Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 32 - 33 / 07.08.2006
mpi

Roma leiden unter Vorurteilen

Bundesregierung antwortet auf Große Anfrage der Grünen
Menschenrechte. Die Bundesregierung erwägt die Beteiligung an einem europäischen Fonds, der die Integration europäischer Roma durch Zuschüsse für Bildungsprojekte in Osteuropa fördern soll. In ihrer Antwort (16/2197) auf eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (16/918) schreibt die Regierung, die Beteiligung am "Roma Education Fund" werde im Rahmen der Dekade der Roma-Integration 2005 bis 2015 geprüft. Diesem Fonds stünden bisher Einlagen in Höhe von 43 Millionen US-Dollar zur Verfügung.

Weiter heißt es, die Regierung verschließe sich "nicht der Einsicht, dass die Lebenssituation der Roma in vielen Ländern Europas im allgemeinen schlechter ist als die der Mehrheitsbevölkerung". Rassistische Vorurteile gegen die am weitesten verbreitete ethnische und kulturelle Minderheit Europas äußerten sich "nicht selten auch in Gewalt, mitunter selbst durch Angehörige der Polizeien europäischer Länder, und durch rechtliche Benachteiligungen".

Die Regierung sieht sich allerdings "nicht in der Lage, die Dimension romafeindlicher Diskriminierung für einzelne europäische Staaten genauer zu bestimmen". Dies liege daran, dass viele Staaten in den entsprechenden Statistiken keine Unterscheidung zwischen einzelnen Ethnien vornehmen. Auch in Deutschland werde in amtlichen Statistiken, nicht zuletzt aus historischen Gründen, keine solche Unterscheidung vorgenommen.

Die Grünen hatten sich "zutiefst besorgt" über die Situation der Roma als größte Minderheit in der EU gezeigt. Nach zahlreichen Erhebungen stelle sich die Situation der Roma in der EU und den Beitrittsländern als "menschenrechtlich höchst brisant" dar, schrieben sie in ihrer Großen Anfrage. Extreme Arbeitslosigkeit, geringe Bildung, eine niedrigere Lebenserwartung und alltägliche Diskriminierungen kennzeichneten die Lage. In der deutschen Geschichte sei die Anerkennung der systematischen Verfolgung und Ermordung von Roma und Sinti unter den Nationalsozialisten erst Anfang der 90er-Jahre erfolgt.

Mit Blick auf das geplante Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma schreibt die Regierung, sie sei bestrebt, mit den beiden größten nationalen Opferverbänden - dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und der Sinti-Allianz - eine Einigung auf einen Inschriftentext herbeizuführen, der allen Opfergruppen gerecht wird. Aus diesem Grund gebe es weiterhin Gespräche mit Vertretern beider Opferverbände. Die Einbeziehung der europäischen Roma-Organisation "European Roma und Travellers Forum" in die Gespräche, nach der die Grünen gefragt hatten, sei nicht vorgesehen, heißt es in der Antwort.

Die Grünen waren in ihrer Anfrage auch auf die Situation der Roma im Kosovo eingegangen. Sie hatten unter anderem darauf hingewiesen, dass aus dem Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission zum Kosovo vom November 2005 hervorgehe, dass einer Rückkehr von Flüchtlingen große Hindernisse entgegenstehen und dass gerade Roma nach wie vor Opfer von Belästigungen, Bedrohungen und Gewalt sind.

Dazu schreibt die Regierung, dass zurzeit die Abschiebung in das Kosovo von in Deutschland ausreisepflichtigen Roma "bisher grundsätzlich ausgeschlossen" sei. Eine Ausnahme betreffe seit Juli 2005 eine geringe Anzahl von Straftätern, die zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden sind.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.