 30 - 31 / 24.07.2006
vom

Erste Vorschläge aus der Opposition

Erbschaftsteuerreform
Finanzen. FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben erste Forderungen zur geplanten Reform der Erbschaftsbesteuerung angemeldet. Im Mittelpunkt eines Gesetzentwurfs der Liberalen (16/2087) steht die steuerliche Gleichbehandlung von eingetragenen Partnerschaften und Ehepaaren. Die Grünen wollen mit ihrem Antrag (16/2076) vor allem die bisherige steuerliche Privilegierung des Grundvermögens beenden.

Die kleinste Oppositionsfraktion fordert, dass Grund- und Immobilienvermögen sowie Betriebsvermögen und land- und forstwirtschaftliches Vermögen bei der Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung künftig mit ihrem Marktwert berücksichtigt werden. Die genannten Vermögensarten würden derzeit sehr unterschiedlich bewertet, was die Fraktion für nicht verfassungsgemäß hält. Ziel müsse es sein, von 2007 an wirtschaftliche Einheiten und Wirtschaftsgüter verfassungsgemäß zu bewerten und die Einnahmen der Länder aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie aus der Grunderwerbsteuer zu sichern oder gar zu erhöhen.

Bei Grundvermögen sollten danach die gängigen Verfahren der Verkehrswertermittlung angewendet werden. Der Wert unbebauter Grundstücke solle sich nach ihrer Fläche und den aktuellen Bodenrichtwerten bestimmen. Für Betriebsvermögen schlägt die Fraktion eine Bewertung unabhängig von der Rechtsform vor. Dies bedeutet nach Auffassung der Grünen, dass Kapitalgesellschaften, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Personen- und Einzelunternehmen nach gleichen Grundsätzen behandelt werden.

Für Betriebsvermögen verlangen die Abgeordneten einen "stark erhöhten" Freibetrag von 2 Millionen Euro. Der bisherige Freibetrag von 225.000 Euro zuzüglich eines Bewertungsabschlags von 35 Prozent solle entfallen. Damit würde der Erwerb kleiner und mittlerer Betriebe völlig von der Steuer befreit. Dieser Freibetrag solle auch für Anteile an Kapitalgesellschaften gelten, wenn die vom Käufer direkt erworbenen Anteile mehr als ein Viertel des Kapitals ausmachen und der Käufer damit Einfluss auf die Geschäftsführung gewinnt.

Die persönlichen Freibeträge bei Erbschaft und Schenkung will die Fraktion beibehalten, sodass im Regelfall das selbst genutzte Einfamilienhaus oder die selbst genutzte Eigentumswohnung steuerfrei vererbt werden können. Im Übrigen wollen auch die Grünen eingetragene Lebenspartnerschaften den Ehepaaren gleichstellen.

Die Abgeordneten räumen ein, dass eine so verbreiterte Bemessungsgrundlage zu höheren Belastungen führen würde. Diese wollen sie durch eine Senkung der Steuersätze für kleine Vermögen abfedern. Für große Vermögen müssten dagegen die Steuersätze erhöht werden, heißt es, damit große Erbschaften und Schenkungen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen. Die Länder, denen die Steuer zufließt, sollen die Mehreinnahmen für Investitionen in Bildung und den Ausbau der Kinderbetreuung einsetzen, betont die Fraktion.

Die FDP schreibt in ihrem Entwurf zur Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, dass die umfassende Unterhaltspflicht für eingetragene Lebenspartnerschaften steuerrechtlich keinen Ausgleich finde. Die Freibeträge im Erbschaftsteuerrecht würden nicht für Lebenspartner gelten. Dies führe dazu, dass langjährige Lebenspartner gegenseitig unterhaltspflichtig sind und ihren Partner unter Umständen bis zum Tod pflegen, im Erbschafts- oder Schenkungsfall vom Staat aber wie Fremde behandelt werden.

Trotz Partnerschaft steuerlich Fremde

Das Bundesverfassungsgericht habe bereits im Juli 2002 auf diese Ungleichgewichte hingewiesen. Die Fraktion schlägt vor, dass für Lebenspartner im Hinblick auf die Steuerbefreiungen der einzelnen Steuerklassen, der persönlichen Freibeträge, des besonderen Versorgungsfreibetrages und der vermögensrechtlichen Auswirkungen Regelungen wie bei Ehepaaren gelten. Sie weist zudem darauf hin, dass weitere Änderungen im Einkommensteuerrecht, im Beamtenrecht und im Familienrecht erforderlich seien, um Benachteiligungen für Lebenspartner abzubauen.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.